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eVscope 2 im Test: Dieses Teleskop wird per Smartphone gesteuert

Das eVscope 2 funktioniert auf dem Land und in der Stadt, solange das Wetter mitspielt

Die Faszination für den Weltraum und das Sternebeobachten hat rasant zugenommen. Um Fotos bunter Nebel und detailreicher Spiralarme von Galaxien zu machen, ist aber viel Equipment, Wissen und eine Umgebung ohne Lichtverschmutzung notwendig.

Gerade für Einsteiger*innen ist das oft überfordernd. Um die Sternenbeobachtung für Menschen überall einfach zugänglich zu machen, bietet die französische Firma Unistellar mit dem eVscope 2 ein kompaktes, digitales Teleskop an. Ich habe es getestet.

Ich nehme es gleich vorweg: Das Gerät kostet regulär 4.499 Euro (aktuell wird es für 3.999 Euro angeboten). Das ist enorm viel Geld. Ob es mit dem eVscope 2 gut angelegt ist, ist Ansichtssache. Ich finde aber, das Teleskop macht viel Spaß.

Kompaktes Teleskop

Mein Test-Gerät wurde zusammen mit dem getrennt erhältlichen Rucksack geliefert, in dem ich das Teleskop sehr viel herumgetragen habe. Darin ist es sicher verstaut und es lässt sich trotz seines Gewichts von 9 kg auch über weitere Strecken gut transportieren. So konnte ich es mit aufs Land nehmen und in der Stadt austesten, ohne dass es ein großes Hindernis gewesen wäre.

Nur weil das Teleskop einen Großteil der Arbeit abnimmt, bedeutet das nicht, dass man völlig unbeteiligt mit dem Handy daneben steht. Im ersten Schritt muss das Teleskop ausgerichtet werden. In der Begleit-App gibt es eine Fernsteuerung mit einem virtuellen Joystick, über den man es manuell bewegen kann. Vom Teleskop selbst lässt man am besten die Finger, nachdem es einmal ordentlich steht.

Endgegner Wind

Das Teleskop erkennt anhand eines Himmelsabschnitts seine eigene Position. Danach kann der integrierte Katalog genutzt werden, in dem mehr als 5.000 Objekte gespeichert sind. Man wählt eines der sichtbaren Objekte aus und das Teleskop richtet sich darauf aus. Das nennt sich in der Astronomie "Go To", also "Gehe zu", und wird auch für analoge Teleskope angeboten.

Cool ist, dass bis zu 10 Smartphones und Tablets gleichzeitig mit dem Teleskop verbunden werden können. Eine Person steuert, die anderen können das Bild auf ihrem Gerät mitbeobachten. Man kann auch durch das kleine Okular schauen. Dahinter verbirgt sich ein Mini-OLED-Display von Nikon, das jenes Bild anzeigt, das auch über die App sichtbar ist.

Das Stativ muss immer kleinlich nach der integrierten Wasserwaage ausgerichtet werden. Ist das nicht der Fall, gibt es Probleme bei der Ausrichtung und Ziele können nicht gefunden werden. Das Teleskop ist sehr empfindlich, was man vor allem in Wien zu spüren bekommt. Starker Wind sorgt dafür, dass die wichtigste Funktion des Teleskops, "Enhanced Vision", nicht funktioniert.

Hierbei handelt es sich um ein Prinzip, das alle Astro-Fotograf*innen anwenden, nämlich das "Stacking", also Übereinanderlegen von Bildern. Aktiviert man die Funktion, fokussiert das Teleskop auf ein Ziel, etwa die Zigarrengalaxie oder den Flammennebel, und nimmt über die Zeit immer mehr Licht auf. So werden mehr Sterne und mehr Details sichtbar, die man mit bloßem Auge nicht erkennen würde. Wie mir von den Herstellern versichert wurde, werden die Bilder nicht mit Bildmaterial aus dem Internet verbessert, sondern geben wieder, was tatsächlich sichtbar ist.

Lichtverschmutzung ist kein Problem

Das Ergebnis ist erstaunlich, auch wenn man das Teleskop im lichtverschmutzten Wien auf der Dachterrasse des futurezone-Büros aufstellt. In der App stellt man ein, dass man sich in der Stadt befindet und wie groß der Sichtbereich des Teleskops ist. Die Software verstärkt dann nicht nur die Details von beobachteten Objekten, sondern rechnet die Lichtverschmutzung heraus. Wo es schwierig ist, mit bloßem Auge auch nur ein paar Sterne zu erkennen, geschweige denn Galaxien, eröffnet sich einem plötzlich der Kosmos. Mich hat das verblüfft. 

In der App selbst lassen sich dann noch Einstellungen bei der Helligkeit und dem Kontrast vornehmen. Will man Planeten oder den Mond beobachten, muss man hier viel herumprobieren, damit das Bild nicht zu hell ist. Die Aufnahmen werden dann auf dem Handy oder Tablet gespeichert. Am Computer sieht man, dass die Qualität mit 7,7 MP noch ein bisschen besser sein könnte. Allerdings muss man für ein gutes Ergebnis auch immer darauf achten, dass das Teleskop perfekt scharfgestellt und ausreichend an die Umgebungstemperatur angepasst ist. Ist es noch zu warm, können Hitzefragmente (rote Flecken) aufscheinen. 

