Menschen sind toll
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Der Witz ist so alt, dass er schon fast unfreiwillig komisch ist: „Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine: Oh, mir geht es schlecht, ich habe Homo Sapiens! Antwortet der andere: Ach, macht nichts, das geht vorbei!“
Wie lustig! Die Menschheit ist eine Krankheit und am besten sollten alle sterben. Zum Totlachen. „Die Menschheit ist das Krebsgeschwür der Erde!“ Solche Sprüche hört man nun erstaunlich oft. Und der Gedanke dahinter ist grundsätzlich durchaus nachvollziehbar: Ja, wir sind eine Spezies, die dem globalen Ökosystem gewaltigen Schaden zufügt. Wir haben uns sprunghaft vermehrt, unser Ressourcenverbrauch hat ein absurd hohes Ausmaß erreicht. Aber wäre es besser, wenn es uns gar nicht gäbe?
Auf Kinder verzichten
An der Universität Lund hat man nachgerechnet: Wenn man auf ein Kind verzichtet, werden dadurch 58,6 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart! Das ist verwirrend: Wollten wir durch Umweltschutz nicht eigentlich die Menschheit retten? Und das soll gelingen, indem sich gerade umweltbewusste Menschen selbst aus dem Genpool nehmen? Besonders konsequent sind die Anhänger des „Voluntary Human Extinction Movements“. Ihr großes Ziel ist das Aussterben der gesamten Menschheit. Wir alle sollten aufhören uns fortzupflanzen, kein einziger Mensch soll übrigbleiben.
Solche Untergangsphantasien haben ein großes Problem: Sie unterschätzen die Großartigkeit der menschlichen Spezies. Wir sind nicht bloß einer von vielen Blättchen im langen, verästelten Stammbaum des irdischen Lebens. Wir sind etwas ganz Besonderes.
Besser als Bonobos
In unserer Intelligenz unterscheiden wir uns zwar gar nicht so sehr von unseren engen Verwandten, den Bonobos etwa. Aber offenbar haben wir genau durch diesen kleinen Intelligenzvorsprung eine wichtige Schwelle überschritten, die uns zu etwas ganz Neuem werden ließ: Wir können in großen Gruppen in völlig anderer Weise zusammenzuarbeiten als es den allerschlauesten Bonobos gelingt. Wir bilden komplexe Gesellschaften mit Millionen Menschen, in denen sich unterschiedliche Fähigkeiten, Spezialisierungen und Berufe entwickeln. So schaffen wir es, gemeinsam an atemberaubend großartigen Dingen zu arbeiten, die keiner von uns je alleine fertigbringen könnte.
Wir sind die ersten Lebewesen auf diesem Planeten, die Wissenschaft entwickelt haben und die Eigenschaften des Universums erforschen, weit über unsere natürlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten hinaus. Man könnte sagen, wir, als Menschheit, sind die einzige Möglichkeit, die das Universum hat, über sich selbst nachzudenken. Darauf können wir alle gemeinsam stolz sein.
Die Menschheit ist keine Krankheit, sie ist die vielleicht faszinierendste Eigenschaft unseres Planeten. Wir sind schützenswert und sollten gut auf uns aufpassen. Allerdings sind wir alleine nicht überlebensfähig. Wenn wir den Fortbestand unserer großartigen Spezies sichern wollen, müssen wir ein ganzes globales Ökosystem bewahren. Anders geht es nicht.
Daher sollten wir nicht uns selbst aussterben lassen, um die Welt zu retten – wir sollten die Welt retten, um der Menschheit eine grandiose Zukunft zu sichern. Es wäre schon schade um uns.
Zur Person
Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen.
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