FILE PHOTO: A smartphone with the Huawei and 5G network logo is seen on a PC motherboard in this illustration
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"Vor US-Sanktionen war Huawei für 5G noch nicht so bekannt"

Seit Oktober 2019 ist Jackie Zhang CEO von Huawei Austria. Der international erfahrene Manager war zuvor für das Carrier-Geschäft des chinesischen Unternehmens in Polen verantwortlich und soll nun die Österreich-Niederlassung durch stürmische Zeiten lenken. Neben der Corona-Krise sind vor allem die Sanktionen der US-Regierung eine große Herausforderung für Huawei. Diverse Länder schließen den Netzwerkausrüster bei der Errichtung von 5G-Netzen aus. Nicht so Österreich.

futurezone: Anfang Juli haben Huawei und Liwest das erste 5G-Campus-Netzwerk Europas in einem Linzer Seniorenzentrum eröffnet. Wie kam es dazu?
Jackie Zhang: In Österreich gibt es ja grundsätzlich 3 große Telekomanbieter. Liwest ist anders, ein regionaler Anbieter. Wir wollten mit dem Projekt zeigen, welche Fähigkeiten unsere Standalone-5G-Netze haben. Außerdem wollten wir zeigen, wie gut unser Service und Support ist. Der Kunde war und ist sehr zufrieden.

Wie lange hat der Aufbau dieses Netzwerks gedauert, das jetzt eingesetzt wird, um Roboter im Empfangsbereich des Seniorenzentrums zu steuern?
Wir haben den Vertrag wenige Tage vor den Corona-Ausgangsbeschränkungen im März abgeschlossen. Innerhalb von 2 Monaten war das Netz aufgebaut und aktiviert. Liwest war absolut überrascht, dass das so schnell funktioniert hat. Sie dachten, es würde wegen des Lockdowns zu Verzögerungen kommen. Aber dank unserer Technologie konnten wir die Netzhardware vor Ort aufbauen und aus der Ferne konfigurieren. In Linz planen wir künftig 6 bis 10 weitere 5G-Standalone-Netze.
 

Wie kam es überhaupt dazu, dass Liwest Huawei als Technologiepartner für dieses Projekt ausgewählt hat?
Mit Liwest hatten wir bis zum letzten 5G-Frequenzvergabeverfahren nicht viel zu tun. Im Zuge der Frequenzauktion haben wir allen Unternehmen der Branche unsere Technologien nähergebracht. Dank Donald Trump stehen die 5G-Fähigkeiten von Huawei im Rampenlicht. Im Geschäftskundenbereich war Huawei zuvor nicht so bekannt. Durch die haltlosen amerikanischen Vorwürfe konnten wir unsere Marke schärfen und zeigen, welche Fähigkeiten wir haben. Huawei hat schließlich über 4 Milliarden Dollar in die Entwicklung von 5G gesteckt.

Wie stufen Sie denn den Glasfaser-Ausbaugrad in Österreich ein?
Der Ausbau boomt, aber in ländlichen Regionen ist das sehr schwierig. Die Kosten sind da sehr hoch. Mit 5G kann man das kompensieren. Es ist sehr kosteneffizient und der Endkunde erhält fast dieselben Downloadgeschwindigkeiten wie mit Glasfaser. Österreich ist für mich ein Pionier, was den Aufbau von 5G anbelangt. Alle drei großen Mobilfunker gehen beim Ausbau sehr proaktiv vor, es gibt bereits 5G-Tarife, Endgeräte - natürlich auch von Huawei. In den nächsten 3 bis 5 Jahren wird 5G dramatisch wachsen.

Huawei betreibt ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in Wien. Woran wird dort geforscht?
Wir haben das R&D-Center letztes Jahr eröffnet und 10 Partner dafür gewonnen. Der Fokus liegt auf magnetischen Materialien. Zum Beispiel für Lautsprecher, wie sie in Smartphones verbaut werden. Die sollen immer kleiner werden und einen immer volleren Sound produzieren. Aber auch für die 5G-Technologie werden magnetische Materialien verwendet.

Warum forscht Huawei an Komponenten wie Lautsprechern, wo es doch in diesem Bereich genügend Zulieferer gibt - auch aus Österreich?
Für uns geht es immer darum, das Nutzererlebnis zu verbessern. Dabei betrachten wir nicht nur die Software, sondern auch Hardware-Verbesserungen. Es ist außerdem eine gute Gelegenheit, um mit Partnern an gemeinsamen Themen zu arbeiten. An unserem Standort in Wien arbeiten momentan 10 Mitarbeiter, aber die Zusammenarbeit mit den Partnern ist intensiv. Unsere Forscher verwenden teilweise auch deren Labors.

Huawei Austria CEO Jackie Zhang

Wie schwierig ist es, geeignete Fachkräfte für das R&D-Center zu bekommen?
Österreich ist berühmt für seine High-Tech-Forschung, seine Technologie-Exporte und seine Fachkräfte. Es ist viel leichter als in anderen Ländern zu Fachkräften zu kommen. Es herrscht einfach die richtige Atmosphäre für Forschung und Entwicklung hier, da wollen wir daran teilhaben. In den nächsten Jahren werden die Investitionen von Huawei in Österreich sicherlich steigen.

Wie ist denn das Verhältnis von Huawei mit der aktuellen österreichischen Bundesregierung?
Wir haben Gespräche mit Ministerien, nun vor allem mit dem Landwirtschaftsministerium, aber auch mit dem Wirtschaftsministerium. Wir wollen ihnen zeigen, dass Huawei ein transparentes Unternehmen ist und wollen ihre Anforderungen verstehen. Wir sind sehr froh darüber, dass sie faire und angemessene Rahmenbedingungen aufgestellt haben. Die neuesten Regeln zur Netzwerksicherheit sperren kein Unternehmen aus. Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Regierung weiterhin fair zu allen Anbietern ist.

Wie sieht die Lage im restlichen Europa aus?
Unser Geschäft läuft sehr gut. Wir haben rund um die Welt Verträge zu 5G-Infrastruktur abgeschlossen. Einige Länder stehen unter größerem Druck der USA. Großbritannien hat hier einen sehr enttäuschenden Schritt verkündet, das ist aber nicht beispielhaft für die EU-Mitgliedsländer. Die Diskussion mit den EU-Staaten ist wesentlich sachlicher, weniger politisch. In Großbritannien wurde die Angelegenheit unglücklicherweise politisiert. Wie eine von uns in Auftrag gegebene Studie von Oxford Economics aufgezeigt hat, wird das prinzipielle Ausschließen eines führenden Anbieters leider auch wirtschaftliche Schäden nach sich ziehen.

Wie schwer fällt es Huawei, mit den US-Sanktionen zurechtzukommen, durch die die Kooperation mit US-Unternehmen und Verwendung von US-Technologien verboten wird?
Das trifft unser Geschäft definitiv zum Teil. In erster Linie müssen wir nun mehr Zeit aufwenden, um Dinge zu erklären. Am Anfang hatten einige Kunden ein bisschen Sorge, aber ein Jahr nach Beginn der Sanktionen wächst Huawei beständig weiter. Das gibt uns Sicherheit. Wir kommen mit der Situation immer besser zurecht und stehen zu unserer Philosophie der Transparenz. Kaum ein Unternehmen ist so häufig getestet und durchleuchtet worden wie wir. Die Sanktionen sind nicht die beste Option für die USA. Auch ihre Unternehmen und ihre Wirtschaft leiden darunter.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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