FILE PHOTO: Headphones are seen in front of a logo of online music streaming service Spotify
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Was man über den Spotify-Börsengang wissen muss

Spekuliert wurde darüber bereits seit längerem. Am Mittwoch reichte der schwedische Weltmarktführer im Musikstreaming schließlich den Antrag für seinen Börsengang bei der US-Finanzaufsicht ein. Voraussichtlich ab Ende März wird Spotify unter dem Kürzel „SPOT“ an der New Yorker Börse notieren. Für seinen Börsengang wählte Spotify, das zwar beträchtliche Zuwächse bei Nutzern hat, aber auch tiefrote Zahlen schreibt, ein eher unübliches Modell. Die Aktien sollen direkt platziert werden, Banken wurden außenvorgelassen. Es kommen auch keine frischen Aktien auf den Markt, stattdessen können bestehende Anteilseigner ihre Anteile verkaufen.

Wie hoch wird Spotfiy bewertet?

Aufgrund bestehender Investitionen wird die Bewertung von Spotify auf rund 23 Milliarden Dollar geschätzt. Bei bisherigen Privatgeschäften wurden die Anteilsscheine zwischen 90 und etwas mehr als 130 Dollar gehandelt. Spotify warnt aber davor, dass der künftige Börsenkurs massiv davon abweichen könnte.

Auch Monika Rosen, Chefanalystin der Unicredit Bank Austria sieht die Gefahr, dass es mit den Spotify-Papieren „sehr volatil“ laufen könnte. Das Klima für Börsengänge sei derzeit aber gut, meint die Analystin. Seit Anfang des Jahres habe es in den USA rund 30 Börsengänge gegeben. In den vergangenen Jahren habe es bei Börsengängen von Technologieunternehmen aber auch bemerkenswerte Flops gegeben, etwa Snap und den Kochboxen-Versender Blue Apron, deren Aktien stark Federn lassen mussten.  

Wer verdient an dem Börsengang?

Am Börsengang verdienen werden auf jeden Fall die Gründer. Sie werden Milliardäre. Das sind Daniel Ek, der noch 25,7 Prozent der Unternehmensanteile hält, und der schwedische Geschäftsmann Martin Lorentzon, dem 13,2 Prozent der Anteile zugeschrieben werden.

An Bord bei dem Streamingdienst sind auch noch das chinesische Internetunternehmen Tencent (7,5 Prozent), die Investoren Tiger Global (6,9 Prozent) und TCV Affiliates (5,4 Prozent) sowie die großen Labels. Der Anteil von Sony Music wird mit 5,7 Prozent ausgewiesen, auch die anderen Majors halten Anteile, die liegen allerdings unter fünf Prozent und wurden von Spotify deshalb nicht ausgewiesen. Auch sie können beträchtliche Einnahmen erwarten, denn Spotify musste den Musikfirmen in seinen ersten Jahren Anteile abtreten, um sich Lizenz-Deals zu sichern.

Sollte Sony seine Anteile verkaufen, wären dem Unterhaltskonzern jedenfalls Einnahmen jenseits der Milliarden-Dollar-Grenze sicher. Bis auf Tencent, das seine Aktien noch etwa zweieinhalb Jahre behalten muss, steht es allen anderen Anteilseigner frei, ihre Papiere zu verkaufen.

Künstler bekommen nichts?

Von Warner Music gibt es eine vage Absichtserklärung Künstler an den Einnahmen aus möglichen Anteilsverkäufen beteiligen zu wollen. Wie dies allerdings passieren soll, wurde offengelassen. Der Großteil der Künstler dürfte leer ausgehen. Vielen ist Spotify ohnedies ein Dorn im Auge. Sie beklagen die geringen Einnahmen, die Musiker für ihre Streams auf dem Dienst erhalten.

Immer wieder ziehen Bands und Musiker ihr Repertoire deshalb von Spotify und anderen Streamingdiensten ab. Spotify weist dies in seinen Unterlagen zum Börsengang auch als Risiko für die künftige Geschäftsentwicklung aus. Man habe keinerlei Kontrolle über die Inhalte. Sollte der Zugang zu Musik begrenzt und verzögert werden, könnte auch das Geschäft beeinträchtigt werden, ist dort zu lesen.

 

Wie ist Spotify am Markt positioniert?

Mit 71 Millionen zahlenden Abonnenten und 88 Millionen Nutzern des werbefinanzierten Angebots ist Spotify mit großem Abstand Weltmarktführer im Musik-Streaming, das sich mittlerweile als das dominante Modell im Vertrieb von Musik etabliert hat. Im Vergleich dazu kommt die Nummer zwei, Apple Music, auf 36 Millionen Abo-Kunden, werbefinanziertes Streaming bietet Apple nicht an. In den USA ist Apple allerdings drauf und dran Spotify zu überholen.

