Vivo X90 Pro im Test: Ein Rückschritt trotz makelloser Kamera
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Ein riesiges, kreisrundes Kameramodul mit Zeiss-Logo prägt das Vivo X90 Pro. In Österreich wird das Smartphone als Flaggschiff-Gerät vermarktet und spielt preislich in einer Liga mit den Spitzengeräten von Samsung, Xiaomi und Apple.
Auch wenn die Kamera einen vielversprechenden Eindruck hinterlässt, zeigt ein genauerer Blick auf das Vivo X90 Pro, dass das Handy ein Rückschritt gegenüber dem Vorjahresmodell darstellt.
Pro & Contra
Pro
- Hochwertige Kameraqualität
- Makellose Nachtaufnahmen
- Besonders hohe Ladeleistung
Contra
- Fragwürdiges Design
- Etliche Rückschritte gegenüber den Vorjahresmodell
- Vergleichsweise hoher Preis
13 Bilder
Das Design
Es mag Leute geben, die das Design super finden. Ich gehöre nicht dazu und würde das X90 Pro schnellstmöglich in ein anonymes Handy-Case verfrachten. Selbst eine dicke Handy-Hülle würde nicht negativ auffallen, weil sich das Kameramodul derart weit vom restlichen Gehäuse abhebt.
Das vegane Leder der Rückseite hat vielleicht noch seinen Reiz. Aber die Tatsache, dass das kreisrunde Kameramodul nicht zentriert angebracht ist, wirft für mich das komplette Design aus der Balance. Ein rechteckiges Modul auf der Handy-Rückseite in eine Ecke zu drängen, ist OK. Bei einem runden Aufbau ist das nicht sehr stimmig.
In meinen Augen kippt das Design allerspätestens beim glänzenden Querbalken samt eingeprägtem Schriftzug. Das blaue Zeiss-Logo, die aufgelisteten Kameraspezifikationen sowie der großer LED-Blitz, sorgen zusätzlich dafür, dass die Rückseite auffallend unruhig wirkt. Unverkennbar ist der Look dafür allemal.
Handhabung
Trotz des asymmetrischen Aufbaus der Rückseite liegt das Gerät gut in der Hand und ist vom Gewicht her gut ausbalanciert. Mit einer Höhe von 9,3 Millimeter ist das Vivo X90 Pro aber ein ziemlicher Klumpen.
Durch die Lederimitation gibt es kein Rutschen und das Gerät klebt regelrecht in der Hand. Der Fingerprintsensor im Display ist gut erreichbar und auch sonst gibt es am Handling nichts auszusetzen.
Technische Spezifikationen
Vivo X90 Pro
- Maße und Gewicht: 164,1 x 74,5 x 9,3 Millimeter; 215 Gramm
- Display: 6,78 Zoll, AMOLED, 120Hz, HDR10+, 1.300 nits (peak), 1 - 120 Hz, 1.260 x 2.800 Pixel, 453 ppi, Corning Gorilla Glass Victus
- Kamera:
- 50,3 MP Hauptkamera, f/1.8, 1.0"-type, 1.6µm, PDAF, Laser AF, OIS
- 50 MP Teleobjektiv: 2-facher optischer Zoom, f/1.6, 1/2.4", 0.7µm, AF, OIS
- 12 MP Weitwinkelkamera: f/2.0, AF
- Video: 8K@24fps, 4K@60fps
- Selfie-Kamera: 32 MP, f/2.5, 1/2.8", 0.8µm, 1080p@60fps
- Prozessor: Mediatek Dimensity 9200 (4 nm)
- Speicher: 12/256 GB; UFS 4.0
- Akku: 4.870 mAh, 120 Watt Charging, 50 Watt Wireless Charging
- Software: Android 13, Funtouch 13, inklusive Google-Dienste
- Sonstiges: 5G, eSIM, NFC, Wlan 802.11 a/b/g/n/ac/6, Bluetooth 5.3, kein Kopfhöreranschluss, kein Slot für microSD-Karte, Wasserschutz gemäß IP68
- Farben: Legendary Black
- Preis: 1.199 Euro (UVP)
Rückschritt bei den Spezifikationen
Wirft man einen Blick auf die Spezifikationen und vergleicht sie mit dem Vorgängergerät, wird deutlich, dass sich Vivo mit der Neuordnung seiner X-Serie selbst ein Bein gestellt hat. Vergangenes Jahr bestand die X-Reihe nämlich aus 2 Geräten: dem Standardgerät X80 und dem Flaggschiff-Modell X80 Pro.
