FILE PHOTO: A Rohingya refugee man pulls a child as they walk to the shore after crossing the Bangladesh-Myanmar border by boat through the Bay of Bengal in Shah Porir Dwip
© REUTERS / Danish Siddiqui

Netzpolitik

Rohingya verklagen Facebook auf 150 Milliarden Dollar

Wieder erntet der Facebook-Konzern viel Kritik. Diesmal von Rohingya-Flüchtlingen aus Myanmar, die die US-Plattform auf 150 Milliarden Dollar (133 Milliarden Euro) Schadenersatz verklagen.

In der Klage, die am Montag bei einem Gericht im US-Staat Kalifornien eingereicht wurde, heißt es, die Algorithmen des US-Unternehmens förderten Desinformation und extremistisches Gedankengut, das zu Gewalt in der realen Welt führe. "Facebook ist wie ein Roboter, der mit einer einzigen Aufgabe programmiert wurde: zu wachsen", heißt es in dem Gerichtsdokument. "Die unbestreitbare Realität ist, dass das Wachstum von Facebook, das durch Hass, Spaltung und Fehlinformationen angeheizt wird, Hunderttausende zerstörte Leben der Rohingya hinterlassen hat."

FILE PHOTO: Woman holds smartphone with Facebook logo in front of a displayed Facebook's new rebrand logo Meta in this illustration picture

Facebook hat mehr als 20 Millionen Nutzer*innen in Myanmar. Für viele ist die Social-Media-Plattform die wichtigste oder einzige Möglichkeit, Nachrichten zu erhalten und zu teilen

Viele Versäumnisse

Eine britische Anwaltskanzlei, die einige der Flüchtlinge vertritt, hat einen Brief an Facebook geschrieben, wie BBC berichtet. Demnach hat das Unternehmen es versäumt in Moderator*innen und Faktenprüfer*innen zu investieren, die über die politische Situation in Myanmar Bescheid wussten. Des Weiteren wurden Beiträge oder Konten nicht gelöscht, wenn sie zu Gewalt gegen die Rohigya aufriefen. So soll es in einem zitierten Post heißen: „Schüttet Benzin und legt Feuer, damit sie Allah schneller treffen können.“ Trotz Warnungen von Wohltätigkeitsorganisationen und den Medien, wurden „angemessene Maßnahmen nicht rechtzeitig ergriffen“. Facebook sei demnach „bereit, das Leben der Rohingya für eine bessere Marktdurchdringung in einem kleinen Land in Südostasien zu opfern“, heißt es.

In der Klage wird argumentiert, dass die Algorithmen von Facebook anfällige Nutzer*innen dazu bringen, sich immer extremeren Gruppen anzuschließen. Dies könne "von autokratischen Politikern und Regimes ausgenutzt" werden. Bürgerrechtsbewegungen werfen Facebook seit langem vor, nicht genug zu tun, um die Verbreitung von Desinformationen und Hass im Internet zu verhindern. Auftrieb bekam die Debatte zuletzt durch die Enthüllungen der ehemaligen Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen.

Rechtliche Grauzone

Nach US-Recht sind Facebook und dessen Mutterkonzern Meta weitgehend vor der Haftung für von ihren Nutzer*innen geposteten Inhalten geschützt. Die Rohingya-Klage, die diese Verteidigung vorwegnimmt, argumentiert, dass gegebenenfalls die Gesetze von Myanmar - die keinen solchen Haftungsausschluss kennen - in diesem Fall Vorrang haben sollten.

Die mehrheitlich muslimische Volksgruppe ist in Myanmar weitverbreiteter Diskriminierung ausgesetzt. Die Rohingya werden als Eindringlinge angesehen, obwohl sie schon seit Generationen in dem asiatischen Land leben. In einer militärischen Kampagne, die nach Ansicht der UNO einem Genozid gleichkam, wurden 2017 10.000 Rohingya getötet und Hunderttausende über die Grenze nach Bangladesch getrieben. Dort leben sie seither in riesigen Flüchtlingslagern unter prekären Bedingungen. Zahlreiche in Myanmar verbliebene Rohingya sind dort Gewalt sowie staatlicher Unterdrückung durch die regierende Militärjunta ausgesetzt.

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