© Philipp Horak fuer OEBB

Digital Life

2 Milliarden Euro: Die Digitaloffensive der ÖBB

„Viele Menschen sitzen heute im Auto, weil sie keine öffentliche Mobilität haben. Da kann Digitalisierung den Lückenschluss darstellen“, sagt Mobilitätsexpertin Katja Diehl beim ÖBB „Connected Mobility Day“ am Freitag.

In den kommenden Jahren will die größte Eisenbahngesellschaft Österreichs laut eigener Angabe rund 2 Milliarden Euro in die Digitalisierung des Konzerns investieren. Laut ÖBB-CEO Andreas Matthä helfe die fortscheitende Transformation „effizient, sicher und noch klimafreundlicher unterwegs zu sein.“

Eingesetzte Technologien

Der Betrieb der ÖBB soll künftig vollständig digital und KI-gestützt ablaufen, wie bei der Veranstaltung angekündigt wurde. Unter anderem spiele automatische Ressourcenplanung und prädiktive Instandhaltung (predictive Maintenance) eine Rolle. Dafür müssen Daten generiert werden, wie Marcus Frantz, CIO der ÖBB, erklärt.

Dazu zählen Zuglaufcheckpoints, Messstellen und Güterwagone mit Sensoren, die Stöße oder Vibrationen, den Zustand der Radsätze und auch Hitzetemperaturen von Bremsen erheben. Diese Daten sollen einer künstlichen Intelligenz gefüttert werden. Die helfe beispielsweise bei Optimierungen, der Nutzung von bildgebenden Verfahren oder Text-to-Speech-Anwendungen. Außerdem sollen auch neue Technologien zum Einsatz kommen wie Drohnen und VR-Technologien.

Mit der zunehmenden Aufzeichnung und Verwendung von Daten, gewinnt auch die Daten- und Informationssicherheit an Bedeutung. Das Programm Protect helfe den ÖBB dabei, die nötige Cybersecurity zu gewährleisten. Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang seien die Mitarbeiter*innen, denen ermöglicht werden soll, ihre digitalen Fähigkeiten zu entwickeln. Daran arbeiten alle ÖBB-Gesellschaften gemeinsam mit den rund 800 IT-Expert*innen

Digitalisierung vs. Klimaproblematik

„Klimaschutzbestrebungen brauchen mehr Verkehrsverlagerung auf die Schiene“, sagt Mark Topal, Leiter der Systemtechnik und Konzernproduktion der ÖBB. Bahnbetriebsprozesse, die noch oft manuell laufen, sollen modernisiert werden. Die Produktivität soll durch den Einsatz von digitalen Anwendungen steigen, und zwar immens. Bis 2040 möchten die ÖBB ihre Leistungsfähigkeit verdoppeln und noch mehr Personen und Güter auf ihren Gleisen befördern.

Ein konkretes Beispiel sei die digitale automatische Kupplung auf dem Schienenverkehr, wie es sie in Europa noch nicht gibt. Das European DAC Delivery Programme widmet sich der Implementierung dieser. Diese Technologie würde nicht nur Einfluss auf die Arbeitssicherheit haben, sondern auch auf den Zeitaufwand beim Kuppeln bzw. Entkuppeln, auf die Zugvorbereitung sowie auf die Bremsen- und Wageninspektion. „All das kann digitalisiert und vereinfacht werden“, sagt Topal.

Kund*innen des Unternehmens sparen eigener Angabe nach aktuell im Jahr 4 Millionen Tonnen CO2. Man möchte den eigenen ökologischen Fußabdruck aber weiter reduzieren. Bis 2030 möchten die ÖBB Klimaneutralität erreichen. Dies soll durch weitere Elektrifizierung und Nutzung von alternativen Antriebstechnologien gelingen.

2020 hatte die ÖBB insgesamt 287 Millionen Fahrgäste

Nutzen: Konnektivität und Kapatzitätsausbau

Die ÖBB möchte Kund*innen nicht nur mit Zügen von A nach B fahren, „sondern wir begleiten Menschen letztlich von der Türe bis zu ihrem Zielort. Damit man dafür nicht bei mehreren Anbietern etwas buchen muss, gibt es dafür die wegfinder-App, mit der die gesamte Reise organisiert werden kann. So finden sich darin Tickets von verschiedenen Anbietern wie öffentlichen Verkehrsmitteln, E-Scooter und Carsharing-Dienste.

Es gehe immer um die „Gesamt-Mobilitätslösung“, so auch beim Güterverkehr. So gibt es beispielsweise den digitalen Assistent MIKE, der es leichter machen soll, die Fracht anzufragen, zu disponieren und auch transportieren zu lassen. Wie Clemens Först, Vorstand der ÖBB Rail Cargo Group sagt: „Ein Zug durch Europa zu fahren muss so einfach sein, wie einen LKW durch Europa zu fahren.“ Mit einigen Kunden habe man den gesamten Transportprozess von der Bekanntgabe des Transportbedarf bis zur Abrechnung bereits digitalisiert.

Ein anderes Beispiel für den Nutzen der Digitalisierungsoffensive sind ÖBB-Live, die Kund*innen die Informationen direkt aufs Mobilgerät geben. Dazu zählen Orientierungshilfen an Bahnhöfen, Infos über die Ausstattung des Zuges und Auslastungsprognosen, die einem zeigen, wo mehr freie Sitzplätze verfügbar sind. So seien auch schnellere Abfahrten möglich.

Auch im Kundenbetreuungsbereich kommen neue Anwendungen zum Einsatz. Der Chatbot wurde mithilfe der Mitarbeiter*innen trainiert und hilft die große Menge an Kundenanfragen besser zu bewältigen. Im Oktober zur Zeit der Einführung des Klimatickets, soll er alleine 20.000 Kundenanfragen erledigt haben.

Übergang zum digitalen öffentlichen Verkehr

Laut Diehl, ist es sei es die größte Herausforderung in Bezug auf die Digitalisierung, die sich daraus ergebenden Chancen wahrzunehmen und zu nutzen. Dazu muss auch generationsübergreifend eine Botschaft vermittelt werden, wie Matthä erklärt. „Mit der Bahn bzw. dem öffentlichen Verkehr, kommst du sicher nachhause, du weißt immer wo du bist und hast entsprechende Anschlussysteme.“ So weit sei man zwar noch nicht, aber die Connected-Mobility-Initiative arbeite hart daran, es zu realisieren.

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Armin Nadjafkhani

1705Armin

Redakteur bei der futurezone seit Oktober 2021 Interessiere mich für Wissenschaft, Technologie und Medien, aber auch für Hiphop und Filmwerke.

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