Treibstoffpreise
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Meinung

Plädoyer für Technologie-Offenheit

Wir können die Klimakrise nicht mit genau demselben Ansatz aus genau denselben Branchen lösen, durch den sie ursprünglich entstanden sind.

Immer dann, wenn jemand vorschlägt, dass eine ernsthafte institutionelle Reform, ein Systemwechsel oder eine Marktregulierung erforderlich sind, um die Folgen der Klimakrise zu minimieren, kann man aus einer anderen Ecke mit einem Mantra fix rechnen: Das ist nicht nötig, es sind Technologien und die Innovationskraft des freien Marktes, die uns alle retten werden. Dabei sind es immer dieselben alternden weißen Männer aus der fossilen hinteren Reihe, die seit Jahrzehnten mit denselben Argumenten unter dem Vorwand der Innovation erreichen wollen, dass die Welt an ihren längst nicht mehr zeitgemäßen Industrien festhält.

Technofixes als Vorwand gegen Fortschritt

Natürlich müssen Technologien beim Übergang von fossilen Brennstoffen und der Effizienzsteigerung eine entscheidende Rolle spielen. Das tun sie bereits – viele Lösungen liegen schon lange auf der Hand und müssen nur endlich flächendeckend und konsequent umgesetzt werden. Die einzigen, die dieser Umsetzung immer wieder das Warten auf neue – teils hanebüchene – Technofixes vorschieben, sind diejenigen, die echten Fortschritt verhindert haben, weil sie uns lieber weiterhin ihre schmutzigen Technologien als ultimative Lösung verkaufen wollen. Wo könnten wir heute stehen, hätte man all die Energie, Kreativität und vor allem das Geld, das die fossilen Branchen in ihre Greenwashing-PR gesteckt haben, tatsächlich in Innovationen für eine Klimawende investiert?

Cui bono

Eines sollte uns mittlerweile allen klar sein: Wir können die Klimakrise nicht mit genau demselben Ansatz aus genau denselben Branchen lösen, durch den sie ursprünglich entstanden ist. Jedes Mal, wenn wir jemanden vehement fordern hören, dass unsere Probleme nicht durch Regulierungen, sondern nur durch technologischen Fortschritt gelöst werden können, sollten wir vorsichtig sein. Jedes Mal, wenn eine bestimmte Technologie als die eine, einfache Lösung präsentiert wird, sollten wir uns fragen: Wer profitiert davon? Die Menschheit, die Natur, der Planet – oder doch wieder jene Gruppen, die maßgebliche Mitverursacher der Probleme sind?

Technologie-Offenheit

Sich gegen die Art von Technologien zu stellen, die nur ein kaputtes System am Leben erhalten sollen, bedeutet nicht, dass man Fortschritt behindert. Im Gegenteil: Es bedeutet stattdessen zu wählen, welche Art von Fortschritt wir wollen. Welche Technologie wir entwickeln, hängt von unserer kollektiven Entscheidung ab, wem diese dienen sollen. Hier ist es an der Zeit für einen Paradigmenwechsel. Das ist die Technologie-Offenheit, die wir brauchen. Innovation bedeutet schließlich, etwas tatsächlich Neues hervorzubringen, statt immer dieselben fossilen Märchen mit wechselnden Schlagwörtern zu wiederholen.

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Tina Wirnsberger

Tina Wirnsberger ist Trainerin für nachhaltige Wirtschaft & Politik und Sozialpädagogin. Sie war bis Jänner 2019 Grüne Stadträtin für Umwelt und Frauen in Graz.

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