IP-Adressen für Finanz: "Starker Eingriff in Privatsphäre"
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Die Finanzstrafbehörden wollen künftig Verkehrsdaten von Internet-Nutzern abfragen dürfen. Diese Möglichkeit ist jetzt fix im Steuerreformgesetz 2015/2016 im Zuge einer Novelle des Finanzstrafgesetzes vorgesehen. Am Freitag endet die Begutachtungsfrist zum Gesetz.
Einfallstor für Institutionen
Der Verband der Internet Service Provider Austria (ISPA) plant dazu eine offizielle Stellungnahme. Im Gespräch mit der futurezone kritisieren die Internet-Provider, dass der Vorstoß der Finanzstrafbehörden, IP-Adressen abfragen und speichern zu wollen, ein Einfallstor für andere Institutionen sein könnte, die Beauskunftungen für ihre Zwecken nutzen möchten. Als Beispiele nennen die Internet-Provider Zivilgerichte in Fragen des Familien- oder Mietrechts. „Der Zugriff auf diese Daten ist auf ein Minimum zu begrenzen“, fordert der Provider-Verband.
Zudem würden die vorgeschlagenen Änderungen in der Finanzstrafgesetz-Novelle dem Telekommunikationsgesetz widersprechen und zu Rechtsunsicherheiten führen, so die ISPA. „Die von den Anbietern gespeicherten Verkehrs- bzw. Betriebsdaten sind nur für interne Betriebszwecke vorgesehen. Eine Verarbeitung von Verkehrsdaten im Zuge der Beauskunftung an Finanzstrafbehörden stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf Privatsphäre dar“, kritisiert die ISPA.
"Rückschritt zum aktuellen Status Quo"
Derzeit dürfen die Finanzbehörden lediglich auf Stammdaten - konkret Name, Anschrift und fixe Teilnehmernummer eines bestimmten Anschlusses – zugreifen. Die ISPA bemängelt in diesem Zusammenhang auch, dass eine für die mittlerweile für verfassungswidrig erklärte Vorratsdatenspeicherung geschaffene Durchlaufstelle für Beauskunftungen an Behörden von der Finanz nicht genutzt werden soll. "Die Durchlaufstelle bietet ein maximales Sicherheitsniveau. Davon abzugehen, wäre ein Fehler und wäre ein Rückschritt gegenüber dem aktuellen Status Quo zur Beauskunftung von Daten."
Neben dem Aspekt der Sicherheit würde die Durchlaufstelle zudem durch eine Vereinfachung des Beauskunftungsprozesses und damit verbunden eine Reduktion von Kommunikationsproblemen eine schnelle und kostenschonende Beantwortung der Anfragen ermöglichen, heißt es seitens der ISPA.
Speicherung von Fingerabdrücken
In den Zusätzen zum Finanzstrafgesetz befindet sich außerdem ein Passus, der die Speicherung von Fingerabdrücken ermöglichen soll, wenn ein „bedeutendes Finanzvergehen“ vorliegt. Statt dem Wort Fingerabdruck wird aber das Wort „Papillarlinienabdruck“ verwendet – unter anderem ein Grund, warum dieser schwere Eingriff in die Privatsphäre bisher niemandem aufgefallen ist.
Die Entnahme von Fingerabdrücken soll bei „schwerwiegenden“ Finanzdelikten ab einer Hinterziehung von 33.000 Euro gelten, bei Zollangelegenheit bereits ab 15.000 Euro. Der Datenschutzsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, kritisiert: „Dem Finanzministerium fehlt es an der nötigen Grundrechtssensibilität. Die Forderung im Finanzstrafverfahren zukünftig Fingerabdrücke abnehmen und IP-Adressen verlangen zu können, stößt in der Fachwelt auf völliges Unverständnis.“
"Überwachungsinstrumente ausbauen"
Der Vorstoß der Finanzbehörden, IP-Adressen zu bekommen, ist keinesfalls neu – so wurde dies bereits versucht, in einem Gesetzesvorhaben im Dezember durchzuboxen, scheiterte jedoch am Widerstand von Datenschützern und Internet Service Providern. Damals hieß es, die Sache werde im "Frühjahr" weiterverhandelt. Für Steinhauser ist die Sache ganz klar: „Es wird erneut versucht, Überwachungsinstrumente auszubauen. Die breite Ermächtigung Fingerabdrücke und IP-Adressen zu sammeln, ist weder geeignet den Steuerbetrug zu bekämpfen, noch scheint sie im Hinblick auf das Finanzstrafverfahren verhältnismäßig.“
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