Protest vor A1-Gebäude wegen Internetsperren in Belarus
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Am Mittwoch fand vor dem Gebäude der A1 Telekom Austria eine offiziell angemeldete Demo statt, um gegen Internetsperren in Belarus zu protestieren. Organisiert hat diese die Bürgerrechtsorganisation epicenter.works. "Wir wollen damit auf die Verstrickungen des teilstaatlichen Konzerns bei den Netzsperren in Belarus hinweisen", sagt Thomas Lohninger, Geschäftsführer von epicenter.works, zur futurezone.
Drosselung der Geschwindigkeit
Zahlreiche regierungskritische Portale waren etwa am Wahltag im Juni 2020 nicht mehr aufrufbar. YouTube, Skype, Mails und Messenger waren nur noch mit Einschränkungen benutzbar und teilweise so stark gedrosselt, dass keine Videos und Fotos mehr hochgeladen werden konnten. Daran war auch die A1-Tochter A1 Belarus aktiv beteiligt. Die letzte angeordnete Drosselung seitens der A1-Tochter hat im November 2020, also auch nach den Wahlen, stattgefunden.
Dazu muss man wissen, dass Telekom-Netze in Belarus nicht autonom sind, sondern über einen staatlichen Gateway gehen müssen. Das gilt auch für die Tochter des österreichischen Mobilfunkanbieters A1. Damit verfügt der Staat in Belarus über eine Option, den Internetverkehr gänzlich lahmzulegen. Es ist aber auch ein Druckmittel, um Telekombetreiber dazu zu "motivieren", Sperren umzusetzen, damit nicht das gesamte Internet abgedreht wird.
Mit Erfolg, wie es scheint. A1 wurde in Belarus von staatlicher Seite dazu gebracht, „an einigen Tagen an vorgegebenen Orten die Internetgeschwindigkeit zu reduzieren“, wie Thomas Arnoldner, CEO von A1, in einem offenen Brief erläuterte. "Wir haben dies auch vor dem Hintergrund gemacht, weil die Behörden in Belarus technisch die Möglichkeit außerhalb unseres Netzes haben, bei Nichteinhaltung der Anordnungen das gesamte Internet im gesamten Land nicht nur zu drosseln, sondern zu unterbinden."
Für epicenter.works ist dies unverständlich. "Gerade eine solche Sperre würde zu einem Wandel in Belarus beitragen. Ein längerer Internet-Shutdown ist für keine Volkswirtschaft durchzustehen", sagt Lohninger.
Staatliche Datenbank mit Websites für Sperren
Lohninger sagt, dass Messungen innerhalb des Netzes von A1 Belarus gezeigt haben, dass das Unternehmen an der Sperre einzelner Websites der Opposition und kritischer Medien aktiv mitgewirkt habe. A1 dazu auf futurezone-Anfrage: „Das belarussische Informationsministerium verwaltet eine Datenbank jener Webseiten, die seitens aller nationaler Telekommunikationsanbieter automatisiert blockiert werden müssen. A1 Belarus hat auf diese Maßnahme - wie auch alle anderen Internetprovider - keinen Einfluss.“
Laut epicenter.works und Analysen, die gemeinsam mit Kavé Salamatian von der Universität von Savoie durchgeführt wurden, soll auch Deep Packet Inspection (DPI) von A1 Belarus eingesetzt worden sein. DPI ist eine „vollständige Paketinspektion und Informationsextraktion“, also eine Technik zur Untersuchung von Daten, um unerwünschten Datenverkehr zu identifizieren und herauszufiltern.
Deep Packet Inspection eingesetzt
In Belarus erfolgte das laut internationalen Medienberichten über die Firma Sandvine, die diese Technologie an staatliche Institutionen zur Filterung des Internetverkehrs bereit gestellt hatte. A1 Belarus bestätigte auf futurezone-Anfrage, die von Sandvine entwickelte DPI-Software eingesetzt zu haben - allerdings für komplett andere Zwecke und zwar um die eigene Netzperformance für kommerzielle Zwecke zu optimieren. „Diese Funktionalitäten standen nicht im Zugriff von Behörden. Sandvine wird nicht mehr eingesetzt, da sie sich aus Belarus gesamthaft zurückgezogen haben“, heißt es seitens A1.
Die Bürgerrechtsorganisation epicenter.works forderte bei der Demo, dass A1 die Verstrickungen mit der Regierung gänzlich aufklären müsse. „Es muss geklärt werden, welche Maßnahmen A1 seit den Demokratieprotesten gesetzt hat, und ob auch Daten von Demoteilnehmer*innen weitergegeben worden sind“, sagt Thomas Lohninger, Geschäftsführer von epicenter.works gegenüber der futurezone.
Man müsse als A1 zudem entscheiden, ob man in derartigen Märkten wie Belarus weiter tätig sein möchte, wenn die Anforderungen den rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genüge tun. Zudem dürfe man auch den Staat Österreich nicht aus seiner Verantwortung nehmen, so Lohninger, denn die Republik halte 28 Prozent der Anteile an der A1 Telekom Austria. A1 verwies darauf, der Bürgerrechtsorganisation ein Gesprächsangebot unterbreitet zu haben, welches "bisher nicht angenommen" worden sei.
Kommentare