So schlägt sich 5G in der Praxis
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Von "gefährlich und unnötig" bis hin zu "zukunftsweisend und längst überfällig" sind Bemerkungen, die man häufig hört, wenn es um 5G geht. Den Abschluss einer solchen Diskussion bildet meist die Frage "... und was bringt's?". Genau das wollten wir herausfinden und haben das 5G-Netz in Wien einem Praxistest unterzogen. Ein Erfahrungsbericht:
Die Voraussetzungen für einen solchen Test waren von vornherein klar: Die 5G-Netze der drei großen Mobilfunkanbieter – A1, Drei und Magenta – befinden sich erst im Aufbau. Dementsprechend lückenhaft ist die 5G-Abdeckung derzeit noch. Daran anknüpfend ist auch klar, dass die aktuellen 5G-Netze noch lange nicht so leistungsfähig und stabil sind, wie ein fertig ausgebautes Mobilfunknetz. Dennoch geben auch die aktuellen 5G-Verbindungen einen Vorgeschmack auf das so genannte "Netz der Zukunft".
So haben wir getestet
Mit entsprechenden 5G-SIM-Karten aller großen Mobilfunkanbieter – A1, Drei, Magenta – waren wir in Wien unterwegs und haben die Nähe zu 5G-Sendemasten gesucht.
Wir haben nicht allzusehr auf Messwerte geachtet. Wichtiger war uns, wie sich das 5G-Netz in der alltäglichen Smartphone-Verwendung schlägt.
Als Smartphones kamen ein Samsung Galaxy S20 Ultra 5G, sowie ein Huawei P40 Pro und ein ZTE Axon 10 Pro 5G zum Einsatz.
Wie sieht es mit der Verbindungsgeschwindigkeit aus?
Im heutigen LTE-Netz sind Verbindungsgeschwindigkeiten zwischen 30 und 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) üblich. Im derzeitigen 5G-Netz sind Datenraten zwischen 200 und 500 Mbit/s die Regel. In der Praxis heißt das, dass im LTE-Netz der Download eines 1 GB großen Videos ungefähr 3 Minuten dauert, im 5G-Netz dauert das Herunterladen derselben Datei lediglich 17 Sekunden.
Die Latenz (Verzögerungszeit) betrug bei unseren Messungen zwischen bestenfalls 12 ms und schlechtestenfalls 28 ms. Fängt man unterwegs irgendwo zufällig ein 5G-Netz ein, ohne darauf zu achten, dass man tatsächlich in der Nähe eines 5G-Sendemasten ist, wurden auch deutlich niedrigere Verbindungsgeschwindigkeiten von knapp unter 100 Mbit/s gemessen.
Von den technisch möglichen Maximalwerten von 10 Gbit/s (10.000 Mbit/s) ist man im 5G-Netz derzeit noch meilenweit entfernt. Die Maximalgeschwindigkeiten, die die Mobilfunker in ihren 5G-Tarifen anführen (siehe oben), werden aber von allen Anbietern erreicht.
Aktuelle 5G-Tarife
A1
Drei Tarife stehen zur Auswahl: von einer maximalen Downloadgeschwindigkeit von 100 Mbit/s bei 74,90 Euro monatlich, bis zu 300 Mbit/s für 99,90 Euro monatlich.
Drei
Der höchste Tarif geht bis zu 500 Mbit/s bei 99 Euro monatlich, der günstigste kostet 46 Euro im Monat mit maximal 200 Mbit/s.
Magenta
Downloadgeschwindigkeiten bis zu 350 Mbit/s kosten 80 Euro im Monat, maximal 250 Mbit/s kommen auf 60 Euro monatlich.
Wird das 5G-Netz noch besser?
Da der fortwährende Ausbau des 5G-Netzes von allen Mobilfunker forciert wird, ist davon auszugehen, dass die Dichte des neuen Netzes regelmäßig zunimmt. Ein flächendeckendes 5G-Netz ist also nur eine Frage der Zeit. Es ist auch davon auszugehen, dass ein feinmaschigeres 5G-Netz auch für höhere Verbindungsgeschwindigkeiten und niedrigeren Latenzzeiten deutlich zuträglich sein wird.
Merkt man mit 5G einen Unterschied am Smartphone?
Im Alltag ist die schnellere Verbindungsgeschwindigkeit zwar in manchen Situationen spürbar, macht aber nicht immer einen Unterschied. Bei Messenger-Diensten wie WhatsApp, beim Schreiben von Mails sowie beim Surfen durch das Netz kommen einem die 500 Mbit/s nicht wirklich zu Gute.
Gerade bei klassischen Webinhalten wird außerdem deutlich, dass der Flaschenhals die Webseite ist und weniger die Geschwindigkeit der Internetverbindung. Während die Verbindung zur Webseite längst hergestellt ist, dauert es ein paar Sekunden, bis die Webseite fertig aufgebaut ist.
Wie sieht es auf Instagram, Facebook und TikTok aus?
Im Gegensatz zu herkömmlichen Webinhalten lassen sich Plattformen wie Instagram, TikTok, Facebook und Twitter im 5G-Netz wesentlich flüssiger bedienen als dies im LTE-Netz der Fall ist. Wer beispielsweise auf Facebook im 4G-Netz rasch nach unten scrollt, wird immer wieder vor einem Ladebalken landen. Dann vergehen ein paar Sekunden bis die neuen Inhalte geladen sind.
