So könnten Boeings Flugzeuge mit Truss-braced Wing Design künftig aussehen

So könnten Boeings Flugzeuge mit Truss-braced Wing Design künftig aussehen

© Boeing

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Flugzeug-Revolution: Was bringen Streben unter den Flügeln?

Mit Unterstützung der NASA will US-Flugzeughersteller Boeing in den nächsten Jahren ein Passagierflugzeug mit so genannten Truss-Braced Wings ausstatten. Die Passagierkabine soll dabei aussehen, wie bei anderen Flugzeugen auch. Die an der Oberkante des Rumpfes aufliegenden Flügel allerdings sind besonders breit, schlank und werden von Streben gestützt. Doch was soll diese Gestaltung in der Praxis bringen?

Weniger Luftwiderstand, weniger Treibstoff

Schlanke Flügel sollen den so genannten induzierten Luftwiderstand senken. Der tritt bei Flugzeugen durch die Auftriebskraft auf, die im rechten Winkel zur Vorwärtsbewegung wirkt. Durch den induzierten Luftwiderstand benötigt ein Flugzeug mehr Antriebsenergie, die man sich mit schlankeren Flügeln sparen will. Damit das Flugzeug dennoch die gleiche Last tragen kann, werden die Flügel länger. Weil schlankere, dünne Flügel weniger belastbar sind, kommt eine Verstrebung ins Spiel, die noch dazu zusätzlichen Auftrieb erzeugt.

Die an der Rumpfunterseite ansetzenden Streben helfen außerdem dabei, die Gesamtkonstruktion leichter zu machen. Die Flügel könnte man auch bei schlankerem und längeren Design stabil genug machen, man bräuchte dann aber mehr und schwereres Material. Mit Truss-braced Wings will man im Endeffekt ein Flugzeug erhalten, das weniger Antriebsenergie und somit Treibstoff benötigt, um genauso rasch wie ein herkömmliches Flugzeug voran zu kommen.

Unterwegs mit knapp 1.000 km/h

Boeing hat 2019 ein Konzept für ein Flugzeug mit "Transonic Truss-Braced Wing" (TTBW) vorgelegt. Das transonic steht für Luft, die sowohl langsamer als auch schneller als der Schall um die Flügel fließt - im Gegensatz zu subsonic oder supersonic. Das Flugzeug soll sich im normalen Flug mit Mach 0,8 (987 km/h) fortbewegen, also mit gleicher Geschwindigkeit wie herkömmliche Passagierflugzeuge.

15 Jahre Arbeit am Konzept

Wie Aviation Week berichtet, arbeitet Boeing gemeinsam mit der NASA schon seit 15 Jahren an dem Konzept. Eine Zeite lang firmierte es unter dem Namen "SUGAR Volt" und sah neben einem neuen Design den Einsatz von Turboprop-Motoren vor, die während des Gleitfluges vollelektrisch laufen sollten. Davon hat man sich später verabschiedet.

Die NASA hat nun eine Ausschreibung gemacht, um einen "Sustainable Flight Demonstrator" (SFD) für ein neues, nachhaltigeres Flugzeug hervorzubringen. Der Wettbewerb war genau auf das Boeing-Konzept zugeschnitten, weshalb der Flugzeughersteller, wenig überraschend, gewann.

Die NASA spendiert nun 425 Millionen Dollar, um den SFD Realität werden zu lassen. Boeing und Industriepartner wollen weitere 725 Millionen Dollar beisteuern. Bis 2028 soll ein Prototyp entstehen, der 30 Prozent weniger Treibstoff verbraucht als andere Verkehrsflugzeuge. Als Basis wird Boeings Flugzeugmodell MD-90 herangezogen und in den kommenden Jahren umgebaut. U.a. wird es kürzer gemacht. Das Flugzeug hat im Normalfall ca. 130 Sitzplätze.

Flügel alleine bringen nur 10 Prozent Ersparnis

Die Spriteinsparungen sollen im Endeffekt mehreren Verbesserungen geschuldet sein. Das Design der Flügel alleine soll nur 10 Prozent weniger Verbrauch bringen. Weitere Einsparungen sollen neue Triebwerke, leichtere Materialien und eine optimierte Systemarchitektur bringen, wie Flugrevue berichtet. Weil Flugzeuge mit längeren Flügeln unpraktisch auf Flughäfen sind, soll ein Teil der Flügel am Boden hochgeklappt werden können. Insgesamt sollen die Flügel eine um 50 Prozent größere Spannweite als bei herkömmlichen Flugzeugen aufweisen.

Design bereits in den 50ern verwendet

Das Prinzip der Truss-braced Wings ist nicht neu. Erste Flugzeuge mit diesem Design tauchten in den 1950er-Jahren auf. Das französische Flugzeug Hurel-Dubois HD.32 hatte bereits besonders schlanke Flügel mit Streben. Der Hauptzweck dieser Gestaltung war damals nicht der verringerte Treibstoffverbrauch, sondern die verkürzte Strecke, die das Flugzeug zum Starten benötigte.

Das hätte dem französischen Militär unter anderem in Kolonien nutzen sollen, die gerade drauf und dran waren, sich von Frankreich loszusagen. Die Entwicklung der HD.32 dauerte allerdings zu lange, um noch eine Rolle bei dieser Entwicklung zu spielen. Die geplanten Einsatzgebiete waren bereits verloren, als das Flugzeug einsatzbereit war.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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