European Commission President Jean-Claude Juncker speaks during a joint press conference with Kosovo's president following their meeting in Pristina, on February 28, 2018. A European Commission delegation is visiting the Bosnian capital while on it's six-day tour of Balkan countries aspiring to join the EU. / AFP PHOTO / Armend NIMANI
European Commission President Jean-Claude Juncker speaks during a joint press conference with Kosovo's president following their meeting in Pristina, on February 28, 2018. A European Commission delegation is visiting the Bosnian capital while on it's six-day tour of Balkan countries aspiring to join the EU. / AFP PHOTO / Armend NIMANI
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Netzpolitik

EU will Whistleblower besser schützen

Die EU-Kommission hat für einen besseren Schutz von Informanten ("Whistleblowern") einen EU-Richtlinienentwurf vorgelegt. Derzeit sind solche Whistleblower nur in zehn EU-Staaten - Frankreich, Ungarn, Irland, Italien, Litauen, Malta, Niederlande, Slowakei, Schweden und Großbritannien - rechtlich geschützt.

Die jüngsten Skandale wie Dieselgate, Luxleaks, die Panama Papers oder die Enthüllungen um den Missbrauch von Facebook-Daten durch Cambridge Analytica hätten gezeigt, welch wichtige Rolle den Hinweisgebern bei der Aufdeckung von Gesetzesverstößen zukomme, erklärte die EU-Kommission. Derzeit sei der Schutz von Informanten EU-weit fragmentiert. Dabei könne ein fehlender Schutz auch negative Auswirkungen auf andere EU-Staaten haben.

 

Auf EU-Ebene gebe es nur bis zu einem gewissen Grad einen Whistleblower-Schutz in speziellen Sektoren, erklärte die EU-Kommission weiter. "Diese Fragmentierung und diese Lücken bedeuten, dass die Informanten in vielen Situationen nicht vor Vergeltung geschützt sind."

Speziellen Mindestschutz genießen sollten demnach jene Informanten, die EU-Gesetzesbrüche in folgenden Bereichen melden: öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen, Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismus, Produktsicherheit, Verkehrssicherheit, Umweltschutz, nukleare Sicherheit, Lebensmittelsicherheit, öffentliche Gesundheit, Konsumkontenschutz, Datenschutz und Netzwerk-Sicherheit sowie Verstöße gegen die finanziellen Interessen der EU und gegen den EU-Binnenmarkt.

Firmen gefordert

Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern oder mit einem Jahresumsatz von über 10 Millionen Euro müssen interne Prozeduren schaffen, um Hinweisen von Whistleblowern vertraulich nachzugehen. Auch alle staatlichen und regionalen Verwaltungen sowie Gemeinden über 10.000 Einwohner sind von den EU-Vorgaben erfasst.

Wenn die internen Kanäle nicht funktionieren oder diese sogar investigative Aktionen zur Aufdeckung behindern, müssen die Hinweise an die zuständigen Behörden weiter gegeben werden. Sollte auch dann noch keine konkrete Handlung erfolgen oder eine klare Gefährdung des öffentlichen Interesses bestehen, sollen die Medien bzw. die Öffentlichkeit informiert werden.

Riskant

Whistleblower seien enormen Risiken ausgesetzt, sagte der Erste Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans. Ein besserer Schutz von Whistleblowern gehe auch mit einem besseren Schutz öffentlicher Interessen vor Betrug, Korruption, Steuerflucht oder einer Gefährdung der Gesundheit und Umwelt einher. Für EU-Justizkommissarin Vera Jourova sind die neuen Regeln "ein Paradigmenwechsel".

Sie betonte: "In einer globalisierten Welt, wo die Versuchung der Gewinnmaximierung auf Kosten des Gesetzes real ist, müssen wir Leute unterstützen, die bereit sind, das Risiko zur Aufdeckung von ernsthaften Verstößen gegen EU-Gesetze auf sich zu nehmen."

Zu wenig

Der ÖVP-Europaabgeordnete Heinz Becker forderte einen "ausgewogenen Schutz" von Whistleblowern. "Unternehmen und Öffentlichkeit müssen aber auch vor falschen Beschuldigungen geschützt werden. Deshalb sollte der Gang an die Medien oder ein breites Publikum nur der letzte Ausweg sein, wenn betriebs- oder verwaltungsinterne Beschwerdemechanismen bereits ergebnislos ausgeschöpft wurden", erklärte er.

Der grüne Ko-Delegationsleiter Michel Reimon kritisierte, der Vorschlag sei zwar ein guter erster Schritt, gehe aber nicht weit genug. "Es ist kein Zufall, dass Politikbereiche wie Handelsabkommen oder Arbeitsrecht nicht mit eingeschlossen sind."

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