Der Müllroboter Brantner.
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Ein autonomer Müllroboter räumt in der Siedlung auf

Der Fachkräftemangel zeigt sich auch in der Müllwirtschaft. Das Müllentsorgungsunternehmen Brantner entwickelte daher den Müllroboter Scarab, der automatisiert volle Mistkübel am Straßenrand anfährt, austauscht und den Müll abtransportiert. Am Montag hat Scarab seinen Probebetrieb aufgenommen. 

Der Bau des Müllroboters war Teamarbeit. Das Grundgerüst stammt vom deutschen Roboterbauer Innok Robotics, der auf autonome Transportroboter spezialisiert ist. In seinem Sortiment finden sich bereits Fahrzeuge, die autonom Paletten verschieben oder auch Roboter, die auf Friedhöfen Blumen gießen. Gemeinsam mit Brantner und dem Center of Mechatronics in Linz wurde Scarab entwickelt. Rund 220.000 Euro kostete der Prototyp.

Sicherheit wird beim autonomen Scarab groß geschrieben.

Sicherheit wird beim autonomen Scarab groß geschrieben.

Teststrecke in der Blauen Lagune steht fest

„Noch ist es aber nicht so, dass man ihn im ersten Bezirk freilassen könnte und einfach sagt: Fahr!“, erklärt Christoph Pasching, Head of Digital Solutions bei Brantner. Die „Blaue Lagune“ habe man als Teststrecke unter anderem gewählt, weil Europas größtes Fertighauszentrum am ehesten einer gemütlichen Wohnsiedlung ähnelt. „Wir mussten aber eine digitale 3D-Karte des Gebiets anfertigen, damit sich der Roboter sicher bewegen kann.“ 

Um Scarab einsetzen zu können, müssen auch die Mistkübel mit Sensoren ausgestattet werden. Mit Laser und Ultraschall wird der Füllstand des Eimers ermittelt. Ist er voll, wird ein Signal an die Homestation – eine Art Garage und Müllsammelstelle – gesendet und Scarab macht sich auf den Weg. In der Homestation wird das autonome Müllfahrzeug zudem induktiv geladen. „Das kann man sich wie bei einem Mähroboter vorstellen, nur stärker“, erklärt Pasching.

Scarab nimmt seinen Probebetrieb auf

Die Kommunikation zwischen Mistkübel und Homestation erfolgt über ein „LoRaWAN“-Netzwerk (Long Range Wide Area Network). Dieses wird von einem Sender erzeugt, der auf der Homestation angebracht ist. „Je nach Umgebung haben wir eine Reichweite zwischen 3 und 8 Kilometern“, erklärt Pasching.

Noch sind die Wege des Roboters fest einprogrammiert. Stellt sich ihm etwas in den Weg, bleibt er so lange stehen, bis sich das Hindernis wegbewegt. „Das ist momentan der erste Schritt“, sagt Pasching. „In Zukunft soll der Roboter so weit autonom sein, dass er Hindernisse einfach umfahren kann.“ 

Müllroboter erlag dem Vorführeffekt

Ist der Müllroboter am Mistkübel angekommen, öffnet sich die Abdeckung. Ein Roboterarm fährt aus und wechselt den vollen gegen einen leeren Behälter aus. Dabei orientiert sich Scarab an einem QR-Code am Eimer, der für seine Kamera immer gut lesbar sein sollte. Bei der Vorführung kam er ins Stocken, denn die Sonne blendete zu stark. Ein Mensch musste zu Hilfe eilen und Schatten spenden, bevor der Mistkübel erfolgreich gegriffen werden konnte.

Genau solchen Schwierigkeiten will man weiter auf den Grund gehen. „Scarab absolviert jetzt eine einjährige Probezeit in der Blauen Lagune. Da werden wir sicher auf einige Probleme stoßen“, sagt Pasching. In Zukunft kann der Roboter vielfältig eingesetzt werden – in Wohnsiedlungen, Parks und auch in Industriehallen, wo kontinuierlich Müll anfällt.

Sicher durch Sensoren und Schritttempo

Sicherheit ist bei autonomen Fahrzeugen, egal ob Auto oder Müllroboter, ein wichtiges Thema. Der 1,6 Meter lange, ein Meter breite und rund ein Meter hohe Abfallroboter Scarab ist dafür mit einem 3D-Lasersensor ausgestattet, der Hindernisse in seiner Umgebung wahrnimmt.

Auf einer Höhe von 11 Zentimetern erkennen 2D-Sensoren eventuelle Barrieren in Bodennähe und es gibt auch Sensoren, die bei direkter Berührung anschlagen. Lichtstreifen am Roboter signalisieren, wenn man der autonomen Müllabfuhr zu nahe kommt. Wird ein gewisser Mindestabstand nicht eingehalten, leuchten sie rot auf und Scarab bleibt stehen.

Dieser Mindestabstand vergrößert sich, sobald der Roboter seinen Roboterarm ausfährt, um den Mistkübel zu wechseln. „Das ist wichtig, damit man nicht mit der Hand in den offenen Roboter hineinfährt und sich dort verletzt“, erklärt Christoph Pasching. Der Roboterarm verfügt außerdem über einen Einklemmschutz. „Das ist alles TÜV-geprüft“, sagt Pasching. Die letzte Prüfung und die CE-Kennzeichnung soll der Roboter noch diesen Winter erhalten. 

Schritttempo

Die Höchstgeschwindigkeit ist aus Sicherheitsgründen auf fünf Kilometer pro Stunde beschränkt. „Der Roboter muss auch bei glatter oder rutschiger Fahrbahn sofort zum Stillstand kommen, daher ist mehr als Schrittgeschwindigkeit nicht drin“, sagt Pasching. Außerdem erhält Scarab laufend Wetterdaten, um zu bestimmen, ob sein Einsatz überhaupt möglich ist. Sollte es zu stark stürmen oder gewittern, bleibt der Roboter in der Garage.

Gegen Cyberattacken ist Scarab ebenso geschützt. Von außen sind keine Anschlüsse zugänglich und die Kommunikation mit der Homestation erfolgt über ein sicheres VPN (virtuelles privates Netzwerk), das vom TÜV abgenommen wurde. Zudem ist das 120 Kilogramm schwere Fahrzeug gegen Diebstahl gesichert. Durch ein verbautes GPS-Modul erkennen die Betreiber, wenn der Roboter ein zuvor abgestecktes Gebiet verlassen sollte.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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