Symbolbild Offshore-Windkraft
Warum in jedem zweiten Offshore-Windrad ein bisschen Österreich steckt
Die Uhr tickt, wenn es darum geht, die Energiewende voranzutreiben. In ganz Europa entstehen Projekte, die fossile Energieträger ersetzen sollen. Bis 2030 sollen mindestens 42,5 Prozent des Energieverbrauchs in der EU aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne oder Biomasse stammen. Im Jahr 2023 lag dieser Wert bei 24,5 Prozent.
Es gibt also noch viel zu tun. Potenzial liefert vor allem auch die Windenergie und speziell die Offshore-Windkraft. Dabei handelt es sich um Windräder, die die starken Winde am Meer nutzen. Zwischen 2013 und 2023 hat sich die weltweite Stromerzeugung durch Offshore-Windkraft fast verzehnfacht.
Obwohl Österreich keinen direkten Meerzugang hat, gibt es Unternehmen, die die Energiewende mit Windrädern am Meer vorantreiben wollen. KURIER futurezone hat mit PALFINGER MARINE gesprochen, um mehr über den Zukunftssektor zu erfahren. Die Fragen wurden von Iavor Markov und Rupert Reischl, beide Global Sales Manager Wind Cranes bei PALFINGER MARINE, beantwortet.
KURIER futurezone: Sie sagen, dass in nahezu jedem zweiten Windrad weltweit Know-how aus Österreich steckt. Was bedeutet das konkret?
PALFINGER MARINE: Der Schwerpunkt von PALFINGER MARINE liegt auf der Lieferung von Hebelösungen sowie Rettungsgeräten, die auf verschiedenen Komponenten von Offshore-Windparks installiert werden. Diese Ausrüstung wird für Wartungs- und Servicearbeiten eingesetzt. Das größte Geschäftsfeld von PALFINGER MARINE sind Krane zum Heben von Ersatzteilen und Werkzeugen vom Schiff auf die Serviceplattform der einzelnen Turbinen sowie Gondelkrane zum weiteren Transport derselben Lasten von der Plattform in die Gondel.
Können Sie mehr über die Lösungen erzählen, die Sie entwickeln?
Ein Beispiel sind Davit-Krane an Bootsanlegern von Offshore-Turbinen und Kabel-Decks auf Umspannwerken. Hier setzen wir auf unsere vollelektrischen PALFINGER-Krane. Diese kommen ohne Hydrauliköl aus, wodurch das Risiko eines Ölaustritts ins Meer entfällt. Der Fokus liegt auf Zuverlässigkeit, einfacher Bedienbarkeit auch bei Stromausfall, niedrigem Energieverbrauch sowie einem optimalen Verhältnis von Betriebs- zu Investitionskosten für Betreiber und Entwickler.
Wir bieten außerdem eine breite Palette an Rettungsgeräten: Schnelle Bereitschaftsboote, Rettungsboote, Arbeitsboote und die dazugehörigen Davits (Anm. Aussenvorrichtung für Boote). Diese Ausrüstung wird auf Serviceschiffen und Offshore-Umspannwerken sowie -Plattformen verwendet.
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Offshore-Windparks sind auf eine Lebensdauer von 25 Jahren ausgelegt. Wie wird gewährleistet, dass die Anlagen so lange halten?
Jeder vorzeitige Austausch oder Ersatz von Ausrüstung treibt die Betriebskosten in die Höhe und mindert die langfristige Wirtschaftlichkeit der Anlage. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, den Wartungsaufwand für Offshore installierte Ausrüstung so gering und unkompliziert wie möglich zu halten.
Je häufiger Wartung erforderlich ist, desto mehr Zeit, Personal und Transportmittel werden benötigt und das wirkt sich direkt auf die Betriebskosten aus. Zeit ist im Offshore-Bereich ein besonders kostbares Gut. Zusätzlich entstehen durch häufige Einsätze von Schiffen oder Hubschraubern vermeidbare Umweltbelastungen. Ein hochwertiger Korrosionsschutz trägt entscheidend dazu bei, Nachlackierungen und den Austausch einzelner Bauteile deutlich zu reduzieren.
Sie haben den Wandel von hydraulischen zu elektrischen Kränen mitgemacht. Wie sind Sie damit umgegangen und was war entscheidend dafür?
Wir haben den Wandel als Möglichkeit gesehen, Innovationen umzusetzen. Die steigenden Anforderungen waren ein wichtiger Impuls für uns. Damit sind eine Reihe von Vorteilen verbunden. Etwa eine deutliche Reduktion der Betriebskosten, ein deutlich reduziertes Umweltrisiko im Falle eines Hydraulikölaustritts und spürbar kürzere Service- und Wartungseinsätze.
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Nachhaltigkeit und Artenschutz spielen in diesem Bereich eine wichtige Rolle. Wie berücksichtigen Sie diese Aspekte bei der Entwicklung Ihrer Lösungen?
Wir arbeiten kontinuierlich an der Weiterentwicklung unseres Portfolios. Der Einsatz biologisch abbaubarer Getriebeöle, geringerer Wartungsaufwand, eine längere Lebensdauer unserer Produkte, höhere Sicherheit und Zuverlässigkeit, Elektrifizierung sowie eine konsequente Vereinfachung leisten dabei einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der Umweltbelastung.
Wir verstehen uns als wichtigen Akteur und verantwortungsvollen Partner innerhalb der Offshore-Windindustrie und haben das klare Ziel, den ökologischen Fußabdruck des Sektors nachhaltig zu verringern.
Was sind aktuell die spannendsten Entwicklungen in der Branche und wohin bewegt sich die Offshore-Windindustrie?
Der Wettlauf um immer größere Turbinen hat sich vorerst beruhigt. Stattdessen liegt der Fokus nun auf einer stärkeren Industrialisierung und der Nutzung von Skaleneffekten. Interessant sind in diesem Zusammenhang schwimmende, anstelle fest verankerter Offshore-Windfarmen. Weltweit werden derzeit erste Pilotprojekte vorbereitet und im Testbetrieb durchgeführt.
Während der britische Offshore-Markt weiterhin kontinuierlich wächst, steigen nun auch Länder wie Frankreich und Polen großflächig in die Offshore-Windenergie ein. Auch in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden wurden neue Projekte gestartet. In Belgien steht der Bau der ersten Energieinsel kurz vor dem Start.
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