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Netzpolitik

Schrems-Prozess im Live-Ticker: Facebook-Vertreterin sagte in Wien aus

Am 9. April 2015 startete der Prozess Max Schrems vs. Facebook am Landesgericht für Zivilrechtssachen. Der Prozess wurde zuerst durch Zuständigkeitsfragen verschleppt: Ob eine Sammelklage möglich ist, ob Schrems als Privatperson überhaupt in Österreich klagen kann... Bis diese Fragen geklärt waren, verstrichen Jahre.

Am heutigen Gerichtstag wurde eine Zeugin von Facebook zur Nutzung und zum mutmaßlichen Missbrauch von Daten durch den Konzern aussagen. Die Privacy Policy Director Cecilia Alvarez wurde zuerst von der Richterin befragt und anschließend hat die Anwältin von Max Schrems, Katharina Raabe-Stuppnig, Managing Partner der internationalen Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger + Partner, der Facebook-Zeugin Fragen gestellt.

Heikle Fragen

Schrems wirft Facebook-Datenschutzverstöße vor. Bei dem Prozess geht es um die heikle Frage, wer auf Facebook über die Verwendung der Daten bestimmen darf - also wer dafür verantwortlich ist, was gepostet wird. Facebook nimmt dazu bisher die Haltung ein, dass bei Problemen mit Daten, zum Beispiel falls ein Foto gegen das Urheberrecht verstößt, der Nutzer verantwortlich sei. Bei der Auswertung und Verwendung der Daten habe jedoch allein Facebook das Sagen. Diese „Zwickmühle“ versucht das Gericht nun zu klären.

Außerdem geht es darum, was Facebook mit den Daten seiner Nutzer machen darf und ob sich der Konzern dabei mit dem Umgang der Daten an die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hält. Nach Ansicht von Facebook braucht der US-Konzern keine Einwilligung der Nutzer, weil sie sich ein Auslesen der Daten und darauf basierte personalisierte Werbung wünschen. Es handle sich dabei um einen vertraglichen Dienst an den Nutzern. Ist es für Facebook wirklich so einfach die strengen Einwilligungskriterien der DSGVO zu umgehen?

Hier unser Live-Ticker der Verhandlung zum Nachlesen:

Max Schrems vs. Facebook

  • | Patrick Dax

    Gleich gehts los

    Einen schönen guten Morgen. Hier im Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen geht es bald los. Max Schrems und seine Anwältin und auch die Facebook-Rechtsvertreter befinden sich bereits auf ihren Plätzen. Das Interesse an dem Prozess ist durchaus gegeben. Der Saal ist gut gefüllt.  

    Die Facebook-Vertreterin Cecilia Alvarez sagt heute bereits zum zweiten Mal vor dem Wiener Gericht aus. Bei ihrem ersten Auftritt im November war ihr nicht besonders viel zu entlocken. Wir hoffen, dass wir heute von ihr mehr über den Umgang Facebooks mit den Daten seiner Nutzer erfahren.

  • | Patrick Dax

    Werden Daten, die von Dritten an Facebook übermittelt werden, für Werbung verwendet?

    Das will die Richterin zuerst wissen. Die Facebook-Rechtsvertreter sagen nein, wenn es keine Zustimmung der Nutzer gibt. Sie würden aber zum Zwecke der Personalisierung gespeichert. "Was heißt Personalisierung?" - fragt die Richterin: Beispielsweise Vorschläge für Veranstaltungen, heißt es von der Facebook-Bank.

    Im Saal sind Ton- und Videoaufnahmen übrigens verboten - hier noch ein Schnappschuss von vor dem Saal - Es ist übrigens der Verhandlungssaal 9 im Landesgericht für Zivilrechtssachen.

  • | Patrick Dax

    Welche Daten, die von Dritten übermittelt wurden, kann der Nutzer sehen?

    Facebook verweist auf ein vor kurzem gestartetes Tool, das Nutzern Einblick geben soll, welche Daten von Dritten, an das Online-Netzwerk übermittelt wurden. Es sei "absolut industrieführend", sagen die Facebook-Rechtsvertreter. Der konkreten Nachfrage, ob alle von Dritten übermittelten Daten dort zu finden seien, bzw. welche konkreten Daten Nutzer dort finden würden, weicht man allerdings aus. Das sei in "der Generalität nicht beantwortbar", heißt es. "Es gibt eine Unmenge an Daten."

  • | Patrick Dax

    Können Nutzer Daten, die von Dritten an Facebook geschickt werden, löschen?

