Die neue Gleitbombe wird von Su-34s abgeworfen

Die neue Gleitbombe wird von Su-34s abgeworfen

© Russisches Verteidigungsministerium

Militärtechnik

Russland hat eine neue 1,5 Tonnen schwere Gleitbombe

Nachrüst-Kits machen reguläre Bomben zu GPS-gelenkten Gleitbomben. Diese kosten nur einen Bruchteil von satelliten-gelenkten Raketen und haben dennoch eine große Zerstörungskraft.

Die USA nutzen solche Kits unter dem Namen JDAM. Die Ukraine wurde mit JDAMs beliefert und setzt diese gegen die russischen Invasoren ein. Das hat auch Russland dazu bewegt, solche Kits zu bauen. Erstmals wurde ihr Einsatz Anfang 2023 bestätigt. Su-35s warfen FAB-250- und FAB-500-Bomben ab, die zu gelenkten Gleitbomben umgebaut wurden.

Jetzt soll eine weitere Variante nicht nur einsatzbereit sein, sondern auch schon im Kampf genutzt worden sein: die FAB-1500M-54-UMPK, mit einem gewaltigen Gewicht von 1,5 Tonnen.

Treffgenau auf bis zu 5 Meter

FAB bezeichnet die regulären Bomben. Die Zahl danach steht für die Kilogramm Gesamtgewicht der Bombe. UMPK ist das russische Gegenstück zur JDAM. In Englisch ist das UMPK auch als UGCM bekannt - Universal Gliding and Correction Module.

Der populäre russische Telegram-Channel Fighterbomber hat einige Daten zur FAB-1500M-54-UMPK veröffentlicht. Offizielle bzw. verifizierte Daten gibt es nicht, weshalb diese Angaben mit Vorsicht zu genießen sind.

Laut dem Telegram-Post nutzt die Gleitbombe das russische GPS-Gegenstück GLONASS. Damit soll sie eine Genauigkeit von bis zu 5 Metern erreichen. Die Bombe wiegt 1.500 Kilogramm, der Sprengstoff in der Bombe 700 Kilogramm. Der Einschlag soll einen Krater mit bis zu 15 Metern Durchmesser erzeugen. Die Splitterwirkung des Mehrzweckprengkopfes soll ein Gebiet mit einer Größe von über 2 Quadratkilometern abdecken.

Auch wenn diese Angaben übertrieben erscheinen, sind sie nicht unrealistisch, was an dem gewaltigen Gewicht der Bombe liegt. Die schwersten JDAMs der USA wiegen 968 Kilogramm.

Keine Angaben zur Reichweite

Ein wesentlicher Punkt, der nicht genannt wird, ist die Reichweite. Auch für die 250 und 500 Kilogramm UMPKs ist die nicht bekannt. Diese Information wird vermutlich bewusst zurückgehalten, um der Ukraine zu erschweren, Abwehrstrategien zu entwickeln.

Eine übliche JDAM hat eine Reichweite von 24 Kilometern, die JDAM-ER (Extended Range) bis zu 72 Kilometer.

Man kann davon ausgehen, dass die russischen 250 und 500er UMPKs ähnlich weit fliegen können. Laut Fighterbomber ist die Reichweite der FAB-1500M-54-UMPK deutlich größer als bei den kleineren Versionen. Militärexpert*innen schätzen sie auf 50 bis 70 Kilometer ein.

Su-34 soll die Bombe bereits im Kriegsgebiet abgeworfen haben

Um das zu erreichen, musste das UMPK neu entwickelt werden. Ein einfaches Upscaling der 500er-Variante sei aus technischen Gründen nicht möglich gewesen, schreibt Fighterbomber. Die jetzige Version würde jetzt noch optimiert werden, sei aber voll einsatzfähig. Vor ein paar Tagen sei die erste FAB-1500M-54-UMPK von einer Su-34 abgeworfen worden. Das Ziel sei präzise getroffen worden. Das wurde bisher nicht von anderen Parteien bestätigt.

