Zumindest Tifa und Aerith haben Spaß

Zumindest Tifa und Aerith haben Spaß

© Square Enix/Screenshot futurezone

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Final Fantasy 7 Rebirth im Test: Open World macht’s nicht besser

Zu den schönen emotionalen Momenten gehört, wenn Tifa und Aerith zusammen Spaß haben

Final Fantasy 7 Remake (2020) war für mich eine positive Überraschung. Obwohl ich kein Fanboy des 1997er-Originals bin, konnte ich das Remake richtig genießen.

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Entsprechend hoch waren meine Erwartungen an Final Fantasy 7 Rebirth (PS5, 70 Euro bei Amazon). Die wurden leider nicht ganz erfüllt. Das Game wirkt oft unnötig aufgeblasen und weiß nicht, wann man Spieler*innen mal eine Pause gönnen sollte.

Vorwissen erwünscht

Die Neuauflage von Final Fantasy 7 erscheint in 3 Teilen. Remake war Teil 1, Rebirth ist Teil 2. Es ist keine Voraussetzung, das vor 27 Jahren erschienene Original gespielt zu haben, wenn man sich in Rebirth stürzt. Allerdings fehlen einem so viele Referenzen zu Witzen, Ereignissen und Anspielungen. Diese nostalgischen Momente verpuffen dann einfach und als Nichtkenner*in wird man sich fragen: „Was zum Teufel war das gerade?“

Ohne Remake durchgespielt zu haben, sollte man sich aber keinesfalls an Rebirth wagen. Das Game setzt direkt fort, wo Remake aufgehört hat. Selbst mit der „Was bisher geschah“-Zusammenfassung zum Start des Spiels fiel es mir während Rebirth öfters schwer, mich an Details aus dem vor 4 Jahren gespielten Vorgänger zu erinnern. Das sollte man aber, da man laufend mit Charakteren und Ereignissen von Remake konfrontiert wird und sonst nicht die spielbaren Rückblenden (die so nicht in Remake vorgekommen sind) einordnen kann.

Open World ist zu viel und zu wenig gleichzeitig

Remake hat in der Welthauptstadt Midgar gespielt. Rebirth breitet sich über mehrere Gebiete aus und setzt dabei auch auf Open World. Emotional funktioniert das: Statt der engen Stadt mit den düsteren Slums, gibt es jetzt weite Flächen mit malerischen Landschaften.

Das ist so lange lustig, bis der erste Turm zum Aktivieren auftaucht. Der deckt auf der Karte viele Punkte auf, mit Dingen zu erledigen: Es ist die Ubisoft-Formel. Nur, dass sie hier nicht gut funktioniert. 80 Prozent der Dinge, die es zu erledigen gilt, sind übel repetitiv. Und wenn es dann mal eine größere Aufgabe gibt, wird sie auf 4 Ereignisse an 4 verschiedenen Orten in der Open World ausgezerrt, die man besuchen muss.

FF7 Rebirth

FF7 Rebirth

Und das Ganze passiert im nächsten Open-World-Gebiet wieder. Es ist nicht lustig, es ist Arbeit. Ich bin leider nicht diszipliniert genug, um in dieser Open World Spaß zu haben. Ich bin so ein „ich will alles erledigen, was man erledigen kann – schließlich habe ich für alles bezahlt“-Typ. Wenn wo was auf der Map blinkt, gehe ich hin, selbst wenn ich nach den ersten 10 Spielstunden genau weiß, dass mir das keinen Spaß machen wird.

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Während diese Open World also „zu viel“ ist, ist sie gleichzeitig auch zu wenig. Erkunden bringt so gut wie nichts. Es gibt ein paar Orte, die nicht auf der Karte eingezeichnet sind und Schatzkisten beherbergen. Der Loot ist aber so gut wie immer irrelevant. Weil man meistens ausreichend Geld hat, ist man auf die dort gefundenen Gegenständen nicht angewiesen, weil man sie bei Bedarf ohnehin kaufen kann. Die Landschaft ist auch ziemlich leer. Menschen sieht man nur, wenn man sie wegen eines Quests sucht oder in Siedlungen und Städten. Und so schön ist die Landschaft in einigen Open-World-Gebieten auch wieder nicht, dass man bloß wegen der Aussicht auf Erkundungstour geht.

FF7 Rebirth

FF7 Rebirth

Und dann gibt es da noch Zutaten zu sammeln, die in der Landschaft herumliegen. Damit können mit dem „Item Transmuter“ neue Gegenstände geschaffen werden, wie Heiltränke oder Rüstungen. Zum Glück geht das Sammeln der Zutaten per Tastendruck im Vorbeilaufen/Reiten, ohne nervige Aufhebe-Animation. Dennoch ist auch das wieder die typische Open-World-Ubisoft-Formel, die schon arg ausgelutscht ist.