Ausfahrt aufs Land

Fährt man ein bisschen weiter aus der Stadt heraus, werden immer mehr Objekte im Katalog auffindbar. In Niederösterreich auf einem Feld sieht man plötzlich die Antennae-Galaxien und die Pinwheel-Galaxie. Kleiner Tipp: Taschenlampe mitnehmen. Wenn man im dunklen Feld ganz ohne Lichtverschmutzung das Teleskop aufbaut, hilft es, mit einer Taschenlampe die Wasserwaage anzuleuchten.

Bei der Exkursion aufs Land habe ich festgestellt, dass die Magie hier begrenzt ist. Gerade an sehr dunklen Orten macht es kaum einen Unterschied, ob ich eine Galaxie nun 5, 10 oder 20 Minuten beobachte. Häufig lässt sich schon nach 2 bis 3 Minuten ein gutes Ergebnis erzielen. Mit dem Akku hatte ich nie Probleme, obwohl ich teils über 5 Stunden lang beobachtet habe. Laut Hersteller soll sie 9 Stunden halten.

Beendet man die "Enhanced Vision", wird das aufgenommene Bild automatisch auf dem Smartphone oder Tablet gespeichert, wenn man diese Option in den Einstellungen aktiviert hat. Rohbilder werden zudem auf dem Teleskop selbst gespeichert. Das dient dazu, um sie – wenn man das möchte – auf den Unistellar-Server hochzuladen. So kann man an auch an Citizen Science Programmen teilnehmen. Diese haben eine eigene Sektion in der App. Dort findet man aktuelle Beobachtungsaufträge, es gibt etwa eine Kooperation mit SETI. Indem man die eigenen Bilder nach jeder Beobachtung hochlädt, kann man einen Beitrag zu diesen Projekten leisten.

Für Faule oder motivierend?

Besonders hilfreich ist, dass im Katalog angezeigt wird, welche Objekte bald aus dem Sichtfeld verschwinden und welche Objekte in Kürze sichtbar werden. So habe ich Stunden mit der Beobachtung verbracht, ohne zu merken, wie die Zeit vergeht. Parallel habe ich eine Sternenkarten-App genutzt, um zu wissen, wo die Objekte sich tatsächlich befinden. Im Katalog werden sie zwar in den Sternebildern angezeigt – das setzt aber voraus, dass man diese alle kennt und sofort findet.

Das hat dazu geführt, dass ich schnell einen Überblick über unseren Nachthimmel bekommen habe. Klar, Astronomie-Begeisterte, für die das händische Bedienen analoger Teleskope schon die Hälfte des Spaßes ist, werden die Nase rümpfen. Aber für manche Menschen ist das eine Hürde. Dass man nichts lernt oder kein Gefühl für das Teleskop bekommen würde, habe ich nicht erlebt. Im Gegenteil: Ich war motiviert, jede sternenklare Nacht für die Astronomie zu nutzen.

Ohweh, der Preis

Das ist alles fantastisch, wäre da nicht der bereits angesprochene Preis von 4.499 Euro. So viel Geld gibt man nicht aus, wenn man ab und zu mal in die Sterne schauen möchte. Eine solche Anschaffung muss gut überlegt sein. Die Frage, ob es das wert ist, ist schwierig zu beantworten – ja, wenn man es wirklich nutzt. Nein, wenn man lediglich ein oberflächliches Interesse hat.

Klar, gute Teleskope gibt es schon für unter 500 Eurodafür bekommt man aber eben "nur" das Fernrohr (hier geht es zur Kaufberatung). Nutzt man so eines dann aber nicht, weil man es als zu aufwändig empfindet, hat man auch nichts gespart. 

Vor wenigen Wochen hat Unistellar ein neues Teleskop auf den Markt gebracht. Mit 2.499 Euro hat das eQuinox 2 immer noch einen stolzen Preis, ist aber deutlich günstiger als das eVscope 2. Zumindest die technischen Daten zeigen wenig Unterschied zwischen den beiden Teleskopen (6,2 statt 7,7 MP und kein Okular), weshalb die günstigere Variante sicher eine Option für viele Interessierte ist.

Fazit

Ich wollte das Teleskop am Liebsten gar nicht mehr hergeben. Ja, es ist absurd teuer und für viele damit unleistbar. Man sollte aber auch bedenken, dass das Zubehör wie "Go To", Motor und Nachführung, das bereits integriert ist, die Preise für analoge Teleskope ebenfalls schnell in den 4-stelligen Bereich klettern lässt.

Für mich hat sich eine Welt geöffnet, die ich als in der Stadt wohnende Person ohne Auto sonst nur selten erleben darf. Statt mit dem Teleskop irgendwo auf ein dunkles Feld zu pilgern, konnte ich einfach vom Balkon aus die schönsten Himmelskörper beobachten. Dabei wirft man es auch mal nur für eine Stunde an, wenn das Wetter gerade gut ist. Für jene, die mit wenig Aufwand viel sehen wollen, kann ich es also nur empfehlen, denn das beste Teleskop ist das, das man auch verwendet.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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