Shanghai wird extrem detailliert digital nachgebaut.

Shanghai wird extrem detailliert digital nachgebaut. 

© Shanghai Surveying and Mapping Institute

Netzpolitik

Bis zum letzten Kanaldeckel: China erstellt digitale Version von Shanghai

Chinesische Forscher haben eine digitale Kopie von Shanghai erstellt. Dieser digitale Zwilling soll die Polizeiarbeit in der chinesischen Mega-Metropole auf ein neues Level heben, berichtet die South China Morning Post.

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Von seiner Machart her soll die Software an ein Computerspiel erinnern und mit einer herausragenden Auflösung von unter 3 cm überzeugen. Die Behörden sollen damit sogar Räume in Häusern und einzelne Hydranten auf Straßen sehen können. Der Zugriff auf das Programm erfolgt über ein mobiles Terminal.

Heatmaps und Social-Media-Feeds

Der digitale Zwilling soll es Polizisten ermöglichen, durch Shanghais Straßen zu navigieren und dabei Live-Feeds von Überwachungskameras und anderen Quellen in Echtzeit abzurufen. Auch die Grundrisse von Häusern sollen sie dort detailliert studieren und sogar Daten aus dem Mieterregister abrufen können. Die Gebäude sind virtuell betretbar, außerdem können Versorgungsleitungen und andere Infrastrukturelemente über die digitale Stadt-Kopie überwacht werden.

Kommt es in Shanghai zu Notfällen, kann die Polizei über den digitalen Zwilling Feeds von Überwachungskameras öffnen und dort Fahrzeugbewegungen sowie Heatmaps abrufen. Sogar Daten und Live-Feeds von Social-Media-Plattformen sollen in das Programm einfließen und das Bild der Polizisten vervollständigen.

Straßen wurden mit Lidar vermessen.

Straßen wurden mit Lidar vermessen.

Totale Überwachung

Gewissermaßen handelt es sich bei der Software auch um ein Werkzeug, das eine Überwachung des Stadtgeschehens in nie dagewesenem Ausmaß ermöglicht. Bereits seit geraumer Zeit setzt China auf ein Arsenal an verschiedenen Überwachungstechnologien wie etwa Gesichtserkennung und stand deshalb auch international wiederholt in der Kritik. Zwar ist in einer begleitenden Studie auch von einem eingebauten Schutz der Privatsphäre der 25 Millionen Bewohner Shanghais die Rede, Details dazu werden allerdings keine verraten.

Entwickelt wurde es vom Shanghai Surveying & Mapping Institute und einem Labor für die Analyse von Stadtdaten des Ministeriums für Naturressourcen.
Die Software basiert auf einer gigantischen Datenmenge, darunter Airborne Laser Scans (ALS), Lidar-Daten von Straßen und Versorgungssystemen. Die 3D-Modelle von Häusern wurden mit KI generiert.

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Stadt mit Drohnen und Flugzeugen vermessen

Petabyte an Daten sollen die Grundlage für das außergewöhnliche Programm darstellen. Die Details dazu haben die Forscher in einer Studie zusammengefasst, die in einem chinesischen Fachjournal veröffentlicht wurde.

Für die digitale, dreidimensionale Vermessung und Kartierung von Shanghai haben die Entwickler Drohnen, Fahrzeuge und Sensoren verwendet. KI-Algorithmen haben dann Lidar-Daten, Bilder von Überwachungskameras und anderen Quellen ausgewertet und zu einem großen Ganzen vervollständigt. So soll das Programm sogar in der Lage sein, „dunkle Ecken“ zu identifizieren – Bereiche, die nicht von Sensoren abgedeckt sind und deshalb besondere Aufmerksamkeit erfordern.

Das Programm wurde mit der Unreal Engine entwickelt, die normalerweise für die Erstellung von anspruchsvollen Computerspielen verwendet wird.
Im Artikel der South China Morning Post wird der digitale Zwilling auch mit dem mit Spannung erwarteten Spiel Grand Theft Auto VI verglichen, bei dem ebenfalls eine sehr detaillierte Auflösung einer städtischen Umgebung zu erwarten ist.

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