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Magenta Gigabit im Test: So schnell ist das Internet wirklich

Gigabit-Geschwindigkeit für Privatkunden war lange Zeit nur ein Traum für Speedtest-Junkies. Mit der Fusionierung von UPC und T-Mobile zu Magenta ist dieser Meilenstein jetzt erreicht. Für 100 Euro im Monat (90 Euro für MagentaEins-Kunden) gibt es den Tarif „Internet 1000“ und „TV L + Internet 1000“. Dieses verspricht 1000 Mbit pro Sekunde Download und 50 Mbit pro Sekunde Upload.

„Bullshit“, schießt es da wahrscheinlich einigen Usern durch den Kopf, die sich an UPC-Störungen und Internetgeschwindigkeiten erinnern, die nicht einmal die Hälfte der versprochenen Leistung erreicht haben. Tatsächlich handelt es sich bei dem Gigabit-Tarif auch nur um eine „bis zu“-Angabe. Magenta gibt in seinen Entgeltbestimmungen die durchschnittliche Geschwindigkeit mit größer/gleich 600 Mbit Download und 30 Mbit Upload an – also nur 60 Prozent der versprochenen 1000 Mbit Download und 50 Mbit Upload.

Neues Modem

Zum neuen Tarif gehört auch ein neues Modem. Das bisherige, weiße UPC-Modem schafft nur 500 Mbit Download. Das neue Modem ist wieder zum Aufstellen gedacht, kann aber auch hingelegt werden. Dann sollte aber links und rechts ein paar Zentimeter Abstand sein, damit die Kühlung ausreichend funktioniert.

Wie das normale UPC/Magenta-Modem hat es vier Ethernet- und zwei Telefonanschlüsse, sowie eine Ein-Aus-Taste und einen WPS-Knopf. Das Netzteil ist größer als beim normalen Modem, lässt sich durch die flache Bauweise aber unter dem Fernsehkasten oder anderem Mobiliar verstecken.

Die Installation des Modems kann auf Wunsch selbst vorgenommen werden. In meinem Fall kam ein Magenta-Techniker vorbei, um vorher die Leitungen in der Wohnung zu überprüfen. Die Anschlüsse waren ok, sicherheitshalber wurde das Antennenkabel wegen eines Knicks getauscht. Der Test fand in einer Wohnung in 1150 Wien statt.

Auffällig ist, dass das 1-Gigabit-Magenta-Modem länger zum Neustarten braucht, als das alte UPC-Modem. Eigenartig ist auch, dass die Magenta-WiFree-Funktion aktiv bleibt, wenn über die Einstellungen die WLAN-Funktion des Modems deaktiviert wird (Bridge-Modus). Überhaupt scheint es Probleme mit WiFree zu geben. Nachdem ich dies im Magenta-Serviceportal deaktiviert habe, war es noch mehrere Tage aktiv (statt bis zu einem Tag, wie es auf der Magenta-Website steht). Danach war es zwar ausgeschaltet, aktivierte sich aber wieder selbstständig nach einem Modem-Neustart.

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Messmethode

Über den mehrwöchigen Testzeitraum wurden mehrmals täglich Messungen vorgenommen. Dabei wurden verschiedene Endgeräte genutzt, sowie der Nighthawk AX8 Router. Dieses ist ein Spitzenmodell von Netgear und unterstützt den neuen Standard WiFi6, auch bekannt als 802.11ax.

Der Router kann über die App und seine Konfigurations-Software die Geschwindigkeit direkt am Modem messen. Die Ergebnisse stimmten mit den Messungen des neuen Messgeräts der Magenta-Techniker überein (das 10.000 Euro pro Stück kostet). Dieses misst die Geschwindigkeit direkt über die Leitung, ohne dazwischen gestecktes Modem – es zeigt also die maximal mögliche Geschwindigkeit an. Da der AX8 dieselben Ergebnisse lieferte, war das für mich die Möglichkeit, immer die maximal mögliche Geschwindigkeit zu messen.

Auf den Endgeräten wurde die Geschwindigkeitsmessung mit den Web-Versionen des RTR Speedtest und Ookla Speedtest (verschiedene Server) durchgeführt. Bei den Smartphones wurden die Apps der beiden Speedtests genutzt.

Die Geschwindigkeit

Die langsamste Geschwindigkeit waren 833 Mbit, um 11:07 Uhr am 30.5. (Christi Himmelfahrt). Und selbst das war ein Ausreißer.

Die zweit- und drittlangsamste Geschwindigkeit waren 914 Mbit (08:37 Uhr, ebenfalls am 30.5.) und 922 Mbit (16:32 Uhr, 2.6.). 75 Prozent der gesamten Messungen lagen zwischen 925 und 927 Mbit, der Höchstwert war 927,39 Mbit. Die Uploadgeschwindigkeit war konstant bei 50 Mbit, in allen Messungen.

Die 1000 Mbit wurden also nicht erreicht. Dafür sind aber die von Magenta pessimistisch geschätzten 600 Mbit im Tagesdurchschnitt auch weit weg von der Realität gewesen.

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Der Flaschenhals

Was bringt diese Geschwindigkeit also in der Praxis? Möglicherweise nicht das, was sich einige erhoffen. Wie viel von den gemessen 927 Mbit tatsächlich bei Notebook, PC oder Smartphone ankommen, variiert stark.

