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Gastkommentar

Was motiviert Menschen, sich für unsere Umwelt zu interessieren?

Eine Studie zeigt, dass sich eine gleichmäßigere Verteilung von Einkommen und Vermögen positiv auf die Priorisierung von Umweltthemen auswirkt

Obwohl wir die Auswirkungen der Klimakrise längst am eigenen Leib zu spüren bekommen, zählt die Mehrheit der europäischen Bevölkerung Klimawandel, Umwelt und Energie immer noch nicht zu den dringendsten Themen für die nationale Politik. Eine Studie, die in Global Environmental Change veröffentlicht wurde, hat untersucht, woran das liegt und welche Faktoren die Sorge der Menschen um Umwelt und Klima antreiben, sodass ihre Motivation zum Klimaschutz steigt.

Context matters

Wissenschaftler*innen im IIASA-Programm für Bevölkerung und gerechte Gesellschaften untersuchte, wie Umweltpräferenzen in 206 europäischen Regionen durch sozioökonomische, geografische und meteorologische Umstände geprägt werden. Ziel war es, eine datengesteuerte Perspektive auf die bestimmenden Faktoren von Umweltbedenken zu bieten, um die Bedeutung der Einbettung von Individuen in sozioökonomische und ökologische Kontexte hervorzuheben und Faktoren zu vergleichen, die sich hauptsächlich zwischen Regionen unterscheiden. Etwa Ungleichheit, Einkommensniveau oder geografische Merkmale.

Als Grundlage, um die Determinanten für Umweltbedenken zu finden, diente dem Forschungsteam 25 Eurobarometer-Umfragen, die zwischen 2009 und 2019 durchgeführt wurden, kombiniert mit Maßnahmen zur regionalen Wirtschaft, Bevölkerung, Geografie, Umweltqualität und meteorologischen Ereignissen. Die Untersuchungen ergaben, dass günstige wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie ein relativ hohes Einkommensniveau und eine niedrige Inflation das Umweltbewusstsein fördern. Dies hängt wahrscheinlich mit der Idee eines „endlichen Sorgenpools“ zusammen, in dem unmittelbarere Themen wie die wirtschaftliche Sicherheit weniger unmittelbare Themen wie die Klimapolitik verdrängen.

Verteilungsfrage

Die Ergebnisse zeigten, dass sich eine gleichmäßigere Verteilung von Einkommen und Vermögen positiv auf die Priorisierung von Umweltthemen auswirkte, was darauf hindeutet, dass sozialer Zusammenhalt für ökologische Anliegen von Vorteil ist. Darüber hinaus stellte man fest, dass Regionen mit treibhausgasintensiven Industrien unter den Einheimischen geringere Umweltbedenken haben. Vermutlich sorgen sie sich über die möglichen Auswirkungen umweltpolitischer Maßnahmen auf ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit beim Übergang von fossilen zu sauberen Technologien. Während etwa geografische Faktoren, wie zum Beispiel eine niedrig gelegene Küstenlinie, die Umweltbedenken ebenfalls beeinflussen, erwies sich der sozioökonomische Kontext insgesamt als wichtiger.

Der Leiter der Studie fasst zusammen, dass Klimapolitik und Umweltschutz vor allem dann unbeliebt sind, wenn sie mutmaßlich Einkommens- und Vermögensungleichheit, Inflation und Arbeitslosigkeit erhöhen. Die Ergebnisse unterstreichen, dass sozialer Zusammenhalt und ein gerechter Übergang zur CO2-Neutralität der Schlüssel für die breite Unterstützung der Umweltpolitik sind und belegen einmal mehr: Umwelt- und Sozialpolitik wurden lange genug gegeneinander ausgespielt. Die ökologische Wende braucht soziale Gerechtigkeit.

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Tina Wirnsberger

Tina Wirnsberger ist Trainerin für nachhaltige Wirtschaft & Politik und Sozialpädagogin. Sie war bis Jänner 2019 Grüne Stadträtin für Umwelt und Frauen in Graz.

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