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Smart Home, Fernseher und BMW: Die Tops und Flops der CES 2023

Mehr als 115.000 Menschen haben zwischen 4. und 8. Jänner die Hallen der CES in Las Vegas besucht. Geboten war viel, überall wurden neue TVs, Autos, VR- und AR-Geräte und Smart-Home-Lösungen präsentiert. Wir waren vor Ort und haben uns einen Überblick verschafft, was wirklich innovativ und was nur Effekthascherei war.

Highlights: 

  • Kabelloser TV von Displace
  • Smart-Home-Standard Matter 
  • Barrierefreiheit: PS5-Controller Leonardo
  • Start-up-Projekte wie Lebensmittel-Scanner von One Third
  • Kompaktes Teleskop von Unistellar

Fails: 

  • BMW i Vision Dee
  • ASKAs eVTOL
  • Zu riesige Fernseher
  • Amazon Astro

Top: Kabellose Fernseher

Bei Fernsehern geht nach wie vor der Trend zu Geräten, die ein bisschen größer und ein bisschen besser sind als die vorherigen (siehe Flops). Neue Konzepte musste man mit der Lupe suchen, aber ich habe sie gefunden: z.B. der komplett kabellose 55-Zoll-TV der Firma Displace.

Strom erhält er über austauschbare Akkus. Verbindet man mehrere Monitore ebenfalls kabellos miteinander, kann man sie auf bis zu 16k hochskalieren. Auf eine Fernbedienung wird verzichtet, stattdessen erkennt eine kleine Kamera Handbewegungen.

Der Displace-TV soll auf allen Flächen halten und die Hersteller präsentierten eine Methode, ihn mit Saugnäpfen ans Fenster zu hängen. Ob man das aber wirklich mit einem Gerät machen möchte, das ungefähr 3.000 Euro kosten soll, ist fraglich.  

Auch LG hat einen kabellosen TV präsentiert, den LG Signature OLED M3 mit 97 Zoll. Obwohl "Wireless" draufsteht, ist er das nicht, denn er hat ein Stromkabel. Lediglich die HDMI, USB, Ethernet und weitere Verbindungen werden in eine Box ausgelagert. Statt der Kabel hat man also ein zusätzliches Gerät zu Hause, das kann man aber zumindest im Schrank verstecken. Auch hier wird man mit mindestens 3.000 Euro rechnen müssen. 

Top: Der neue Smart-Home-Standard matter

Viel Raum hat der Smart-Home-Standard „matter“ eingenommen. An vielen Ständen – unter anderem von Samsung, Amazon und Google – wurde gezeigt, wie viel einfacher es zukünftig wird, Glühbirnen, Thermostate, Steckdosen und Lautsprecher verschiedenster Firmen miteinander kommunizieren zu lassen.

Egal ob man ein Android-Handy oder ein iPhone hat, man soll alle Geräte unkompliziert einrichten und einfach steuern können. So wird den Konsumenten mehr Freiheit gegeben, wirklich das Produkt zu kaufen, das sie möchten und nicht das, das eben kompatibel ist (mehr dazu lest ihr hier). 

Top: Barrierefreiheit

Ein nicht unwesentlicher Faktor war dieses Jahr die Barrierefreiheit. Besonders prominent war das bei Sony PlayStation zu sehen. Sie haben mit „Leonardo“ ihren längst überfälligen Controller für Menschen mit Behinderung vorgestellt. Die Tasten lassen sich dabei auf einer runden Plattform individuell den eigenen Bedürfnissen entsprechend anpassen. Für die Xbox ist ein solches Gerät schon seit 2018 auf dem Markt, nun zieht Sony auch für die PS5 nach. 

Samsung zeigte ebenfalls Neuerungen zur Barrierefreiheit: Ihr Relumino-Konzept soll Menschen mit Seheinschränkungen helfen, Bilder besser zu erkennen. Dafür werden Kontraste, Farben und Ränder verstärkt.

Top: Start-ups

Neben all den großen Firmen brachten vor allem Start-ups wirklich gute neue Ideen. Eine stammt von One Third aus den Niederlanden. Ihr Scanner ermittelt den Reifegrad von Obst und Gemüse, ohne dass diese geschält werden müssen. Das soll einerseits Supermärkten dabei helfen, die Produkte vorab sortieren zu können, andererseits beim Einkaufen die Menschen davon abhalten, auf Avocados zu drücken. Ziel ist es,  dass weniger Lebensmittel weggeworfen werden müssen. 

Viel Aufsehen erregten auch German Bionic. Sie präsentierten ihre neuesten Exoskelette. Wie ein Rucksack sitzen sie auf dem Rücken. Dieser wird beim Aufheben von Gegenständen um bis zu 30 kg entlastet. Arbeiter*innen, die tagtäglich schwer heben müssen, sollen damit unterstützt werden.

Ebenfalls interessant ist die RefresherBoxx, eine Waschmaschine, die ohne Wasser auskommt. Die Textilien werden stattdessen bestrahlt und töten Mikroorganismen ab, die für üble Gerüche sorgen. Das soll nur 30 Minuten dauern und spart nicht nur Wasser, sondern schickt auch keine Chemikalien in den Abfluss.

Top: Kompaktes Teleskop von Unistellar

Mein ganz persönliches kleines Highlight war das nutzer*innenfreundliche Teleskop eQuinox 2 der französischen Firma Unistellar. Es ermöglicht allen Astro-Begeisterten die Beobachtung von Galaxien, Nebeln, Planeten und Kometen ohne technische Einstiegshürde. Das Versprechen: Auch in Gebieten mit hoher Lichtverschmutzung soll das Teleskop großartige Beobachtungen machen. Kamera und motorisierter Tracker sind bereits integriert.

