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Google Pixel XL im Test: Der beste Androide am Markt

Google Pixel XL im Test: Der beste Androide am Markt

Mit den Pixel-Handys schlägt Google bei seiner Hardware neue Wege ein. Anstelle der günstigen Nexus-Handys, die in Kooperation mit Handy-Herstellern entwickelt und gebaut wurden, nimmt Google bei Pixel die Zügel in die Hand und kontrolliert Design und Hardware-Herstellung vollständig selbst. HTC, der Hersteller der Geräte, führt die Anweisung aus und dient in erster Linie als Auftragnehmer. Diesen Umstand will Google auch offenbar beim Branding sichtbar machen. Erstmals prangt auf Handys das Google-”G”, “made by Google” lautet die Devise.

Das Pixel erscheint in zwei Größen, einmal mit fünf und einmal mit 5,5 Zoll Displaydiagonale. Die Größe der Anzeige, die Auflösung (1080p und 1440p) und die Akkukapazität sind dabei die einzigen Unterschiede, abgesehen davon sind die Handys mit der exakt gleichen Hardware ausgestattet. Ich durfte die große Version testen.

Erster Eindruck, Verarbeitung und Display

Google hat mit dem Pixel ein Design mit Wiedererkennungswert geschaffen. Da die Vorderseite zum größten Teil aus dem Touchscreen besteht, hat man dort wenig designtechnischen Spielraum. Die Rückseite sticht jedoch nicht nur durch das “G” hervor. Besonders charakteristisch sind der runde, relativ große Fingerabdrucksensor sowie die Kombination aus glänzender und matter Oberfläche. Die Optik ist Geschmackssache, mir gefällt die Rückseite jedenfalls gut. Etwas mühsam ist der glänzende Plastikteil auf der Oberfläche, der ein Magnet für Fingerabdrücke ist. Positives kann ich über Kamera und Blitz sagen. Nachdem ich eine fast schon irrationale Abneigung gegen Kamera-”Buckel” auf Handys habe, freut mich besonders, dass sowohl Linse als auch LED-Blitz nahezu komplett eben mit der Rückseite abschließen.

Das Gehäuse besteht aus Metall und Kunststoff und verfügt über angenehm abgerundete Ecken. Mit 158 Gramm ist das Gerät trotz seiner Größe nicht übermäßig schwer, was ich im Alltag als angenehm empfinde. Zum Vergleich: Das iPhone 7 Plus hat ebenfalls ein 5,5-Zoll-Display, wiegt aber 188 Gramm. Durch die abgerundeten Ecken und das leichte Gewicht liegt das Handy trotz seiner Größe relativ sicher in der Hand. Gerade im Vergleich zum iPhone ist das Gewicht auch deutlich besser verteilt, was ebenfalls zu einer angenehmen Handhabung beiträgt. Im Test passierte es mir so gut wie nie, dass mir das Gerät fast aus der Hand gefallen wäre. Wasserdicht ist das Pixel übrigens leider nicht.

Das Gerät verfügt in alter Google-Tradition über keinen physischen Home-Button. Lediglich ein Power-Knopf und ein Kippschalter für die Lautstärke sind verbaut. Es gibt einen Einschub für die SIM, auf einen microSD-Slot verzichtet Google. Geladen wird über USB-C, im Lieferumfang befinden sich ein USB-C-zu-USB-C-Kabel sowie ein USB-C-zu-USB-Kabel.

Das AMOLED-Display des Pixel XL löst in 1440p auf und präsentiert sich im Text entsprechend scharf, farbstark und kontrastreich. Standardmäßig sind App-Icons und Text eher klein skaliert, was ich sehr angenehm finde. So kann man die 5,5 Zoll des Displays produktiv ausnutzen, anstatt es mit übergroßen App-Icons vollzupacken, wie es gerne Launcher der Android-Konkurrenz machen.

Fingerabdruck

Wie schon bei den Nexus-Geräten aus 2015 sind auch die Pixel-Handys mit einem Fingerabdrucksensor auf der Rückseite ausgestattet. Ebenfalls schon bekannt von den Nexus-Handys und der Konkurrenz ist die Funktion, das Handy direkt durch Auflegen des Fingers auf den Sensor aufzuwecken. Vom Auflegen des Fingers bis zum tatsächlichen Angehen des Displays dauert es beim Pixel ein Bruchstück einer Sekunde länger als ich es von anderen Handys (Nexus 6, Huawei Mate 8) kenne. Zwar fällt die kurze Verzögerung auf, eine wirkliche Einschränkung im Alltag ist das aber nicht. Anfangs fand ich die Position des Sensors auf der Rückseite als eher befremdlich. Nach einigen Monaten mit entsprechenden Handys habe ich mich aber daran gewöhnt. Einzig dann, wenn man das Handy auf dem Tisch liegen hat und etwas machen will, finde ich es manchmal etwas umständlich, es erst in die Hand nehmen und entsperren zu müssen.

