Drei-Chef Rudolf Schrefl

Drei-Chef Rudolf Schrefl

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Interview

Drei-CEO: Netflix und Google bei Klimaschutz in die Pflicht nehmen

Drei-CEO Rudolf Schrefl ist davon überzeugt, dass uns der technologische Fortschritt in den kommenden Jahren beim Kampf gegen die Klimakrise Fortschritte bringen wird

Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind Themen, denen sich heute auch jedes Unternehmen stellen muss. Welche Rolle dabei die Firmenkultur, technologischer Fortschritt und politische Rahmenbedingungen spielen, darüber spricht Drei -CEO Rudolf Schrefl im futurezone-Interview. Beim Netzbetreiber hat man sich konkrete Ziele für die kommenden Jahre gesetzt und baut auch auf technologischen Fortschritt.

futurezone: Welchen Stellenwert haben die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit heute bei Drei als Unternehmen?
Rudolf Schrefl: Diese Themen sind relevanter und relevanter geworden. Das hat mehrere Gründe. Einer ist sicher eher persönlich, denn viele Mitarbeiter*innen haben auch Kinder. Insofern ist es allen im Unternehmen immer schon ein wichtiges Anliegen gewesen. Das Schöne bei uns ist, dass Klimaschutz nichts ist, das irgendwie von oben verordnet wird, sondern etwas, das auf unglaublich breiten Beinen steht. Da gibt es auch viele Eigeninitiativen, die von Kolleginnen und Kollegen initiiert werden. Der andere Aspekt ist, wie Unternehmen heute auf Finanzmärkten beurteilt werden. Da spielt Nachhaltigkeit bei Investitionen natürlich auch zunehmend eine Rolle. Auch Ratings von Rating-Agenturen sind davon mittlerweile stark beeinflusst.

Wie kann man denn als Mobilfunker hier konkrete Schritte setzen?
Ich glaube, dass für ein Telekommunikationsunternehmen die Hebel durchaus groß sind. Wir haben die Möglichkeit, mit unseren Dienstleistungen und  Digitalisierungsmöglichkeiten, was unsere Kernleistung betrifft, also die Netzabdeckung, mitzuwirken. Die 5G-Abdeckung in Österreich ist heute bereits sehr gut und verursacht weniger CO2 als die Standards davor, da 5G wesentlich effizienter ist.

Allerdings wissen wir auch, dass Internet, Streaming, etc. auch starke Ressourcenfresser und CO2-Verursacher sind.
Nehmen wir nur einmal eine Situation wie jetzt hier im Videocall (Anm.: das Interview wird per Microsoft Teams geführt). Auch wenn er eine ganze Stunde dauert, verursacht er ca.100 Gramm CO2. Wenn Sie mit dem Auto zu so einem Termin fahren würden, würden Sie pro Kilometer schon rund 150 Gramm verbrauchen. Und wenn man sich vorstellt, man hätte einen Auslandstermin, da ginge es gleich um ein Vielfaches. Also ja, Internet verursacht auch Emissionen, aber die Korrelation ist eine andere.

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Wahrscheinlich ist es aber nicht damit getan, zu sagen, etwas anderes verursacht noch mehr CO2?
Natürlich können wir trotzdem immer noch mehr machen. Es ist ein Weg der kleinen Schritte, auch mit neuen Technologien, den wir gehen. Wir sind, und das soll gar keine Schuldzuweisung sein, hier natürlich auch immer ein bisschen von der Regulierung gebremst. Wir könnten im Netz beispielsweise noch mehr Energie einsparen, wenn man Basisstationen, wo gerade niemand in der Zelle eingebucht ist, in Tiefschlaf versetzt. Das würde dann halt ein paar Minuten beim Hochfahren brauchen, wenn wieder jemand in die Zelle hineinkommt. Und hier hindern uns eben auch die Frequenzversorgungsverpflichtungen. Parallel kann man auch noch mehr Standorte als Betreiber gemeinsam nutzen, die Stromversorgung ständig weiterentwickeln, etwa mit Solaranlagen, Windenergie, usw. Wir suchen ständig nach Alternativen.

