Handy-Mikrofon
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Digital Life

Facebook-Partner behauptet, Nutzer für Werbung zu belauschen

Ein Marketing-Partner von Facebook hat in einer Präsentation für seine Kunden erklärt, dass er sie über ihre Smartphone-Mikrofone abhört, um sie besser kennenzulernen und gezielte Werbeangebote (Targeting) zu machen. Das berichtet die Investigativ-Plattform 404 Media unter Berufung auf ihr zugespielte Dokumente.

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Konkret geht es um den US-amerikanischen Medienkonzern Cox Media Group (CMG), der eigentlich auf Lokalnachrichten spezialisiert ist. Laut Aussagen in dieser Präsentation verwendet CMG sogenannte „Active Listening“-Software, die mithilfe von KI Echtzeitanalysen von Gesprächen durchführen kann und dabei seine Kunden abhört. "Werbetreibende können diese Sprachdaten mit Verhaltensdaten verknüpfen, um Verbraucher gezielt anzusprechen", erklärte Cox Media. 

"Wie schwarze Magie"

Bereits in der Vergangenheit erklärte das Unternehmen auf seiner Webseite, wie das funktionieren soll: „Unsere Technologie ist auf dem neuesten Stand der Sprachdatenverarbeitung. Wir können Käufer anhand von Gesprächen in Echtzeit identifizieren“, stand dort. „Das mag wie schwarze Magie erscheinen, ist es aber nicht – es ist KI. Die wachsende Möglichkeit, auf Mikrofondaten von Geräten wie Smartphones und Tablets zuzugreifen, ermöglicht es unserem Technologiepartner, Sprachdaten während Gesprächen vor dem Kauf zu sammeln und zu analysieren.“

Als Kunden nennt man Facebook, Google und Amazon. Nachdem 404 Media bei Google wegen dieser verdächtigen Partnerschaft angefragt hatte, verschwand der Name Cox Media von einer Google-Seite, auf der dessen Partnerunternehmen aufgelistet sind. Amazon erklärte, dass seine Werbeabteilung nie mit dem Medienkonzern zusammengearbeitet habe und eine solche Partnerschaft auch nicht geplant sei. Meta gab an, zu überprüfen, ob Cox Media gegen seine Nutzungsbedingungen verstoßen habe.

Viele Fragen offen

Die Behauptungen werfen viele Fragen auf. Etwa, wie das in der Praxis überhaupt funktionieren soll. Erstens bräuchte der Konzern über eine App überhaupt Zugriff auf das Smartphone-Mikrofon bzw. eine entsprechende vom Nutzer erteilte Berechtigung. Zudem gibt es sowohl in Android als auch in iOS einen Indikator in der Statusleiste, der anzeigt, sobald das Smartphone-Mikrofon aktiv ist. Nutzerinnen und Nutzer sehen also sofort, wenn sie "belauscht" werden. 

Zuletzt gab es auch immer wieder Berichte über Abhörmaßnahmen von Diensten wie Facebook zum Zwecke des Targetings. Nachweise, dass dies tatsächlich passiert, fehlen allerdings bis heute. 2018 haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Northeastern University sogar im Rahmen einer Studie diesem Thema gewidmet. Sie fanden keine Hinweise darauf, dass Nutzerinnen tatsächlich belauscht werden. 

Dagegen spricht auch, dass das Aufzeichnen, Übertragen und Auswerten von Gesprächen extrem aufwändig wäre. Auch wenn, wie behauptet, KI zum Einsatz kommt, verschlingt diese enorm viele Ressourcen. Viel einfacher und kostengünstiger ist es, andere Dinge für das Targeting heranzuziehen, wie etwa Surf- oder Suchverhalten potenzieller Kundinnen und Kunden.

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"Käufliche" User schnell identifizieren

404 Media hat in diesem Jahr bereits mehrfach über den dubiosen Abhördienst von Cox Media berichtet. Im vergangenen Dezember berichteten sie beispielsweise, dass Cox Media in einem Podcast mit seiner softwarebasierten Überwachung prahlte. Darauf reagierte das Unternehmen mit einem später wieder gelöschten Blog-Post mit dem Titel „Wir wissen, was du denkst: Ist das überhaupt legal?“. 

Dort argumentierte man, dass es legal sei, dass Handys und andere Geräte ihre Benutzer abhören, da die Zustimmung oft über die Nutzungsvereinbarung beim App-Download eingeholt werde. Wie genau ihre Software funktioniert, hat Cox Media bislang nicht offenbart. 

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