Innenleben und Akku

Im Inneren ist das Pixel mit aktueller High-End-Hardware ausgestattet. Herzstück ist ein Qualcomm MSM8996 Snapdragon 821 System-on-a-Chip mit einer Quadcore-CPU ((2x2.15 GHz Kryo & 2x1.6 GHz Kryo). Für die Grafik ist ein Adreno 530 verantwortlich. In Benchmarks siedelt sich das Pixel dort an, wo sich andere High-End-Androiden wiederfinden. Alltagsaufgaben wie einfaches Browsen sowie aufwändige Spiele meistert das Pixel ohne jegliche Verzögerungen. Auch dann, wenn mehrere Apps gleichzeitig geöffnet sind, kam ich im Test nie in die Situation, dass sich das Handy merkbar verlangsamte.

Die Akkuleistung des Pixel war im Test zufriedenstellend. Die Kapazität ist mit 3450mAh durchaus beachtlich. Förderlich für die Laufzeit sind außerdem zahlreiche Energiesparfunktionen im Hintergrund, die Google in Android integriert hat. Im Alltag kam ich mit dem Pixel XL rund 24 Stunden durch, bevor ich wieder an die Steckdose musste.

Nougat

Als Betriebssystem kommt Android in der Version 7.1 zum Einsatz. Nougat bringt erstmals standardmäßig eine Split-Screen-Funktion, die andere Hersteller bereits in modifizierten Varianten des Betriebssystems integriert hatten. Überarbeitet wurden außerdem die Benachrichtigungen sowie die Schnelleinstellungen in dem Pull-Down-Menü. Andere Neuerungen sind etwa ein überarbeitetes Einstellungsmenü. Unterm Strich ist ein Großteil der neuen Features kosmetischer Natur, den großen Wurf hat Google beim Versionssprung von Marshmallow auf Nougat nicht geschafft. Das ist allerdings auch gar nicht notwendig. Android erfüllt so gut wie alle Funktionen, die ein modernes Smartphone-Betriebssystem erfüllen muss und sollte nicht mit unnötigen vermeintlichen “Killer-Features” überladen werden, schon gar nicht in der Stock-Variante, mit der das Pixel ausgeliefert wird.

Erstmals standardmäßig mit dem Pixel ausgeliefert wird auch der neue Pixel-Launcher, der auch auf anderen Android-Phones nachgerüstet werden kann. Abgesehen von einer neuen Optik bietet er funktional nicht viel mehr, als Googles voriger offizieller Now-Launcher. Exklusiv auf dem Pixel gibt es aber eine neue Funktion. So kann man direkt über die App-Icons Funktionen innerhalb der App erreichen. Dazu muss man lediglich etwas länger auf das Icon tippen, anschließend öffnet sich ein Kontextmenü. Bei Google Maps kann man so etwa direkt die Navigation nach Hause oder in die Arbeit starten. Bei der SMS-App kann man direkt eine neue Nachricht verfassen. Die Idee ist nett und erleichtert den Alltag gelegentlich, um ein wirkliches Killer-Feature handelt es sich allerdings nicht.

Der Assistent

Das Pixel ist das erste Handy, das den neuen Google Assistant fix in das System integriert hat. Erstmals tauchte jener in dem Messenger Allo auf, der vor rund einem Monat erschienen ist. Der Assistent ist einerseits dafür da, die Bildschirminhalte zu analysieren und entsprechende Infos zu liefern. Um ihn zu aktivieren, muss man den Home-Button länger gedrückt halten. Liest man sich etwa gerade in der Wikipedia den Eintrag zu einem bestimmten Musiker durch, kann man über den Assistant direkt weitere Informationen sowie App-Links zu Spotify, YouTube oder vergleichbares abrufen.

Gleichzeitig soll der Assistant Aufgaben für einen übernehmen können. Dazu zählt etwa Kalendereinträge oder Notizen erstellen. Auch Nachrichten oder Kontakte können damit versendet werden. Sagen kann man ihm das per Sprachbefehl. In Zukunft soll der Assistent auch mit anderen Apps wie etwa Uber, Opentable oder Smart-Home-Apps zusammenarbeiten können. So soll es etwa möglich sein, direkt über ihn ein Uber-Taxi zu bestellen oder einen Tisch zu reservieren.

Im Grunde ist der Assistent eine Weiterentwicklung von Google Now. So kennt man zahlreiche Befehle und Funktionen schon davon. Ein zentraler Unterschied soll sein, dass man mit dem Assistenten eher in natürlicher Sprache sprechen und ihn so steuern kann. Aktuell merkt man, dass die Entwicklung noch eher am Anfang steht. Der Assistent spricht erst seit kurzem Deutsch und obwohl die Erkennung der Wörter erstaunlich genau funktioniert, hapert es noch bei der Praxistauglichkeit. Ohne bestimmte Phrasen genau zu kennen bzw. auszusprechen ist der Assistent kaum produktiv einzusetzen. Das führte auch dazu, dass ich ihn, abgesehen von bewusstem Ausprobieren, im Alltag so gut wie nie einsetzte.