Dieses Jahr besteht die X-Reihe aus 3 Geräten und wurde um das X90 Pro+ erweitert, das gleichzeitig das aktuelle Spitzengerät darstellt. Insofern ist das X90 Pro zum mittleren Modell der Spitzengerätereihe degradiert worden.
Weil das X90 Pro+ nicht offiziell in Österreich angeboten wird, ist hierzulande das X90 Pro das aktuelle Flaggschiff. Auf diese Weise kommt es zu dem kuriosen Fall, dass das aktuelle Österreich-Flaggschiff X90 Pro in vielen Bereichen schlechtere Spezifikationen aufweist, als das Vorjahresmodell.
Beispielsweise hat das Display eine geringere Auflösung und niedrigere Helligkeitswerte; statt einen Snapdragon- kommt ein Mediatek-Chip zum Einsatz; bei der Kamera gibt es einen niedrigeren Zoom-Faktor und auch beim Fingerprintsensor gibt es einen größeren Rückschritt. Aber alles der Reihe nach...
Das Display
An dem 6,78-AMOLED-Bildschirm gibt es nichts auszusetzen. Mit einer Peak-Helligkeit von 1.300 nits ist der Screen hell genug, um auch im Sonnenlicht die Inhalte gut erkennen zu können.
Auch die adaptive Refresh-Rate von bis zu 120 Hz wirkt gut gelöst, sodass die Wechsel bei der Bildwiederholfrequenz nicht auffallen. Auch der Fingerprintsensor, der Teil des Displays ist, funktioniert wunderbar zuverlässig und unverzüglich.
Der geschrumpfte Fingerabdrucksensor
Wer aber den Fingerprintsensor des Vorjahresgeräts in Erinnerung hat, wird von dem aktuellen Sensor mehr als enttäuscht sein. Bim Vivo X80 Pro verteilte sich die Sensorfläche nämlich auf einen großen Teil des Displays - mit der Möglichkeit Shortcuts zu hinterlegen.
Beim Vivo X90 Pro ist die Sensorfläche nun auf die übliche Größe eines Daumenabdrucks geschrumpft und der Ultraschallsensor wurde durch einen optischen Sensor ersetzt. Das ist mehr als Schade, weil der Fingerabdrucksensor des X80 Pro ein heimliches Killer-Feature war.
Die riesige Kamera
Das Kameramodul des Vivo X90 Pro ist wirklich beeindruckend riesig und das Zeiss-Logo deutet bereits ein hochwertiges Fotoerlebnis an. Schon nach den ersten Aufnahmen wird klar, dass die hohen Erwartungen, die durch die übergroße Kamera aufgebaut werden, auch weitgehend gehalten werden können.
Überzeugen kann die Kamera in erster Linie bei Tageslicht. Scheint die Sonne oder ist das Umgebungslicht hell genug, dann entstehen mit dem Vivo X90 Pro wirklich hervorragende Bilder - und zwar mit allen 3 Objektiven. Wobei beim Weitwinkel und dem Zoom schon kleinere Abstriche bei der Qualität hinzunehmen sind.
Die Bilder mit dem Vivo X90 Pro sind grundsätzlich von einer besonders hohen Klarheit geprägt, sodass die Details und die Farben nahezu perfekt wiedergegeben werden. Ein hoher Dynamikumfang und gut ausbalancierter Kontrast tragen außerdem zur hohen Bildqualität bei.
17 Bilder
Hervorragende Nachtfotos
Der so genannte 1-Zoll-Sensor der Hauptkamera soll laut Vivo besonders lichtempfindlich sein, was sich hauptsächlich bei der Nachtfotografie zeigen soll. Und tatsächlich: Die Kamera weiß mit besonders hochwertigen Night-Fotos zu begeistern.
Auch hier können sowohl die Hauptkamera als auch das Weitwinkel- und das Teleobjektiv mit guten Nachtaufnahmen überzeugen. Die zahlreichen Aufnahme-Modi laden zusätzlich zum Herumspielen und Ausprobieren ein, können aber auch schnell zur Überforderung beitragen.
