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Technologie gegen die Klimakrise: "Es gibt noch viel Luft nach oben"

futurezone-Chefredakteurin Claudia Zettel diskutierte mit Expert*innen beim SPEAK OUT Festival darüber, was wir von technologischen Entwicklungen im Kampf gegen die Klimakrise erwarten können. Die Mitgründerin der Plattform eFriends, Klara Dimmel, ist überzeugt, dass Technologie einen sehr großen Anteil dazu beitragen kann, es aber „noch sehr viel Luft nach oben“ gibt.

"Energiekrise hat viel verändert"

Sie hat mit eFriends eine Plattform geschaffen, über die man regional erzeugten Ökostrom aus Photovoltaik-, Wind- und Wasserkraft teilen kann. „Das Verhalten der Menschen hat sich durch die Energiekrise massiv geändert“, so Dimmel beim SPEAK OUT Festival. „Davor hat sich niemand damit beschäftigt, woher der Strom eigentlich kommt. Jetzt spürt man es im Geldbörsel“, sagt Dimmel. Bei eFriends werde Strom teilbar gemacht. Strom, den man nicht selbst braucht, kann man verkaufen und er wird dann in Folge an anderen Standorten genutzt. „Es ist aber wichtig, dass wir Technologien nicht nur anbieten, sondern den Zugang so niederschwellig wie möglich machen“, sagt die eFriends-Gründerin.

Klara Dimmel eFriends Energy Mitgründer

 

E-Autos als Zwischenspeicher

Auch Georg Kopetz, CEO und Mitgründer von TTTech, ist überzeugt, dass Technologien dabei helfen können, mehr Nachhaltigkeit zu erreichen. Auch er nennt ein Beispiel aus dem Energiebereich. Man könne etwa mit intelligentem Strommanagement dafür sorgen, dass Geräte nur dann Strom verbrauchen, wenn er auch erzeugt wird. Dabei könne man auch E-Autos künftig als „Zwischenspeicher“ nutzen und dieses etwa dann tanken, wenn es Negativ-Strompreise gibt, weil zu viel Strom auf einmal erzeugt wird. „Dieses intelligente Management kann viel helfen, sollte aber so ablaufen, dass man es als Mensch gar nicht mitkriegt“, so Kopetz.

E-Autos würden sich etwa dann großflächig durchsetzen, wenn „auch der Nachbar elektrisch fährt und zu Hause tankt“, sagt der TTTech-Gründer. „Dann wird ein großflächiger Umdenkprozess stattfinden, das wird ein positiver Tipping-Point sein“, sagt Kopetz. „Wir müssen allerdings darauf achten, dass die Dinge nicht zu komplex gebaut werden, und dass wir uns nicht von einer Abhängigkeit in die nächste begeben“.

Georg Kopetz , TTTech, CEO & Mitgründer

 

Soziale Komponente mitdenken

Patrick Scherhaufer von der BOKU Wien fürchtet, dass durch den Umstieg auf E-Mobilität die Biodiversität leiden könnte. „Die Biodiversitätskrise könnte durch den Ausbau des erneuerbaren Energienetzes dreifach so groß werden. Wir müssten den Energieverbrauch eigentlich um die Hälfte reduzieren. Mit E-Mobilität steigt der Strombedarf aber und wenn wir diesen Bedarf haben wollen, weil es unserem Wohlstand entspricht, müssen wir mit einem starken Biodiversitätsverlust leben“, so Scherhaufer, der dazu wissenschaftlich forscht. Beides werde sich „am Ende des Tages nicht ausgehen“, so der Wissenschaftler.

Kopetz erklärt hierzu, dass es durchaus bereits Modelle im Bereich erneuerbarer Energien gebe, bei denen die Solarpaneele etwa vertikal aufgestellt und Platz gespart werde. Auch bei AgriPV-Anlagen in der Landwirtschaft gebe es bereits Lösungen, wo die Biodiversitätsfrage mitberücksichtigt werde.

Patrick Scherhaufer, BOKU Wien

Nebelduschen funktionieren nicht

Scherhaufer hält vom Einsatz von Technologie zur Bekämpfung der Klimakrise generell weniger als die beiden anderen Expert*innen. „Wenn wir von Innovationen reden, reden wir oft nur von technologischen Innovationen. Es braucht aber auch eine soziale Einbettung“, so der BOKU-Experte. Als Beispiel nennt er etwa die Nebelduschen, die die Stadt Wien eingeführt hat, um für Abkühlung zu sorgen. Bis von Hunden werden diese jedoch weniger gut sozial angenommen. „Die Leute müssten das akzeptieren und dort zu plaudern beginnen, sie als Teil ansehen. Einfach nur die Technik hinzupflanzen, ohne die soziale Komponente mitzudenken, reicht nicht“, sagt Scherhaufer.

Er wünscht sich außerdem, dass die Politik für geeigneten Rahmenbedingungen sorgt. „Wir brauchen hier Einigkeit und kein Hick-Hack und keine Blockaden, sondern ein gemeinsames Vorgehen“, sagt der BOKU-Experte.

"Wir brauchen einen Systembruch"

Kopetz von TTTech ist der Meinung, dass wir sogar „mehr“ brauchen: „Wir brauchen einen Systembruch. Wir müssen manche Dinge komplett anders gestalten“, so der CEO von TTTech. Er nennt als Beispiel eines aus der Landwirtschaft: „Statt Pestizide zu sprühen, könnte man mit Kameras erkennen, welche Pflanzen wo wachsen, um das Beikraut gezielt biologisch zu entfernen“, so der Tech-Experte. „Diese Technologien müssen wir nützen und wenn wir das nicht tun, ist das fast ein Verbrechen“, so Kopetz.

Dimmel ruft dazu auf, dass gerade in Bezug auf Energie- und Stromsparen „jeder Einzelne aktiv werden“ sollte. „Jeder, der kann, sollte eine Photovoltaik-Anlage installieren. Konsument*innen sollten darauf achten, woher der Strom kommt, wie er verteilt wird und auch aktiv regionalen Strom nutzen“, so die eFriends-Gründerin.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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