    Facebook sagt, es gebe die Möglichkeit, die Daten vom Konto „loszulösen“. Sie bleiben gespeichert, würden aber nicht mehr mit dem Nutzer in Zusammenhang gebracht. Sie würden entpersonalisiert, und seien auch für Facebook nicht mehr zuortbar, sagt man nach einigem Nachfragen der Richterin.

  • | Patrick Dax

    Verfahrenstechnische Fragen

    Derzeit werden verfahrenstechnische Fragen erörtert, bevor dann die Facebook-Zeugin zu Wort kommen soll. Für den Laien ist das nicht unbedingt nachvollziehbar. Es geht etwa darum, ob die Aussagen von Cecilia Alvarez auch in englischer Sprache protokolliert werden sollen. Die Richterin meint nein, das sei nicht notwendig. Es würde den Prozess nur verzögern. Lange wird es vermutlich trotzdem dauern. Vor 17.00 Uhr sei mit einem Ende nicht zu rechnen, hieß es vor Verhandlungsbeginn vor dem Saal.

    Eine Beobachtung am Rande: Facebook hat offenbar eine ganze Reihe an Mitarbeitern für den Prozess abgestellt. Sie sitzen mit Ohrhörern im Publikum und geben sich gegenseitig Handzeichen, wenn es um Details geht und nicken sich mit ernstem Gesichtsausdruck zu.

  • | Patrick Dax

    Hick-Hack

    Bevor es hier in eine kurze Pause ging, gab es  ein ermüdendes Hin- und Her zwischen den Anwälten. Worum es geht, ist nicht immer klar. Zu verstehen war aber, der Vorwurf der Facebook-Anwälte, Max Schrems würde versuchen die Facebook-Zeugin mit Tweets und Aussagen bei Pressegesprächen einzuschüchtern. Der Vorwurf klingt abenteuerlich und ist vermutlich taktisch motiviert.

    Möglich, dass die Anwälte einen Tweet von Schrems von gestern gemeint haben, in dem er schreibt, dass er sich schon freue, wie Facebooks Zeugin erklären werde, wie das Online-Netzwerk der Datenschutzgrundverordnung entspreche. Denn das werde ein Balanceakt zwischen der Darstellung des Umgangs mit Nutzerdaten und Sanktionen wegen falscher Zeugenaussage.

  • | Patrick Dax

    Weiter Warten auf Zeugin

    Es geht weiter. Leider nicht mit der Einvernahme der Zeugin, sondern mit weiteren Diskussionen zwischen Richterin und Anwälten. Es wird über Formulierungen im Gerichtsprotokoll diskutiert. Die Facebook-Anwälte zeigen auch ein Video, mit dem sie demonstrieren wollen, wie Nutzer ihre Daten auf Facebook kontrollieren und verwalten können. Wir bleiben dran. Lange sollte es nicht mehr dauern, bis Facebook-Vertreterin Cecilia Alvarez in den Zeugenstand tritt.
  • | Patrick Dax

    Es geht weiter

    Facebook-Vertreterin Cecilia Alvarez ist nun endlich im Zeugenstand. Sie ist bei dem Online-Netzwerk unter anderem für die Datenschutzpolitik in Europa zuständig. Am Anfang geht es um die Frage, ob Facebook Nutzern Zugriff auf alle über sie gespeicherte Daten gibt, bzw. ob an den Kläger Max Schrems alle über ihn gesammelten Daten beauskunftet wurden.

    Die Facebook-Managerin verweist auf die unterschiedlichen Möglichkeiten, die das Online-Netzwerk dazu zur Verfügung stellt. Man habe in Tools investiert, die Zugang zu persönlichen Daten gewähren, sagte Alvarez. Die Nutzer könnten aber auch Auskünfte von Facebooks Datenschutzbeauftragten anfordern.

    Im Falle von Schrems sei die Anfrage vor dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung gestellt worden, man habe sie entsprechend der Vorgaben der irischen Datenschutzbehörde beantwortet.

  • | Patrick Dax

    Wie beauskunftet Facebook Daten?

    Mit der Beauskunftung von Nutzerdaten bei Facebook geht es weiter. Wie geht Facebook mit der damit um? „Was passiert da genau?“, fragt die Schrems-Seite. Sie kenne den genauen Prozess nicht, aber dafür gebe es die von Facebook bereitgestellten Tools. Darauf würden Nutzer seit 2011 verwiesen, wenn sie Fragen hätten, antwortete Alvarez.

    Die Frage, ob Nutzer, die sich durch die Tools klicken würden, alle Daten sehen könnten, die Facebook über einen sammelt, kann Alvarez nicht beantworten. Die Tools würden aber alle Daten zur Verfügung stellen, die das Datenschutzrecht verlange, sagt die Facebook-Zeugin.

