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Cult of the Lamb im Test: Kniet nieder vor der Niedlichkeit!

Wer würde sich diesem herzigen Lamm nicht anschließen?

Cult of the Lamb beginnt dramatisch: Ein entzückendes Zeichentrick-Lämmchen wird von 4 Bischöfen geopfert. Doch eine mysteriöse Macht rettet es vor dem Tod.

Sie entsendet das Lamm zurück in die Welt, um einen eigenen Kult aufzubauen. Dafür erhält es von seinem Retter eine kleine rote Krone, die ihm genug Macht verleiht, um die Machenschaften der Bischöfe zu zerschlagen.

 

Kochen, aufräumen, segnen

Die 4 Bischöfe bewohnen jeweils 4 gefährliche Ländereien, die ich nach dem altbekannten Dungeon-Crawler-Prinzip immer wieder durchlaufe. Dort bekämpfe ich Monster und sammle Ressourcen für den Aufbau meines Kults. Auf meinen Reisen durch die Länder muss ich immer wieder andere Tierchen vor der Opferung retten. Einmal befreit, schließen sie sich dem Lamm-Kult an.

So entsteht nach und nach ein kleines Dorf, das versorgt werden muss. Das Führen eines Kults ist überraschend arbeitsintensiv. Ich koche regelmäßig in Minispielen für meine Anhänger*innen, räume hinter ihnen auf und baue ihnen Schlaf- und Pilgerstätten. Immerhin helfen sie beim Sammeln der Baumaterialien.

Außerdem segne ich sie und kümmere mich um ihre Gesundheit. Denn solange ich das Klohäuschen noch nicht freigeschaltet habe, kacken und kotzen sie einfach ins Dorf und wundern sich dann, wenn sie krank werden und ins Bett müssen. Deshalb muss ich regelmäßig mit dem Besen kontrollieren, ob alles sauber ist.

Auf dem Kreuzzug

Im Gegenzug beten die Anhänger*innen das Lamm an, was Glaubenspunkte bringt. Mit ihnen können dann neue Gebäude freigeschaltet werden, um das Kult-Dorf schöner und produktiver zu machen. 

Natürlich wäre das keine Sekte, wenn das Lamm seine Anhänger*innen nicht täglich zu Predigten und Ritualen einladen würde. Damit wird der Glaube gestärkt und es werden bessere Waffen und Fähigkeiten freigeschaltet. Begibt man sich in die Ländereien auf einen "Kreuzzug", erhält man zufällig eine Waffe und einen magische Zauber.

Simples Kampfsystem

Wie man das von Dungeon-Crawlern kennt, sind die Länder immer nach einem ähnlichen Schema aufgebaut, aber niemals gleich. Bevor man dem jeweiligen Bischof der Länderei gegenübertreten kann, muss man sie je 4-mal durchlaufen.

Ich habe im Schnitt 10 Minuten pro Durchlauf gebraucht, was ich für eine gute aber auch gefährliche Zeitspanne halte. Gefährlich, weil ich sehr anfällig bin für das "nur noch eine Runde"-Prinzip.

Dass man eigentlich nur die Buttons "Hauen", "Ausweichen" und gelegentlich "Zaubern" braucht, dämpft den Spaß ein wenig. Geschick und Taktik ist nicht entscheidend, da man sehr schnell verstanden hat, wie sich die Gegner verhalten. Wer sich auf fordernde Kämpfe freut, wird wohl enttäuscht werden. Für mich ist das aber in Ordnung.

Gute-Laune-Kult oder strenge Sekte

Verliert man doch mal im Kampf, wird man zurück ins Kult-Dorf geschickt und verliert einige der gesammelten Ressourcen – und Ansehen bei den Anhänger*innen. Sinkt der Glaube an das Lamm zu stark, können sie sich abwenden und den Kult verlassen. Merkt man, das ein Mitglied Zwietracht und Zweifel sät, kann man es entweder überreden, ins Gefängnis werfen oder töten.

Hier zeigt sich eine für mich interessante Komponente. Denn das Spiel wurde zwar mit dem Kontrast zwischen niedlich und brutal verkauft, aber ich kann meinen Kult so führen, wie ich das möchte. Anhänger*innen kann ich einem Tentakelmonster opfern oder auf eine neue Bewusstseinsebene erheben.

Ich kann sie Tag und Nacht schuften lassen und dann auch noch Geld eintreiben oder ihnen Urlaub und Bezahlung gönnen. Die Gläubigen können zum Fasten gezwungen oder auf ein üppiges Festmahl eingeladen werden. Für die Spielmechanik macht das keinen Unterschied, für meine persönliche Empfindung allerdings schon.

Niedliches "Papiertheater"

Der Mix aus Dungeon-Crawler und Aufbauspiel greift gut ineinander. Ich bin beschäftigt ohne den Überblick zu verlieren. Allerdings stellte sich bei mir nach 25 Stunden Spielzeit eine gewisse Ernüchterung ein. Denn ich hatte meinen Kult gepflegt, meine Anhänger*innen verwöhnt und ihre Liebe sorgte dafür, dass ich fast alle Gebäude, Waffen, Fähigkeiten und Rituale schon freigeschaltet hatte, bevor ich die 3. Welt überhaupt betreten hatte. 

Vieles an diesem Spiel hält mich trotz des generischen Kampfsystems und dem schnellen Aufleveln in seinem Bann. Allem voran die fantastische Optik, die mich von der ersten Sekunde gepackt hat. Der 2,5-D-Papiertheater-Look ist zwar nicht neu, das kennt man von Don’t Starve und Paper Mario. Wenn es aber so gut gemacht ist wie hier, glänzt diese Designentscheidung.

Die Niedlichkeit der Figuren im Kontrast zum leicht unheimlichen Setting sorgt für eine spannende Atmosphäre. Brutal wirkt das aber nie, denn Kulleraugen sind einfach immer süß, auch wenn sie pechschwarz sind.

Fazit

Cult of the Lamb hat ein großes Vorbild und das heißt Stardew Valley. Das geht soweit, dass man das exakt gleiche Minispiel beim Angeln absolvieren muss. Ich habe (bisher) über 300 Stunden in Stardew Valley gesteckt und daher ist es für mich kein Kritikpunkt sondern ein Verkaufsargument, dass man dort geklaut hat.

Der Unterschied ist, dass mich Cult of the Lamb nicht Wochen und Monate sondern ein paar - sehr unterhaltsame - Stunden beschäftige. Danach ist erst mal gut. Vielleicht kehre ich mit etwas Pause noch mal zurück und wähle einen weniger friedliebenden Kult-Ansatz, so gibt es dann für mich durchaus einen Wiederspielwert.

Für ein mittelgroßes Indiegame, das für PC (Steam) 22,99 Euro und für Konsolen (Xbox One, Xbox Series X/S, PS4, PS5, Nintendo Switch) 24,99 Euro kostet, ist das genau richtig. Je nach Spielweise und Schwierigkeitsgrad kann man hier 20 bis 40 Stunden investieren, wenn man möchte. Ich bin dem Kult trotz einiger Schwächen jedenfalls verfallen und beuge mich vor der Macht des Lamms.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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