Fortnite: "Irgendwann ist man einfach zu langsam dafür"
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Noch nie hat es sich so gelohnt, gut in Videospielen zu sein. Am Wochenende fand im New Yorker Arthur-Ashe-Stadion die erste Fortnite-Weltmeisterschaft statt. Der bunte Comic-Shooter ist eines der erfolgreichsten Spiele aller Zeiten, 250 Millionen Menschen haben ihn bereits gespielt. 40 Millionen davon kämpften in der Qualifikation, 100 haben es letztendlich geschafft. Das Durchschnittsalter des Teilnehmerfeldes: 16 Jahre. Acht von ihnen gingen als Millionäre nach Hause.
Unter ihnen war auch der 17-jährige Kärntner David „Aqua“ Wang. Er gewann gemeinsam mit seinem norwegischen Teamkollegen Emil „Nyhrox“ Bergquist Pedersen den Duos-Bewerb. Drei Millionen US-Dollar Preisgeld gab es dafür. Zum Vergleich: Novak Djokovic bekam 2,637 Millionen Euro für seinen Sieg in Wimbledon. 20.000 Menschen jubelten Aqua und Nyhrox dabei live im Stadion zu, weitere 20 Millionen sahen online zu. Und auch die beiden Österreicher Thomas „Tschinken“ Hörak und Klaus „Stompy“ Konstanzer gingen um 50.000 bzw. 200.000 US-Dollar reicher nach Hause. In Summe vergab Fortnite-Entwickler Epic Games 30 Millionen US-Dollar an Preisgeld.
Einfach für Jugendliche, schwierig für Ältere
Fortnite sorgt Woche um Woche für neue Superlative im E-Sport. Das ist auch dem simplen Spielprinzip, das sich Battle Royale nennt, zu verdanken. 100 Spieler lassen sich von einem fliegenden Bus über einer virtuellen Insel absetzen. Dort angekommen, gibt es nur ein Ziel: Überleben. Der Spieler, der am Schluss übrig bleibt, gewinnt. Damit man sich nicht nur versteckt, gibt es Spielregeln. Der Bereich, in dem sich die Spieler aufhalten können, wird immer kleiner. Zudem sammeln diese Rohstoffe, mit denen sie Hindernisse bauen können.
Das im bunten Comic-Stil gehaltene Spiel erweckt den Eindruck, einfach zu sein. Doch tatsächlich sind vor allem Erwachsene rasch damit überfordert. „Das Spiel hat eine irrsinnige Faszination, zumindest bis zu einem gewissen Alter. Irgendwann ist man einfach zu langsam dafür und die Erfolgsmomente fehlen“, erklärt Eugen Pfister, Historiker und Projektleiter „Horror Game Politics“ an der Hochschule der Künste Bern gegenüber der futurezone.
Darauf deuten auch zahlreiche Studien hin, unter anderem eine Erhebung des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest. Fortnite war dort das beliebteste Spiel der 12- bis 17-Jährigen. Ab der Volljährigkeit wenden sie sich aber anderen Titeln zu. Auch das Teilnehmerfeld des Fortnite World Cup spiegelt das wider: Die jüngsten Teilnehmer waren erst 14 Jahre alt, ein Jahr über dem Mindestalter, ein 24-jähriger Spieler wurde von den Kommentatoren als „Veteran“ bezeichnet.
Gratis und profitabel
Warum das Spiel ausgerechnet Jugendliche so fasziniert, ist unklar, robuste Studien gibt es laut Pfister noch keine. Er verweist unter anderem auf eine Hypothese seines Ludologie-Kollegen Pierre Yves Hurel von der Université Liége: „Es geht alles extrem schnell, man ist ständig bedroht, überfordert und trotzdem entsteht ein Glücksgefühl dabei, auch wenn man oft gar nicht weiß, was man gerade tut“, so Pfister. Hurel würde diesen Zustand als eine Art „Trunkenheit“ beschreiben, die einen durch das Spiel gleiten lässt. „Der Unterschied zu anderen Spielen ist hier scheinbar vor allem, dass langfristige strategische Planung hier nicht funktioniert und man eben „betrunken“ immer im Moment agiert.“
Die Fortnite zugrundeliegende Mechanik ist aber ein Klassiker in dieser Altersgruppe: „In seinem Kern gleicht das Spiel Räuber und Gendarm, das wir früher auch im Schulhof gespielt haben.“ Dem US-Entwickler Epic Games ist es aber gelungen, mit diesem simplen Spielprinzip kräftig Profit zu machen. Allein im Vorjahr soll das Unternehmen mit Fortnite 2,4 Milliarden US-Dollar eingenommen haben – und das, obwohl das Spiel eigentlich kostenlos ist. Spieler können kosmetische Inhalte gegen Geld kaufen, mit denen sie sich optisch individuell gestalten können. Einen spielerischen Vorteil haben sie dadurch nicht.
Virtuelle Kleidung und Gegenstände haben sich aber mittlerweile zu Status-Symbolen auf dem Schulhof entwickelt. Im Durchschnitt hat jeder Fortnite-Spieler im Vorjahr rund 58,25 US-Dollar pro Jahr für derartige Inhalte ausgegeben. Und auch der Markt für diejenigen, die lieber zuschauen statt mitspielen, wächst kräftig. Fortnite ist bereits seit zwei Jahren der Titel mit dem größten Publikum auf der Live-Streaming-Plattform Twitch. Allein im Juli wurden mehr als 87 Millionen Stunden an Fortnite-Streams abgerufen. Und auch Events mit Fortnite sind gefragt. Das ESL-Turnier in Katowice zog über zwei Wochenenden 174.000 Besucher an. In Wien fand im Vorjahr ein vom österreichischen E-Sport-Verband (ESVÖ) organisiertes Turnier statt, an dem mehr als 5.000 Spieler teilnahmen. Vor allem die Millenials wenden sich zunehmend lieber E-Sports statt klassischen Sport-Teams zu - ein Umstand, der auch von vielen Verbänden hierzulande mittlerweile gefürchtet wird.
Warten auf einen Star
Das Potenzial in Österreich ist groß. 40.000 Menschen haben in den vergangenen zehn Jahren zumindest an einem E-Sport-Turnier teilgenommen. Davon leben könne aber kaum jemand. „Es ist natürlich etwas Schönes, wenn ein Spieler über Nacht zum Star wird“, sagt Manuel Haselberger, Pressesprecher des Verbandes. Um den Erfolg nachhaltig zu sichern, müsse man aber die Strukturen anpassen.
„Besteuerung, Visa, alles was im Sport schon sehr klar geregelt ist, würden wir uns auch wünschen“, so Haselberger. „Es ist nicht so wichtig, dass E-Sport Sport wird. Die Rahmenbedingungen sind wichtiger als Begrifflichkeiten.“ Ob der nächste E-Sports-Star aus Österreich aber Fortnite spielen wird, ist unklar. „Irgendwann wird auch Fortnite sein Ablaufdatum haben, aber ich kann bei besten Willen nicht sagen wann“, sagt Pfister.
Kommentare