Weil das Stichwort Regulierung bereits gefallen ist: Sind Sie zufrieden mit dem Austausch und der Gesprächsbasis zwischen Politik und Wirtschaft?
Grundsätzlich sind wir mit dem Dialog der vergangenen Jahren schon zufrieden. Wir hatten bei den großen Themen schon immer wieder die Möglichkeit, gehört zu werden. Was wir als Branche kommuniziert haben, ist auch in Regelungen eingeflossen. Wir haben einen konsensualen Austausch mit dem Regulator, wo es auch um Fragen geht wie - “Wie können wir es bei Regulierungsphasen mitnehmen, dass man auch die Vorteile technologischen Fortschritts nutzen kann?”. Wichtig ist für uns, dass wir Investitionssicherheit haben, dass sich Regeln, wenn sie sich ändern, nach vorne ändern und mit der Zeit gehen.

Bei wem sehen Sie denn die Verantwortung in Klimaschutzfragen? Bei der Politik, in der Wirtschaft oder liegt sie einfach bei jede*r einzelnen?
Ich glaube grundsätzlich, dass es ein “joint effort” sein muss. Denn es wird nicht nur die eine große Lösung geben. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir mit den technologischen Mitteln und der voranschreitenden Digitalisierung, KI und Big Data, usw. große Herausforderungen in den kommenden Jahren bewältigen werden können. Da ist die Politik gefordert, die Wirtschaft, aber eben auch die Bevölkerung.

Welche Verantwortung sehen Sie konkret bei Unternehmen wie Drei?
Wir haben einen großen Beitrag zu leisten, wir haben über 4 Millionen Menschen bei uns im Netz, knapp eine Milliarde Umsatz im letzten Jahr und 1.600 Mitarbeiter*innen. Wir können also schon einen nennenswerten Impact haben. Das ist auch in unseren Investitionsplänen abgebildet. Wir sehen natürlich, wie unsere Dienstleistungen von Konsumentenseite angenommen werden. Es fehlt vielleicht noch, dass sogenannte Over-the-Top-Player wie Netflix, Amazon, Google oder Meta auch ihre Verantwortung wahrnehmen und schauen, was sie im Kontext des Datenkonsum-Vermeidens bei Video-Inhalten tun können.

Was genau meinen Sie damit?
Man könnte zum Beispiel beim Streaming darauf achten, dass wenn wir gewisse Mindeststandards einführen, dass pro geschauter Stunde oder Minute bestimmte Datenmengen nicht überschritten werden. Ich verweise hier auch auf die Fair-Share-Diskussion, die in Europa wieder heftig geführt wird: Dass auch die, die die großen Verursacher von Datenmengen sind, einen Beitrag leisten sollten - dass Investitionen, die getätigt werden müssen, auch entsprechend zurückverdient werden können. Im Kontext der Nachhaltigkeit wäre es wohl besser, dass so große Unternehmen auch entsprechend motiviert werden, z.B. mit Streaming-Codecs darauf zu achten, dass so wenig Daten wie möglich bei ihren Services konsumiert werden. In der nötigen Qualität natürlich.

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Stellen sich für Drei als Unternehmen heute auch Image-Fragen in punkto Klimaschutz? Will man da nach außen hin auf Kunden auch in gewisser Weise “wirken”?
Ich glaub, wir tun schon sehr viel. Bei der Vermarktung dessen sind wir aber noch eher verhalten. Wir wollen nicht in die Falle tappen, dass das, was wir tun, dann wie Greenwashing wirkt. Die Glaubwürdigkeit muss einfach von innen kommen und man muss nicht ständig darüber reden.