Die Su-34 soll 2 der gewaltigen Gleitbomben transportieren können. Durch die Optimierungsarbeiten am System, soll das Kampfflugzeug künftig mit bis zu 3 Stück abheben können. Diese können dann alle auf dasselbe Ziel oder auf 3 verschiedene Ziele abgeworfen werden.

Billiger als die alte Variante

Russland hat mit der UPAB-1500 eigentlich schon eine Gleitbombe mit einem Gefechtsgewicht von 1.525 Kilogramm im Arsenal. Auch die wird per GLONASS-Satellitendaten ins Ziel gelenkt. Die Reichweite soll 50 bis 70 Kilometer betragen.

Der Nachteil daran: Die UPAB-1500 ist teuer und die Produktion ist langsam. Obwohl sie schon 2005 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, kam sie erstmals im Februar 2023 gegen die Ukraine zum Einsatz – fast ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges. Von der FAB-1500 liegen hingegen reichlich Stück in den russischen Lagern. Und die UMPKs, um sie zu gelenkten Gleitbomben umzubauen, sind vergleichsweise günstig und schnell produziert, nachdem die Entwicklung abgeschlossen wurde.

Gleitbomben sind nur schwer abzufangen

Gleitbomben haben sich im Krieg auf beiden Seiten als effektiv herausgestellt. Gegenüber normalen Bomben können sie aus genügend weiter Entfernung abgeworfen werden, damit die Flugzeuge nicht in die Reichweite der Luftabwehr geraten.

Luftabwehrraketen und Bodenradars können Gleitbomben nur schwer erfassen, da sie einen kleinen Radarquerschnitt haben. Weil sie, entgegen Raketen und Kamikazedrohnen, kein Düsentriebwerk bzw. Antrieb haben, strahlen sie weniger Hitze aus, was es auch Infrarot-basierenden Luftabwehrraketen schwer macht, sie zu erfassen. Und weil sie günstiger als Marschflugkörper sind, können sie in größerer Menge eingesetzt werden.

Eine Möglichkeit sie abzuwehren sind Jammer, die das GPS- und GLONASS-Signal blockieren. Russland soll damit geschafft haben, dass etliche JDAM-ER der Ukraine ihre Ziele verfehlt haben. Allerdings unterscheiden diese Jammer nicht zwischen Freund und Feind: Benötigt man im Zielgebiet gerade selbst ein Satellitensignal, muss der Jammer deaktiviert werden.

➤ Mehr lesen: Warum GPS-gesteuerte Bomben in der Ukraine ihre Ziele verfehlen

UMPKs sind in der Ukraine gefürchtet

Wie viele solcher Jammer die Ukraine derzeit einsatzbereit hat, oder ob sie überhaupt welche hat, die noch funktionieren, ist unbekannt. Die FAB-1500M-54-UMPK wird deshalb schon jetzt von russischen Militärblogger*innen als Waffe gefeiert, gegen die die Ukraine keinerlei Verteidigungsmöglichkeit hat.

Laut ukrainischen Soldaten sind die UMPKs tatsächlich gefürchtet, weil Russland sie in großer Menge einsetzt und sie über eine starke Zerstörungskraft verfügen. Russland würde damit etwa regelmäßig Straßen in der Nähe der Front beschießen, die von Versorgungstruppen genutzt werden. So soll die Logistik und der Nachschub der Ukraine gestört werden.

Ein Nachteil der Gleitbomben, ist die geringere Reichweite gegenüber Marschflugkörpern. Die Storm Shadow, die die Ukraine von Großbritannien geliefert bekommen hat, hat eine Reichweite von etwa 250 Kilometern – eine JDAM-ER 72 Kilometer. Daher werden Gleitbomben meist in der Nähe der Front eingesetzt, etwa gegen Befestigungsanlagen, und nur selten im Hinterland, wie etwa gegen Treibstoff- und Munitionslager.

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