Fallschirmsprung mit Atombombe

Fallschirmsprung mit Atombombe

© US Army

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Mit Atombombe am Körper aus dem Flugzeug springen: Irrer Plan der USA

Bei über 5.000 Metern Höhe aus dem Flugzeug springen, klingt für viele schon erschreckend. Wenn man dabei noch eine Atombombe an den Körper geschnallt hat, wirkt das absolut irrsinnig.

Genau das war aber einer der Pläne der USA, der bis in die 80er-Jahre verfolgt wurde. 300 dieser Nuklearwaffen wurden hergestellt. Fallschirmspringer und Taucher trainierten, um die Nuklearwaffen unbemerkt hinter feindliche Linien zu bringen. Zum Einsatz kamen diese tragbaren Atombomben zum Glück nicht.

Taktische Atomwaffen

Nachdem die USA im August 1945 Atombomben auf zivile Ziele in Japan abgeworfen hatten, begann ein Wettrüsten. Die Sowjetunion testete ihre erste Atombombe im August 1949. Beide Länder entwickelten immer größere, verheerendere Nuklearwaffen.

Mitte der 50er-Jahre begann bei den USA ein Umdenken. Bisher waren Atombomben nur als strategische Waffen konzipiert – also viel Zerstörung auf große Distanz, wie etwa ein Langstreckenbomber, der Atombomben auf Moskau abwirft. Jetzt kam die Idee der taktischen Nuklearwaffe auf, die man auf kürzere Distanz in einem Gefecht einsetzen kann. Dort wäre ihre Zerstörungskraft immer noch weit größer, als etwa eine Bombe mit konventionellem Sprengstoff die ähnlich viel wiegt. Die Explosion ist aber weit nicht so verheerend, wie bei einer strategischen Nuklearwaffe.

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M28/M29: Die atomare Wassermelone

Die Wissenschafter der USA machten sich ans Werk und entwickelten kleinere Atomsprengköpfe. Daraus entstanden ballistische Atomraketen für Kurzstrecken und das berüchtigte M28/M29 Davy Crockett. Das System konnte auf einem Jeep befestigt oder von 3 Soldaten am Boden bedient werden. Es hatte eine Reichweite von bis zu 4 Kilometern und verschoss ein Projektil, das von den Soldaten aufgrund der Form „atomare Wassermelone“ und „Mini-Nuke“ genannt wurde.

Der offizielle Name des Projektils war M388. Es hatte ein Gewicht von 34 Kilogramm. Der nukleare Sprengkopf wog 23 Kilogramm und hatte eine wählbare Sprengkraft von 10 bis 20 Tonnen TNT. Zum Vergleich: Die Little Boy, die auf Hiroshima abgeworfen wurde, hatte eine Explosionskraft von 13.000 Tonnen TNT und wog insgesamt 4 Tonnen.

Das M28/M29 wurde bei Truppen in Europa, Hawaii, Japan und Südkorea stationiert, kam aber nie zum Einsatz.

Davy Crockett wird mit einem M388 geladen

ADMs: Atomic Demolition Munitions

Eine weitere Entwicklung der US Army waren Atomic Demolition Munitions (ADMs). Diese sollten am Boden, unterirdisch oder unter Wasser genutzt werden, um Hindernisse zu erzeugen. In einem Tal gezündet könnte dieses etwa durch den Krater und die rundherum gesprengten Berge unpassierbar für Panzerkolonnen werden. Auch lange Auto- oder Eisenbahnbrücken könnten damit nicht nur teilweise zum Einsturz gebracht, sondern komplett irreparabel vernichtet werden.

Die ADMs wurden in mehreren Größen entwickelt. Die TADM wog insgesamt 381 Kilogramm und hatte eine Sprengkraft von 500 Tonnen TNT. Die MADM wog 177 Kilogramm. Die Sprengkraft betrug, je nach Variante des eingesetzten W-45-Sprengkopfs, bis zu 15.000 Tonnen TNT.

Wissenschaftler inspizieren ein MADM

SADM: Eine tragbare Atombombe

Die US Army wollte aber eine noch kleinere ADM haben, die von einem Soldaten getragen werden kann. Das führte zur Entwicklung der SADM. Im April 1963 begann die Produktion der B54, im August 1964 der leicht verbesserten B54 Mod 1. Sie hatte 30,5cm Durchmesser, war 45,7cm hoch und wog 26,5 Kilogramm. Im Juni 1965 startete die Produktion der B54 Mod 2, die mit 32 Kilogramm etwas schwerer war.

Insgesamt wurden 300 Stück SADMs produziert. Alle B54s nutzten den Nuklearsprengkopf W-54. Dieser hatte eine wählbare Sprengkraft von 10 bis 1.000 Tonnen TNT. Auch das M28/M29 nutzte einen W-54 Sprengkopf. Dort war er allerdings anders konfiguriert (W-54 Mod 2), mit einer geringeren Sprengkraft von bis zu 20 Tonnen TNT.