  • | Patrick Dax

    Auf der Suche nach Click-Daten

    Als nächstes stehen Daten im Zentrum, die Nutzer nicht selbst auf Facebook eingeben, über die Facebook aber dennoch verfügt. Konkret geht es um zwei E-Mail-Adressen Max Schrems, die er nach eigenen Angaben nicht auf dem Online-Netzwerk eingegeben hat, die aber trotzdem von diesem gespeichert wurden. Sie wisse nicht warum, antwortete die Facebook-Vertreterin. Sie könne dazu nichts sagen.

    Die Frage ob Facebook Clicks verfolge, antwortet Alvarez, Facebook wisse jedenfalls über die Interaktionen der Nutzer auf der Plattform Bescheid, etwa welche Videos sie ansehen würden und welche Werbung angeklickt würde. Das sei auch transparent in den Richtlinien dargestellt.

    Warum Clickdaten dann für Nutzer nicht auffindbar seien, will die Schrems-Anwältin wissen. Sie wisse zwar nicht genau welche, aber es gebe Tools mit denen das für Nutzer möglich sei, sagt Alvarez.

  • | Patrick Dax

    Analysiert Facebook den Inhalt von Bildern?

    Was folgt, sind Detailfragen. Zu Anstupsern – die werden offenbar nie gelöscht, sondern nur verborgen. Was mit alten Passwörtern passiert, die geändert werden - Sie werden aus Sicherheitsgründen aufbewahrt, um zu verhindern, dass ein früheres Passwort noch ein mal genutzt wird. Spannend wird es als die Sprache auf Bilder und Gesichtserkennung kommt.

    Auf die Frage, welche Daten Facebook von den Gesichtern seiner Nutzer speichere, will Alvarez nicht wirklich antworten. Sie verweist darauf, dass Informationen zu Fotos auch über die Auskunftstools abgefragt werden könnten. Es werde nur das Datum gespeichert und wenn Nutzer es wünschen würden, auch der Ort. Dann entspinnt sich eine Diskussion über die Speicherfrist für Metadaten. Dabei gebe es keine spezifischen Informationen über eine spezifische Speicherfrist, räumt Alvarez ein.

    Schrems legt Dokumente hervor, die von Firefox extrahierten Code zu Facebook-Bildern zeigen, in denen auch Bildbeschreibungen zu sehen ist. Analysiert Facebook den Inhalt von Bildern, wenn sie hochgeladen werden? Sie wisse es nicht, sagt Alvarez, nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Jetzt wird pausiert.

  • | Patrick Dax

    Was kann der Nutzer auf Facebook selbst bestimmen?

    Mit dieser Frage geht es nach der Mittagspause weiter. Facebook biete einen Service und Funktionalitäten, die es dem Nutzer erlauben, Inhalte hochzuladen. Es stehe ihm frei, jeden Inhalt seiner Wahl hochzuladen, sagt die Facebook-Zeugin. Die Inhalte könnten auch wieder gelöscht werden. Es geht also auch am Nachmittag eher allgemein und ein bisschen nichtssagend weiter. Mittlerweile sind auch die Anwälte schon etwas gereizt. Man fällt sich ins Wort und verliert sich in Details.
  • | Patrick Dax

    Fazit

    Die Verhandlung tröpfelt weiter vor sich hin. Der Akku am Notebook neigt sich dem Ende zu. Zeit für ein Fazit.

    Wir haben heute erfahren, dass Facebook alte Passwörter 8 Jahre oder länger speichert, dass hochgeladene Bilder offenbar mithilfe von künstlicher Intelligenz analysiert werden und dass Nutzer darüber allenfalls mit allgemein gehaltenen Phrasen informiert werden. Auch Daten, die von Drittanbietern stammen, werden offenbar nur ungenügend ausgewiesen.

    Der Verdacht, dass Facebook in seinen während des Prozesses immer wieder angepriesenen Tools zur Beauskunftung nicht alles verrät, was es mit den Daten seiner Nutzer macht, ist nicht von der Hand zu weisen.

    Fest steht: Der Prozess könnte sich am heutigen Tag noch etwas ziehen. Ob er wie geplant heute abgeschlossen wird, oder ob es einen weiteren Termin geben wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Das Urteil wird, voraussichtlich einige Wochen nach Verhandlungsende, schriftlich ausgefertigt.

    Wir bedanken uns fürs Mitlesen und wünschen einen schönen Abend!

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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