Der direkte Ethernet-Anschluss ans Modem sollte für Stand-PCs und Notebook die höchste Geschwindigkeit bringen. Aber auch das gilt nur für bestimmte Geräte. So schaffte mein Stand-PC, ein etwas älteres Modell mit einem üblichen 1-Gigabit-Netzwerkadapter, durchschnittlich 405 Mbit/s Download beim RTR Netztest. Der Höchstwert war 490 Mbit, der Tiefstwert 280 Mbit. Beim Ookla Speedtest waren es im Durchschnitt 462 Mbit, mit einem Höchstwert von 517 Mbit.

Ein jüngeres, etwa drei Jahre altes Gaming-Notebook von Asus, performante aus nicht nachvollziehbaren Gründen schlecht. Beim RTR Speedtest wurde bei 160 Mbit abgeriegelt. Beim Ookla Speedtest waren es durchschnittlich 236 Mbit, mit maximal 250 Mbit.

Übertragungsrate

Theoretisch sollte es mit nahezu allen Computern mit Ethernet-Stecker möglich sein, die nahezu maximale Geschwindigkeit zu erreichen. Denn selbst ältere Netzwerk-Adapter unterstützen bis zu 1 Gigabit.

In den Adapter-Optionen von Windows 10 (Systemsteuerung, Netzwerk und Internet, Netzwerkverbindungen, dann Doppelklick auf Ethernet) sieht man die maximal mögliche Übertragungsrate. Dies kann man auch bei WLAN-Verbindungen machen.

Das Asus-Gaming-Notebook zeigte hier etwa eine maximale Übertragungsrate von 866 Mbit/s an. Im Speedtest waren 167 Mbit/s aber das höchste der Gefühle. Selbst wenn also die Hardware theoretisch hohe Geschwindigkeiten unterstützt, kann es durch Treiber, Software oder andere Probleme zu Situationen kommen, in denen die Gigabit-Verbindung nicht das volle Potenzial ausschöpfen kann.

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Reguläres UPC/Magenta-Modem und Gigabit-Modem

WLAN ist nicht gleich WLAN

Prinzipiell gilt: Je neuer das Gerät, desto höher die Chance auf eine hohe Übertragungsrate. Für diese Tests habe ich ein Samsung Galaxy S10+ genutzt und ein iPhone Xs Max. Ich habe die Tests mit verschiedenen WLAN-Modems/Routern durchgeführt, alle auf dem leistungsstärkeren 5-Ghz-Band. Getestet wurde das Mesh-WLAN Netgear Orbi, das Magenta-Modem und der Netgear Nighthawk AX8.

Das Samsung Galaxy S10 ist eines der ersten Smartphones, das WiFi6 unterstützt. Im Verbindung mit dem Nighthawk AX8, der ebenfalls WiFi6 unterstützt, wurden sehr gute Geschwindigkeiten erreicht. Im RTR-Speedtest waren es durchschnittlich 757 Mbit/s, mit dem Höchstwert 770 Mbit/s. Im Ookla-Speedtest waren es 809 Mbit/s, Höchstwert 814 Mbit/s.

Obwohl das Magenta-Modem für den Gigabit-Anschluss gedacht ist, unterstützt es kein WiFi6. Dementsprechend geringer fallen die Messungen mit dem S10 aus. Der RTR-Netztest liefert durchschnittlich 445 Mbit/s, der Ookla-Speedtest 437 Mbit/s.

Das Mesh-WLAN Netgear Orbi unterstützt ebenso kein WiFi6, ist aber dennoch etwas leistungsstärker als das Magenta-Modem. Der RTR-Test liefert durchschnittlich 453 Mbit/s. Der Ookla-Speedtest 601 Mbit/s.

iPhone Xs

Das iPhone Xs wurde für den Test herangezogen, weil es bekannt für seine gute WLAN-Leistung ist, obwohl es kein WiFi6 unterstützt. Selbst ohne WiFi6 liefert das WLAN des Nighthawk AX8 die besten Geschwindigkeiten. Der Durchschnitt beim RTR-Test ist 610 Mbit/s, beim Ookla-Speedtest 628 Mbit/s.

Das Magenta-Modem liefert bei den Messungen mit dem iPhone Xs durchschnittlich 400 Mbit/s, der Ookla-Speedtest 361 Mbit/s. Der Höchstwert war 428 Mbit/s. Beim Netgear Orbi Mesh-WLAN sind es im RTR-Test 463 Mbit/s, beim Ookla-Speedtest 497 Mbit/s. Höchstwert: 593 Mbit/s.

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Fazit

Mit 927 Mbit/s liefert der Gigabit-Tarif von Magenta nahezu das, was der Name verspricht. Positiv überrascht war ich davon, dass die Geschwindigkeit konstant hoch war, unabhängig von Wochentag und Tageszeit. Auch zu Peak-Zeiten waren es, mit einem Ausreißer, immer über 900 Mbit/s.

Will man aber diese Leistung voll ausschöpfen, braucht man einen vernünftigen Router und die entsprechenden Endgeräte – egal ob diese per Ethernet oder WLAN verbunden werden.

Der zweite Vorteil von so viel Bandbreite ist, dass mehrere User gleichzeitig die hohe Geschwindigkeit nutzen können. Ein Beispiel: Bei 900 Mbit/s könnten 36 Personen zeitgleich Netflix in 4K schauen. Lebt man also in einem größeren Haushalt voller Internet-Speed-Junkies, werden die sich über den Gigabit-Tarif freuen. Vielleicht können die dann auch mitzahlen, damit die 100 Euro monatlich nicht so stark schmerzen.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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