SADM im Transportbehälter für Fallschirmsprünge

Einsatz hinter den feindlichen Linien

Die Idee der US Army war, die SADMs bei verdeckten Operationen einzusetzen. Spezialkräfte sollten damit hinter die feindlichen Linien dringen, um dort Verteidigungsstellungen, Tunnel, Bergpässe, Dämme oder Infrastruktur zu zerstören. Um hinter diese feindlichen Linien zu kommen, sollten die Soldaten mit der Atombombe aus einem Flugzeug abspringen.

Als eine Methode wurde HALO gewählt – High Altidude Low Opening. Dabei springen die Soldaten aus Höhen zwischen 4.000 und 10.000 Metern aus dem Flugzeug. Der Fallschirm wird aber erst bei einer Höhe zwischen 910 und 2.000 Metern geöffnet, um möglichst unentdeckt zu bleiben, etwa vor menschlichen Beobachtern am Boden und Radaranlagen.

Ein Fallschirmspringer-SADM-Team besteht aus 2 Soldaten, wovon aber nur einer die Atombombe trägt. Die Doktrin der USA zu Nuklearwaffen schreibt nämlich vor, dass niemals eine einzelne Person eine solche Waffe zünden darf. Der Code zum Zünden ist  auf die 2 Soldaten aufgeteilt. Erst wenn beide Code-Teile eingegeben sind, startet der Countdown der SADM.

Die handlichere weiche Tragetasche für SADM

Green Lights

Die SADM-Teams hatten einen eigenen Codenamen: „Green Light“-Einheiten. Green Lights wurden in anderen Spezialkräften rekrutiert, wie den Navy Seals, US Army Special Forces und den Marines. Die Einheiten nutzten Pseudonyme und Uniformen ohne spezielle Abzeichen.

Der Einsatz wurde mit Dummys trainiert, also Attrappen, die dieselbe Größe und dasselbe Gewicht wie echte SADMs hatten. Neben Fallschirmsprüngen wurde auch das Absetzen von U-Booten für den Unterwasser-Einsatz von SADMs geprobt. In den bayrischen Alpen wurde auf Skiern mit SADMs trainiert.

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32 Kilogramm Bombe an der Leine

Auch eine Mischform war angedacht. Dabei springen Taucher aus einem Flugzeug oder Hubschrauber mit dem Fallschirm samt SADM ab, um sich dann unter Wasser dem Ziel zu nähern.

Für die Fallschirmsprünge wurde das SADM-Gestell beim Absprung am Körper getragen. Danach löste sich das Gestell vom Körper und war mit einer 5 Meter langen Leine befestigt. Das erleichterte die Landung für den Soldaten und ermöglicht ein schnelleres Entfernen von der Landezone. So muss man nur eine Leine lösen und die SADM schultern, was um Einiges flotter geht, als wenn man mit 32 Kilogramm Atombombe zwischen den Beinen herumhantieren oder weglaufen muss.

Eine Selbstmordmission

Nachdem die SADM in Position und der Countdown gestartet war, sollten sich die Green Lights in eine sichere Position zurückziehen. Dabei mussten sie schnell sein. Denn wie in der Gebrauchsanleitung für SADMs der US Army zu lesen ist, sind die Timer nicht zuverlässig. Es war demnach technisch unmöglich, dass die Bombe präzise zündete. Je nachdem wie lang der Countdown eingestellt wurde, konnte die SADM bis zu 8 Minuten zu früh oder 13 Minuten zu spät zünden.

Nur „schnell“ und „leise“ verträgt sich meistens nicht. Schließlich waren die Green Lights hinter feindlichen Linien und die einzige Chance da sicher rauszukommen, war still und heimlich.

Der schwierige Fallschirmsprung, der unzuverlässige Zünder und die Landezone im Feindesland führten dazu, dass viele Green-Light-Soldaten ihre Aufgabe als Selbstmordmission bezeichneten. Hinzu kam noch die Gefahr für die USA, dass die Green Lights gefangen genommen werden könnten, bevor sie die SADM aktivieren. In diesem Fall hätte man der Sowjetunion eine tragbare Atombombe geliefert, die sie nicht nur zerlegen und kopieren, sondern auch direkt gegen die USA oder ihre Verbündeten einsetzen könnte.

Programm wurde 1989 eingestellt

SADMs wurden nie im Kalten Krieg eingesetzt. Ihre Existenz wurde erst 1984 der breiten Öffentlichkeit bekannt, als ein ehemaliger Offizier des Geheimdienstes der US Army davon berichtete.

Dass die USA Spezialtruppen ausbilden, um heimlich Atombomben in andere Länder zu bringen und zu zünden, kam weder bei Politiker*innen noch der Bevölkerung gut an. Das SADM-Programm und das zu dem Zeitpunkt ohnehin veraltete Waffensystem liefen von da an aus. 1989 wurde es offiziell eingestellt.

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