Gesteuert wird das Teleskop über eine App. Man wählt aus, was man am Himmel beobachten will und die App sucht sich das Ziel direkt auf der Online-Datenbank und richtet das Teleskop aus. Anschließend wird das Foto mit der gewünschten Belichtungszeit aufgenommen und mithilfe der integrierten Software verbessert.

Mit knapp 2.500 Euro ist das Gerät natürlich teuer. Überlegt man, wie viel Equipment man braucht, um mit einem klassischen Teleskop diese Beobachtungen zu unternehmen, ist der Preis wieder in Ordnung - vorausgesetzt, es hält, was es verspricht.

Flops: BMW i Vision Dee

Viel Aufsehen erregte die „Neue Klasse“ von BMW, die mit einem umfassenden Konzept die nächste Fahrzeuggeneration präsentierte. Das heißt, man kann mit dem Auto sprechen und es antwortet wie in der Serie Knight Rider - allerdings mit einer Frauenstimme, wie sollte es auch anders sein. Das war schon bei der Ankündigung wirklich unangenehm zu beobachten:

Innen findet man so gut wie keine Knöpfe oder Bildschirme mehr. Alles wird digital projiziert. Informationen wie Wegbeschreibungen, Geschwindigkeit- und Tankanzeige findet man dann am unteren Rand der Windschutzscheibe. Außen wurde das Konzeptauto mit E-Ink versehen, deren Farben und Muster sich per Knopfdruck wechseln lassen. 

Zumindest Letzteres wird es in absehbarer Zeit kaum zur Serienreife schaffen. Der Rest ist nett - aber so wirklich innovativ ist das nicht. Alles gab es schon so oder so ähnlich mal. Nimmt man die ganzen Buzzwords und die schönen bunten Farben weg, steht da im Endeffekt wieder einfach nur ein Auto, das sich ein paar wenige reiche Menschen werden leisten können.

Generell hat man bei der CES noch nicht gehört, dass neben dem Individualverkehr auch noch andere Optionen der Fortbewegung bestehen, die man modernisieren könnte. Immerhin gabs ein paar Stände, die alternativ E-Bikes zeigten, aber das Privatauto stand ganz klar im Vordergrund. 

Flop: ASKAs eVTOL

So auch beim US-Unternehmen ASKA. Sie haben einen Viersitzer vorgestellt, der vollelektrisch sowohl auf der Straße fahren als auch fliegen kann. Klingt erst mal toll und ich hatte mich sehr darauf gefreut, das eVTOL live zu sehen. 

Das eVTOL von ASKA kann zum Fahren die Flügel einklappen

Als ich dann davor stand, kam die Ernüchterung: Ich überhörte ein Gespräch zur Zielgruppe des Fluggeräts. Das sind nämlich nicht, wie ich dachte, der Nahverkehr, wo es als Flugtaxi eingesetzt werden könntet. Sondern es soll Superreiche ansprechen, die von einem Grundstück zum nächsten reisen möchten, ohne im Stau zu stehen. Schade.

Flop: Riesige TVs (LG)

LG hat dieses Jahr wirklich mit nichts gespart, vor allem nicht beim Strom. Groß und viel war das Motto, sei es bei der Horizon-Installation mit 260 gebogenen 55-Zoll-Displays oder bei dem weltgrößten 136-Zoll-Micro-LED-TV. Es scheint, als klammere man sich verzweifelt an der überholten Behauptung fest, wer den größten TV habe, sei am erfolgreichsten. 

LGs riesige Videoinstallation "Horizon"

Wahr ist eher, dass viele Menschen (zumindest ich) niemals einen Raum haben werden, in dem dieser TV überhaupt hängen könnte. Anstatt sich also intensiver mit neuen Methoden zu befassen, den dunklen schwarzen Kasten durch eine clevere Lösung (z.B. durchsichtige Modelle) weniger störend zu gestalten, macht man's halt noch ein kleines bisschen größer als früher. 

Flop: Amazon Astro

Wer sich übrigens überteuerte Autos und übertrieben große TVs leisten kann, für den oder die habe ich noch einen ganz heißen Tipp, schnell und sinnlos Geld zu verbrennen: Amazons Astro. Der kleine Roboter guckt wahnsinnig niedlich und das war's dann auch schon. 

"Astro, warum verstehst du nicht, was ich von dir will?"

Mehrere Mitarbeiter*innen haben bei einer Präsentation auf das Robo-Vieh eingeredet, bis es völlig verwirrt abgestürzt ist. Danach hat es seine Bandbreite an Fähigkeiten gezeigt: Es fährt an bestimmte Orte, es erzählt einen Witz, es mach ein Foto, es patrouilliert den Hausflur, es fährt den Besitzer*innen hinterher. 

Das ist gruselig und mir ist noch nicht klar, was da jetzt die bahnbrechende Neuerung sein soll. Wenn Astro wenigstens noch saugen oder wischen würde, wenn er schon in der Gegend herumfährt - ok. Aber so ist das ein Spielzeug für ganze 1.000 Euro, das ziemlich sicher nach ein paar Wochen irgendwo traurig in der Ecke wartet, bis sich jemand daran erinnert, dass es mal gekauft wurde.

Als Alternative gibt es übrigens für 336 Euro auf der Seite indigogo den noch viel niedlicheren Loona Pet-Roboter. Sie ist wirklich nur zum Spielen da, lässt sich am Kopf kraulen, wackelt mit den Öhrchen und erkennt Gesichter. Sie kann aber auch patrouillieren und neue Funktionen lassen sich mit einfach verständlichen Methoden per Drag&Drop programmieren. 

Disclaimer: Die Reisekosten für die CES 2023 wurde vom Digitalstaatsministerium übernommen.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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