Die Mini-Games-Plage

Rebirth ist voll mit Mini-Games und weiß nicht, wann es reicht. Gefühlt ist jeder Chocobo-Furz ein Mini-Game, auch für völlig unnötige Dinge. Beispielsweise gibt es in der Open World „Lebensquellen“ zu finden – und davon viel zu viele. Hat man sie gefunden, indem man zum gefühlt 15. Mal der Eule nachgelaufen ist, muss man noch in einem Mini-Game 3x die Dreieck-Taste zum richtigen Zeitpunkt drücken. Das ist immer dasselbe Mini-Game, immer mit derselben Taste, immer zum selben Zeitpunkt.

Beim ersten Mal ist dieses Mini-Game eine lustige Anspielung ans Original FF7. Beim dritten Mal ist es mühsam.

Beim ersten Mal ist dieses Mini-Game eine lustige Anspielung ans Original FF7. Beim dritten Mal ist es mühsam.

Dann gibt es noch die richtigen Mini-Games. Ein paar davon sind ganz ok, ein paar davon sind richtig schlecht und nervig. Die meisten muss man aber spielen, weil sie Teil des Mainquests sind. Man muss nicht immer den besten Score haben, aber auslassen kann man sie nicht. Und wenn dann ein Nebenquest, den man machen will (ein Date mit Aerith), einen zwingt, die Mini-Games nochmal in einem höheren Schwierigkeitsgrad zu machen, die man gerade zuvor als Mainquest gemacht hat, ist das einfach too much.

Noch dazu hat Rebirth 2 Kapitel, die zum Großteil aus einer Ansammlung an Mini-Games bestehen, knapp hintereinander. Das Pacing ist hier wirklich schwierig, vor allem wenn noch häufig Zwischensequenzen dazukommen. Eigentlich spiele ich Rebirth wegen der Story, aber von so viel nicht-kämpfen wegen der ständigen Mini-Games war ich öfters kurz am überlegen, ob ich die Zwischensequenz überspringen soll, damit die Motivation weiterzuspielen nicht noch weiter sinkt.

Kämpfen ist Multitasking

So langwierig wie sich das Erkunden der Open World, das Herumrennen zwischen Nebenquests und das gezwungene Spielen von Mini-Games anfühlt, so gehetzt ist das überarbeitete Kampfsystem. Es ist noch viel mehr als bei Remake nötig, dass man zwischen den 3 Charakteren in der Kampf-Party hin- und herwechselt.

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Alleine machen die nämlich kaum etwas, selbst wenn man sie mit der richtigen „Materia“ ausstattet, damit sie selbstständig Fähigkeiten einsetzen. Zusätzlich zu den Actionpunkten muss man jetzt die Synergie steigern, um Tag-Team-Moves mit den Party-Mitgliedern auszuführen. Hinzu kommen wieder die üblichen Dinge, auf die man achten muss: Limit-Attacke, Beschwören, Blocken, Ausweichen, Magie, verschiedene Kampfhaltungen, das Staggering, Lebens- und Magiepunkte, Resistenzen und Schwächen der Feinde, usw.

Man hat also gut zu tun in den Kämpfen, sofern die Gegner nicht stark unterlevelt sind, was in der Open World öfters vorkommt. Abgesehen davon ist es motivierend, wenn man am Kampfsystem tüftelt, um die optimale Kombination aus Synergien, Fähigkeiten und Materia zu finden. Will man Kämpfe nur schnell zu Ende bringen, um mit der Story weiterzukommen: Selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad wird Button-Smashing dafür nicht reichen. Zumindest bei Bossfights und starken Questgegnern muss man die Basics des doch komplexen Kampfsystems draufhaben.

links: © Square Enix/Screenshot

rechts: © Square Enix/Screenshot

Links: So sieht Cloud in Zwischensequenzen aus. Rechts: So in der Spielewelt (Modus: Grafik)

Fazit

Rebirth ist vollgepackt mit Inhalten und fühlt sich manchmal trotzdem leer an. Je nach Spielstil kann man zwischen 50 und mehr als 120 Stunden in das Game stecken. In dieser Zeit hatte ich aber oft das Gefühl, dass viel davon, was ich in dem Spiel mache, keinen Impact hat.

Es ist eine epische Story, die erzählt wird, mit alternativen Realitäten, Ende der Welt(en), dramatischen Verlusten und Charakteren, mit denen man mitfiebert. Und dann mache ich zum 18. Mal dasselbe sinnlose Mini-Game, dieselbe Kampfherausforderungen, suche dieselben nutzlosen Schätze… Diese Kluft zwischen Dramatik und Banalität ist zu groß. Wenn die Mini-Games und Nebenaufgaben zumindest Spaß machen oder gefühlt mehr Vorteile für harte, bevorstehende Kämpfe bringen würden, wäre das ok. Aber so fühlt es sich manchmal nach Spielen um des Spielens Willen an, anstatt Spaß zu haben.

Für Rebirth muss man diszipliniert und mutig genug sein, um die optionalen, repetitiven, uninteressanten Elemente auszulassen, wenn man merkt, dass es sich wie Arbeit anfühlt. Selbst dann muss man Geduld mitbringen, um zähe Passagen und deren schlechtes Pacing zu überstehen. Wer einfach nur möglichst viel Zeit mit Aerith, Tifa und Co. verbringen will, wird Rebirth dennoch lieben.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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