Die Kamera

Einer der größten Nachteile der bisher erschienenen Nexus-Phones war die zumeist unzufriedenstellende Kameraleistung. Die Mängel lagen in der Regel nicht bei der Hardware, sondern in der Software. Obwohl teilweise idente Bildsensoren wie in anderen High-End-Handys verwendet wurden, schafften die Nexus-Handys in der Praxis nie mit Samsung, Sony oder anderen Konkurrenten mitzuhalten.

Beim Pixel soll nun alles besser werden. Die Kamera basiert auf einem Bildsensor mit der Größe 1 /2.3 Zoll und einer maximalen Blende von f2. Die maximale Auflösung liegt bei 12,3 Megapixeln. So weit so unspektakulär. Wirklich bemerkenswert ist aber, was die Software auf Basis dieser Bauteile macht. Google selbst spricht von der “besten Smartphone-Kamera, die jemals gebaut wurde” und wird auch in Labortests bestätigt. Bei DxOMark erreichte das Pixel den höchsten Wert, den je ein Smartphone zustande brachte.

Die herausragende Kameraleistung konnte ich in meinem Test durchaus bestätigen. Das Pixel schafft es nahezu in jeder Lichtsituation ein ansehnliches Foto zu kreieren. Die Farben sind kräftig, aber nicht übertrieben satt, die Kontraste sind markant, ohne unnatürlich zu wirken. Die Geschwindigkeit beim Auslösen ist beeindruckend, auch dann, wenn das Umgebungslicht nicht mitspielt.

(die Testfotos sind zum Teil im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien entstanden, wo am 10. November der futurezone Day stattfindet)

Verwacklungsgefahr

Ein wenig vermisse ich nur einen optischen Bildstabilisator. Wenn man in der Bewegung oder beim Gehen Fotos schießt, werden sie aus diesem Grund relativ oft verwackelt. Angesichts der ansonsten hervorragenden Bildqualität konnte ich das im Test relativ gut verschmerzen. Außerdem funktioniert der (softwareseitige) Bildstabilisator bei Videos außerordentlich gut. Selbst beim Gehen oder beim Radfahren kann man freihändig schöne Videos mit minimalen Verwacklungen erzeugen.

Jeder Pixel-Käufer erhält übrigens unbegrenzten Speicherplatz bei Googles Foto-Dienst Fotos. Jedes Foto, das mit dem Handy gemacht wird, wird dort in voller Auflösung wahlweise dauerhaft abgesichert und gespeichert.

Fazit

Google hat mit dem Pixel möglicherweise das beste Android-Handy abgeliefert, das es derzeit am Markt gibt. Schwächen des Gerätes muss man fast mit der Lupe suchen. Sogar das für Google vielleicht etwas leidige Thema Kamera bzw. Kamera-Software wurde außerordentlich gut gemeistert. Aber auch abgesehen davon stimmt einfach nahezu alles, von der Verarbeitung über das Display bishin zur Akkulaufzeit und der Geschwindigkeit.

Unterm Strich ist es lediglich der Preis, der einen kleinen Schatten über das Pixel wirft: Das Handy wird in der kleineren Variante ab 759 Euro (32 Gigabyte) erhältlich sein. Die XL-Variante kostet in der 32-Gigabyte-Ausführung 899 Euro und 1009 Euro in der 128-Gigabyte-Ausführung.

Mit dem starken Fokus auf die Marke und der Preispolitik folgt man dem Konzept, das Apple bereits seit Jahren mit den iPhones betreibt. Ein wichtiger Unterschied zu Apples-Konzept besteht jedoch: Gerade in der Android-Welt ist es eigentlich nicht nötig, knapp 800 Euro für ein Handy zu bezahlen. Spitzenmodelle von Herstellern wie Huawei, OnePlus oder Xiaomi bieten vergleichbare Leistung im gleichen Ökosystem zu einem weitaus günstigeren Preis. Zwar muss man dann zumeist mit einem vom Hersteller angepassten Android und einer nicht ganz so guten Kamera leben, bezahlt aber gleichzeitig auch ein paar hundert Euro weniger dafür.

Es muss sich jeder potenzielle Pixel-Käufer also die Frage stellen, ob man darum nicht zu den Alternativen greift. Argumente wie Stock-Android oder schnelle Updates können wohl nur einen kleinen Teil der Nutzer von dem hochpreisigen Pixel-Handy überzeugen.

Derzeit ist das Pixel offiziell nicht in Österreich erhältlich, ein Starttermin wurde noch nicht bekannt gegeben.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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