Wenn Sie sagen, Sie tun schon sehr viel, haben Sie da auch konkrete Beispiele dafür?
Wir machen vieles in unterschiedlichen Richtungen. Ich engagiere mich zum Beispiel bei CEOs4Future und tausche mich regelmäßig mit anderen CEOs aus, damit wir auch von anderen Industrien lernen können. 92 Prozent unseres Stromverbrauchs, inklusive unseres Netzbetriebs, kommen bereits aus Erneuerbaren Energien. Wir haben uns vorgenommen bis 2028 Net Zero Scope 1 und 2 zu sein und bis 2040 Scope 3. Warum das mitunter etwas länger dauert, liegt auch daran, dass wir da auch internationale Lieferanten mit beeinflussen müssen. Oder weil wir auch von Vermietern und deren Energieversorgern abhängig sind. Das ist ein langwieriger Prozess. Alles, was wir direkt tun können, machen wir wesentlich schneller. Wir haben bereits eine große Photovoltaikanlage auf unserer Firmenzentrale gebaut und bis Ende 2027 wird unsere komplette Firmenflotte aus E-Fahrzeugen bestehen.

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Sind bei diesen Plänen auch alle Mitarbeiter*innen an Bord, wie sieht es da mit dem Mindset und der Firmenkultur aus?
Das ist ja das Schöne, wie ich eingangs schon erwähnt habe, da wird sehr vieles direkt von den Mitarbeiter*innen angetrieben, da müssen wir von oben herab oft gar nicht so viel tun. Vielen kann es gar nicht schnell genug gehen. Wir haben auch beim Entwickeln der Nachhaltigkeitsinitiativen klar gesagt: Wenn das nur eine Managementübung ist und wir irgendwohin Ziele schreiben, dann kommen wir nirgends hin.

Wie optimistisch sind Sie denn, dass es uns als Gesellschaft, also Politik, Wirtschaft und einzelnen Bürger*innen, gelingen wird, Klimaschutz so umzusetzen, dass wir die schlimmsten Auswirkungen der Erderwärmung doch noch zeitgerecht abfangen können?
Mit all den technologischen Lösungen, die in den nächsten 10 Jahren kommen werden, ich sage nur Stichwort KI, bin ich überzeugt, dass wir einen großen Teil der Herausforderungen, die wir jetzt für unlösbar halten, lösen werden können. Wir stehen hier erst am Beginn. Und wir als Unternehmen müssen alles tun, was möglich ist. Dafür brauchen wir natürlich auch die Unterstützung der Politik und Regulatoren. Es gibt viele Betätigungsbereiche, über die wir diskutieren müssen: Wie können unsere Infrastrukturen effizienter werden? Ausfallssicherer? Brauchen wir überhaupt drei Netzinfrastrukturen in Österreich? Oder fast 100 in ganz Europa? Könnte man da nicht über das derzeit schon Mögliche hinaus weiter kooperieren? Es gibt noch viele Möglichkeiten, in der Industrie effizienter und ökologischer zu sein. Und diese müssen wir Schritt für Schritt adressieren.

Das Interview entstand im Rahmen einer Kooperation im Zuge des SpeakOUT Festivals

SPEAK OUT Festival

Drei ist auch Partner beim SPEAK OUT Festival von futurezone und KURIER am 11. Juni 2024 im Wiener MuseumsQuartier und wird im Rahmen eines Panels über Firmenkultur und klimafitte Unternehmen diskutieren. Weitere Informationen zum genauen Programm gibt es hier.

Tickets für das SPEAK OUT Festival kosten 20 Euro pro Person und können hier bezogen werden. Inkludiert sind spannende Workshops, inspirierende Impulstalks und Diskussionen rund um das Thema Nachhaltigkeit. Wer zwischendurch entspannen will, kann im Gaming Corner alte Videospiele zocken oder neue Games testen, bei denen sich wieder alles rund um das Thema Nachhaltigkeit dreht.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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