Wie man mit einem Flugzeuglaser eine verborgene Stadt findet
Manchmal liegen in Waldstücken archäologische Stätten verborgen, die uns bisher Unbekanntes über die Vergangenheit der Menschheit verraten können. In den vergangenen Jahren gab es mehrere solche Funde. Viele davon wurden mithilfe von Flugzeugen gemacht, an denen ein Lidar-Scanner befestigt war. In der Maya-Stadt El Mirador im Norden Guatemalas fanden Forscher 2016 so das erste antike Landstraßennetz im Regenwald.
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„Vor 30 Jahren hätte sich niemand gedacht, dass wir jemals im Wald solche Strukturen finden können“, sagt Michael Doneus von der Universität Wien. Der Landschaftsarchäologe ist Experte für Luftbildarchäologie und flugzeuggetragenes Laserscanning (Airborne Laser Scanning, ALS). Damit können Landschaften untersucht werden, ohne in die Natur einzugreifen.
Was verdecken Bäume?
„Vor diesen Methoden hatten wir in der Archäologie große Probleme. Vor allem in Waldgebieten, wie in Mittel- und Südamerika“, erklärt Doneus. Er war einer der ersten, die vor fast 20 Jahren mit ALS begonnen haben.
„Früher ist man einfach in den Wald gegangen und hat geschaut, ob sich an der Erdoberfläche etwas tut. Das ist natürlich extrem mühsam und kleinräumig. Es gab keine vernünftige Methode, mit der man so etwas systematisch und großflächig bewerkstelligen konnte.“ Der Lidar-Scanner hat die Arbeit von Doneus und seinen Kolleg*innen von Grund auf verändert.
Der Lidar-Scanner wird am Fluggerät befestigt
„Unter einem Fluggerät wird ein Laserscanner montiert, etwa einem Flugzeug, Hubschrauber oder neuerdings auch eine Drohne. Das Flugzeug fliegt dann streifenförmig ein Gebiet ab. Der Scanner sendet dann 200.000-mal pro Sekunde fächerförmig Laserstrahlen Richtung Erdoberfläche. Innerhalb dieses Öffnungswinkels scannt er entlang des Streifens das Gebiet ab“, erklärt Doneus.
Zunächst trifft der Laser auf die Äste und Baumkronen und wird von dort zurückgeworfen. Einige Laserstrahlen schaffen es aber auf den Boden. „Wir erhalten dann eine Punktwolke von allen Objekten, die das Licht reflektiert haben“, erläutert Doneus. Das können Bäume, Büsche, Autos oder Rehe sein, die dort sind. Aber auch Gebäude und die Beschaffenheit der Erdoberfläche werden aufgezeichnet.
Bodenniveau wird von Software berechnet
Mit einem Computerprogramm rechnen die Forscher*innen aus dieser Wolke dann nur die Punkte heraus, die sich auf Bodenniveau befinden. So entsteht ein Bodenrelief mit den menschlichen Spuren, die dort sind. „Wenn der Mensch seine Umwelt nutzt, verändert er die Erdoberfläche. Sei es, dass er ein Grab aushebt und jemanden bestattet, er einen Wall errichtet, um sich zu schützen oder Landwirtschaft betreibt, indem er pflügt oder terrassiert. Das alles hinterlässt Spuren an der Erdoberfläche“, sagt Doneus.
Diese Spuren im Gelände können Forscher*innen jetzt mit Lidar sichtbar machen und damit mehr über die Nutzung des Areals erfahren. Alles, was sich unter der Erde befindet, bleibt dem Laser allerdings verborgen – um in den Boden hineinzuschauen, bräuchte es ein Radargerät.
Forscher*innen haben das Leithagebirge gescannt
Mittel- und Südamerika gibt es im Dickicht des Regenwaldes noch viel zu entdecken. Doneus forscht jedoch großteils in Europa: „Unser erstes Projekt war im Leithagebirge. Das haben wir gescannt und sehr viele Fundstellen entdeckt.“ Etwa bei St. Anna in der Wüste – das Kloster wurde 1644 gegründet und später wieder aufgelassen.
„Wir haben nicht nur die Klosteranlagen selbst mit den Gebäuden, die auch heute noch erkennbar sind, aus den Daten herauskriegen können. Wir sehen auch ganze Feldsysteme, die sich im Laufe der Zeit abgelöst haben“, sagt er. Auch mittelalterliche Wege, die sich im Leithagebirge durch Pferde-, Ochsen- und Eselfuhrwerke gebildet haben, können die Forscher durch Rillen im Boden nachvollziehen.
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In Kroatien haben sie mit ihrer Methode auf der Insel Cres im undurchdringliches Küstengestrüpp die Trockensteinmauern eines landwirtschaftlich genutzten Gebiets entdecken können.
Bodenradar und Künstliche Intelligenz
Außer Laser gibt es noch weitere Methoden. Etwa Radar, das direkt am Boden dazu eingesetzt wird, um unter der Erde Mauern und ähnliches zu entdecken. Theoretisch könnte man ein Radar auch an einem Flugzeug befestigen, aber dann reicht die Auflösung für die Archäolog*innen nicht.
Neben ALS zählen zu den archäologischen Fernerkennungsmethoden auch das Luftbild und hyperspektrales Scanning. Geophysikalische Methoden wie Magnetik, Bodenradar und Sonar sowie chemische Analysen ergänzen die Methodenpalette.
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„Es kann durchaus sein, dass wir auch neue Methoden entwickeln. Wo wir plötzlich noch viel detailliertere Einblicke in den Boden erhalten können, an die wir heute vielleicht noch gar nicht denken“. Vor allem Künstliche Intelligenz könnte hier ganz neue Methoden eröffnen und dabei helfen, die Erstellung von Geländemodellen zu automatisieren und auch das Aufspüren von Strukturen zu vereinfachen.
Am wichtigsten ist für Doneus aber immer noch der persönliche Besuch der Fundstätten. Er selbst war über Ostern wieder „im Feld“ in Niederösterreich.
Fakten
Lidar
steht für Light Detection and Ranging. Der Lidar-Scanner sendet 200.000-mal pro Sekunde einen Laserstrahl Richtung Erde, der von Oberflächen reflektiert wird. Dadurch kann das Gerät die genaue Entfernung von Objekten ermitteln
Durch das Dickicht
Das Laserlicht wird zwar von der Vegetation reflektiert, einige Strahlen schaffen es dennoch bis zum Boden und kehren zum Sensor zurück. Am Ende entsteht so eine Wolke aus einer Vielzahl von Punkten, die ein exaktes 3-D-Modell der Umgebung darstellt
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