Bei einer stabilen und leistungsfähigen 5G-Verbindung bekommt man diesen Ladebalken praktisch nie zu Gesicht. Meistens war sogar ein unendliches Scrollen ohne merkbare Ladezeiten möglich. Auch wenn man eine Facebook-Page oder eine Event-Seite aufruft, werden diese praktisch in Echtzeit ohne Verzögerung geladen. Klickt man allerdings auf eine externe Webseite, landet man wieder beim genannten Problem, dass die Webseite langsamer als die Internetverbindung ist.
Werden Videos tatsächlich schneller geladen?
Startet man ein YouTube-Video mit der höchstmöglichen Auflösung (meist 1080p, weil die meisten Handy-Displays kein 4K darstellen können), wird der Clip quasi in Echtzeit geladen. Auch wenn Videoclips bei einer leistungsfähigen LTE-Verbindung schnell laden, geht dies im 5G-Netz noch flüssiger über die Bühne.
Was aber im Praxistest als ein wesentlicher Unterschied zum 4G-Netz aufgefallen ist, ist das Scrollen in Videos. Springt man willkürlich an irgendeine Stelle im Clip, egal ob auf YouTube, Netflix oder Disney+, startet die Wiedergabe nahtlos. Es fühlt sich so an, als wäre das Video lokal auf dem Gerät gespeichert. Bei einer herkömmlichen LTE-Verbindung sind hier Verzögerungen die Regel.
Funktioniert Mobile-Gaming nun wirklich besser?
Wer am Handy hauptsächlich Candy Crush, Clash of Clans, Sudoku oder ähnliches spielt, wird keinen Unterschied zwischen 4G und 5G bemerken. Wer allerdings aufwändige Mehrspieler-Shooter wie Fortnite oder PUBG zockt, wird feststellen, dass das Spiel ein wenig flüssiger läuft.
Nach einer Runde PUBG - sowohl im 4G- als auch im 5G-Netz - waren die Unterschiede eher marginal. Der größte Unterschied bei Gaming-Apps im 5G-Netz war nicht beim Spielerlebnis, sondern beim Download der Apps auszumachen.
Wie schnell ist der Download?
Aufwändige Gaming-Apps sind schon mal mehr als 1 GB groß. Mit einer stabilen 5G-Verbindung ist eine solche Datei vom Google Play Store rasch heruntergeladen. Je nach Verbindung kann das im LTE-Netz schon einiges an Zeit in Anspruch nehmen.
Ähnlich wie bei Websites kommt es beim Download von Dateien im 5G-Netz hauptsächlich auf die Quelle an. Lädt man Inhalte von Netflix, Spotify oder Google auf das Gerät, geschieht dies wesentlich schneller, als wenn man von einem kleinen Server eine große Datei herunterlädt.
Wie sieht es mit dem Akku-Verbrauch aus?
Ein großer Unterschied, der im Praxistest noch aufgefallen ist, ist der Akku-Verbrauch. Der Akku eines Smartphones im 5G-Netz ist auffallend schnell leer. Bei intensiver 5G-Nutzung wurden die Smartphones auch spürbar wärmer, als im 4G-Netz.
Hier bleibt zu hoffen, dass die Handy- und Chip-Hersteller ihre 5G-Modems noch effizienter gestalten. Mit der zunehmenden Verbreitung von 5G-Smartphones ist davon ohnehin auszugehen.
Und, was bringt 5G nun?
Der Praxistest hat gezeigt, dass sich die Vorteile von 5G gegenüber 4G am Smartphone in Grenzen halten. Vielmehr werden Industrie- und Business-Kunden von 5G profitieren und darauf neue Business-Modelle aufbauen können.
Nach einer mehrwöchigen 5G-Nutzung hat sich bestätigt, was eigentlich von vornherein klar war: "Für Smartphones ist 5G vermutlich nicht der Riesenschritt", meinte Stefan Schwarz, Leiter des Christian-Doppler-Labor für zuverlässige drahtlose Konnektivität an der TU Wien im futurezone-Gespräch Anfang 2019. "Das Ziel von 5G ist es, mit Mobilfunk mehr zu können, als Smartphones zu bedienen. Es geht darum, neue Geschäftsfelder zu erschließen."
Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass ein feinmaschigeres 5G-Netz wesentlich effizienter mit Netzkapazitäten umgehen kann als dies bei 4G der Fall ist. Insofern werden sich die Vorteile für Smartphone-Nutzer erst dann so richtig zeigen, wenn das 5G-Netz ausgebaut ist und im Vollbetrieb gefahren wird.
Auch wenn aktuell im LTE-Netz alles relativ schnell läuft, kommt es doch immer wieder zu kleineren Verzögerungen, die bei einer stabilen 5G-Verbindung passé sind. Wenn bei der Online-Nutzung vieles ohne Verzögerung und komplett nahtlos funktioniert, steigt die Vorfreude auf das "Netz der Zukunft". Am Ende bleibt zurück, dass das "Netz der Zukunft" tatsächlich erst in der Zukunft Realität sein wird.
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