Auf dem Markt sind neben zahlreichen kleineren Anbietern wie Tidal, Deezer oder Soundcloud auch die Schwergewichte Google und Amazon. Und die haben gegenüber reinen Streamingdiensten wie Spotify den Vorteil, dass sie auf die Einnahmen aus dem Musik-Streaming nicht angewiesen sind. Ihre Angebote unterstützen – ebenso wie bei Apple – den Hardware-Verkauf oder andere Geschäftsfelder.

Womit erzielt Spotify Einnahmen?

Das Gros der Einnahmen kommt mit 3,7 Milliarden Dollar (2017) von den zahlenden Abonnenten und ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. 2014 war es im Vergleich dazu gerade einmal eine Milliarde Dollar. Die Einnahmen aus werbefinanzierten Streams sind auch gestiegen, und betrugen zuletzt rund 400 Millionen Dollar jährlich. Sie bleiben aber vergleichsweise gering.

Macht Spotify Gewinne?

Nein. Für das vergangene Jahr wurde ein Verlust von 1,24 Milliarden Euro ausgewiesen. Dafür kamen aber Buchhaltungseffekt zum Tragen. Der operative Verlust betrug 378 Millionen Euro, 29 Millionen mehr als im Jahr davor. Beim Umsatz legte Spotify zwar um 39 Prozent auf 4,1 Milliarden Dollar kräftig zu. Das Unternehmen hat aber das Problem, dass mit der Zahl der Kunden auch die Lizenzzahlungen an die Rechteinhaber steigen.

Allerdings konnte Spotify zuletzt bessere Verträge mit Rechteinhabern aushandeln. Im vergangenen Jahr flossen nur noch 78 Prozent der Abo-Umsätze an Labels, Verlage und Künstler, im Jahr davor waren es noch 84 Prozent. Bei werbefinanzierten Streams waren es zuletzt 90 Prozent (2016: 112 Prozent!)

Wird Spotify jemals Gewinne machen?

Die Frage ist schwer zu beantworten. Spotify sei es bislang nicht gelungen, neben den Musik-Abos und werbefinanzierten Streams neue Ertragsquellen zu erschließen, sagt Analystin Rosen. Wie viele andere Unternehmen aus dem Technologiebereich habe es Schwierigkeiten sein Geschäftsmodell in Profite umzuwandeln. Spotify stehe damit in der Technologiewelt allerdings nicht alleine da, meint Rosen.

Auch in einem eher emotional gehaltenen Schreiben, das Spotify-Gründer Ek an Investoren richtete, finden sich dazu nur spärliche Anhaltspunkte. Darin ist von einem „globalen Netzwerk“ die Rede, in dem „neue Ideen über verschiedene Kulturen“ zirkulieren könnten. „Wir glauben wirklich, dass wir die Welt besser machen können“, schreibt der Spotify-Gründer immerhin. „Ein Lied nach dem anderen.“

Was wird für die Zukunft von Spotify entscheidend sein?

Spotify selbst weist in seinen bei der US-Finanzaufsicht eingereichten Unterlagen zum Börsengang auf zahlreiche Risiken für die künftige Geschäftsentwicklung hin. Neben komplexen Lizenzierungsmodellen und urheberrechtlichen Problemen weist das Unternehmen dabei auch auf die Abhängigkeit von Hardware-Anbietern hin.

Vor allem der Boom bei smarten Lautsprechern könnte Spotify künftig zu schaffen machen. Apple, Amazon und Google haben eigene Modelle am Start, auf denen die eigenen Dienste vorinstalliert sind. Auf dem Apple HomePod kann Spotify überhaupt nur über Umwege genutzt werden. Spotify hat darauf bislang noch keine Antwort gefunden. Zwar deuten Jobinserate darauf hin, dass auch der schwedische Marktführer an solchen Geräten arbeitet. Bis es soweit ist, könnte der Markt aber schon überfüllt sein.

Ist Spotify ein Übernahmeziel?

Übernahmespekulationen um Spotify gab es in der Vergangenheit immer wieder. Die Situation sei schwer einzuschätzen, meint Analystin Rosen. Ein möglicher Käufer könnte Facebook sein. Das Online-Netzwerk sei bemüht, Nutzer länger auf seiner Plattform zu halten, Musikstreaming könnte dieses Ziel unterstützen.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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