Chinas neue Hyperschallrakete soll über die Erdatmosphäre hüpfen
Chinas Hyperschallwaffen stehen laut der South China Morning Post vor einem bedeutenden Upgrade. Ein neuer Hyperschall-Gleiter (Hypersonic Glide Vehicle, HGV) soll durch einen Festtreibstoffbooster, der mehrmals hintereinander gezündet werden kann, Geschwindigkeiten von Mach 17 (20.800 km/h) erreichen.
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Höhere Reichweite durch Hüpfen
Dabei will China ein ähnliches Prinzip nutzen, als würde man einen Stein über das Wasser hüpfen lassen. Der Gleiter taucht hingegen kurz in die Erdatmosphäre ein und springt wieder von ihr ab. Dadurch kann die Reichweite der Rakete um mehr als ein Drittel erhöht werden, wie chinesische Wissenschaftler angeben.
Mit ihrer Forschung wollen die Wissenschaftler die bisherige Technologie von Qian Xuesen übertreffen. Qian gilt als "Vater der chinesischen Raketen" und entwickelte Ende der 1940er-Jahre das Konzept des Hyperschall-Gleiters. Dabei wird ein Gleiter von einer Rakete außerhalb der Erdatmosphäre gebracht, wo er sich von der Trägerrakete abtrennt.
Gleitflug durch die Atmosphäre
Mit seinen Flügeln kann er in der Atmosphäre dann Tausende Kilometer zurücklegen, wobei der Gleiter Spitzengeschwindigkeiten von mehr als der 7-fachen Schallgeschwindigkeit (Mach 7; ca. 8.600 km/h) erreicht. Dieser Gleitflug wird auch als Qian-Xuesen-Flugbahn bezeichnet.
Derzeit basieren alle chinesischen Hyperschall-Gleitwaffen, wie etwa die DF-17-Rakete, auf dieser Qian-Xuesen-Flugbahn. Laut dem chinesischen Militär reicht die Reichtweite dieser Raketen aus, um sie in der Wüste Gobi zu starten, um US-Flugzeugträgerflotten und Militärbasen im Südchinesischen Meer anzugreifen. Die hohe Geschwindigkeit der Hyperschall-Gleiter macht es außerdem schwierig, sie abzuwehren.
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"Amerika-Bomber" als Vorbild
Für ihren neuen Hyperschall-Gleiter griffen die chinesischen Forscher allerdings auf einen anderen Ansatz zurück: den des österreichischen Ingenieurs Eugen Sänger. Sänger arbeitete während des Zweiten Weltkriegs für die deutsche Luftwaffe und arbeitete an einem sogenannten "Amerika-Bomber", dem "Silbervogel".
Dieser sollte mit Raketen gezündet eine Höhe von 145 Kilometer und eine Geschwindigkeit von 22.100 km/h (Mach 18) erreichen. Während der Silbervogel in die Stratosphäre eintaucht, sogt die höhere Luftdichte wieder für mehr Auftrieb, wodurch er zum "Springen" gebracht wird.
Ziel war es, den Silbervogel in Europa abzufeuern, über Amerika eine 4.000 Kilogramm schwere Bombe abzuwerfen und den Flug bis zum japanischen Teil des Pazifiks fortzusetzen, wo das Flugzeug in Sicherheit gewesen wäre. Insgesamt hätte der Bomber somit 24.000 Kilometer zurückgelegt.
Konzept nur auf dem Papier
Sängers Konzept existierte bisher allerdings nur auf dem Papier. "Viele Schlüsseltechnologien für die Entwicklung von Flugzeugen mit dieser Flugbahn sind noch nicht gelöst und haben noch nicht die technische Reife erreicht", schreiben die Forscher. Auch die Berechnung der Sänger-Flugbahn ist wesentlich komplexer als die der Qian-Xuesen-Flugbahn.
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Die Forscher fanden nun aber ein Gleiter-Design, bei dem das Sänger-Konzept funktionieren soll. Der Gleiter hat einen schlanken Rumpf mit integrierten Tragflächen. Die Seitenflügel sind an ihrer horizontalen Seite mit Höhenrudern ausgestattet, während das Seitenruder an der hochgezogenen Spitze des Flügels angebracht ist.
Laut Computersimulationen soll der Gleiter Höchstgeschwindigkeiten von fast Mach 20 erreichen und durch wiederholte Sprünge über die Atmosphäre mehr als eine halbe Stunde lang eine Geschwindigkeit von über Mach 17 halten können. Danach beginnt der Abstieg durch die Erdatmosphäre, der immer noch mit einer Geschwindigkeit von Mach 7 erfolgen soll.
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Durch den Festtreibstoffbooster kann auch die Gleitphase in die Länge gezogen werden, wodurch der Sinkflug sanfter wird. Das verringert die Wärmeentwicklung am Gleiter. Die Reichweite würde insgesamt ausreichen, um fast jeden Punkt auf der Erde treffen zu können.
Noch nicht für den Kampfeinsatz geeignet
Noch entspricht die Technologie allerdings nicht den Anforderungen eines tatsächlichen Kapfeinsatzes, beteuern die Forscher. Das chinesische Militär verlangt nämlich, dass das Flugzeug in der Lage ist, seine Flugbahn flexibel zu ändern, um bestimmte Lufträume umfliegen zu können. Die Steuerung bleibt weiterhin eine Herausforderung, schreiben die Forscher.
China führt allerdings bereits umfangreiche Tests mit verwandten Technologien durch. Die Entwicklung von Feststoff-Impulstriebwerken, die zu Mehrfachzündungen fähig sind, ist laut Medienberichten bereits abgeschlossen.
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Und auch die Sänger-Flugbahn wurde bereits bei mehreren Mondproben-Rückführungsmissionen erfolgreich angewandt. Hier wurde sie verwendet, um die Rückführkapseln, die mit Geschwindigkeiten von über Mach 30 unterwegs sind, sanft abzubremsen, bevor sie in Atmosphäre eindringen.
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