9 Bilder
Fragwürdige und brauchbare Filter
Denn zahlreiche Filter und Effekte, die in der Kamera-App prominent angezeigt werden, haben nur marginale Auswirkungen auf das Bild. Einige modifizieren ein Bild derart stark, dass es mit dem ursprünglichen Motiv nicht mehr viel gemein hat.
4 Bilder
Die Selfie-Kamera
Im Vergleich mit der Kamera auf der Rückseite, muss man bei der Selfie-Kamera einige Kompromisse bei der Qualität eingehen. Die Selfies sind immer noch passabel bis hochwertig, von einem Gerät dieser Preisklasse könnte man sich aber ein bisschen mehr erwarten.
Auf das Handy-Display abgestimmt
Auffallend ist beim Vivo 90 Pro, dass die Farbgebung der Bilder perfekt auf das Display des Smartphones abgestimmt ist. Betrachtet man die Fotos direkt auf dem Gerät, wird beispielsweise das Blau und das Grün stark gesättigt dargestellt, sodass die Fotos farbenfroh und poppig erstrahlen.
Schaut man sich dieselben Bilder auf einem Laptop an, wird man von der Farbdarstellung etwas enttäuscht sein. Denn außerhalb des Smartphones wirken die Farben nicht mehr so poppig und frisch und sind vergleichsweise blass.
Vivo hat den Gimbal komplett verabschiedet
Was die Spezifikationen der Kamera angehen, gibt es gegenüber dem Vorjahresmodell ebenso kleinere Rückschritte. Beispielsweise wurde die Zoom-Funktion auf ein Objektiv zurückgefahren, wodurch sich der optische Zoom-Faktor von 5 auf 2 reduziert.
Die Gimbal-Stabilisierung hatte mich beim X60 Pro ziemlich begeistert, weil sie dem bewegten Bild eine besondere Ästhetik verliehen hat. Beim X80 Pro lag dann nur mehr die Tele-Linse auf einem Gimbal und beim X90 Pro hat Vivo den Gimbal komplett aus dem Gerät verbannt.
Vivo erklärt zwar, dass die Gimbal-lose optische Bildstabilisierung nun effizienter und besser sei. Das mag auch möglicherweise auf die Stabilisierung bei Fotos zutreffen, bei Videos geht halt der Gimbal-Look bei Kameraschwenks gänzlich verloren.
Leistung und Software
Beim Prozessor setzt Vivo auf einen Mediatek Dimensity 9200 (4 nm). Dieser leistet ganze Arbeit und kann mit all den Alltags-Anwendungen und populären Gaming-Apps wunderbar umgehen. Auffallend ist, dass es bei der automatischen Nachbearbeitung von Fotos oftmals zu kleineren Wartezeiten kommt – vor allem beim Night-Mode.
Bei der Software kommt Android 13 zum Einsatz. Dass die Funtouch-UI von Vivo etwas zurückhaltend ist, kommt positiv an. Vergleicht man aber die Funtouch-Oberfläche der Vivo-Geräte mit der One-UI-Oberfläche der Samsung-Handys, dann wirkt das Vivo-UI ein bisschen lieblos. Design-mäßig wäre da bestimmt noch Einiges rauszuholen.
Akku und Ladeleistung
Der Akku hat eine Kapazität von 4.870 mAh und hält - je nach Screentime - mit ziemlicher Sicherheit einen ganzen Tag locker durch. Wie die allermeisten Smartphones muss das Vivo X90 Pro dann über Nacht an die Steckdose.
Beim Aufladen ist das X90 Pro extrem schnell unterwegs. Mit einer Ladeleistung von maximal 120 Watt soll sich der Akku in 8 Minuten von 0 auf 50 Prozent aufladen. Das passende 120-Watt-Netzteil ist im Lieferumfang enthalten.
Im Alltag hat sich gezeigt, dass diese Angabe tatsächlich der Realität entspricht: In nur 5 Minuten konnte der Akku von 0 auf 31 Prozent aufgeladen werden. Nach insgesamt 20 Minuten an der Steckdose zeigte das Vivo X90 Pro einen Akkustand von 86 Prozent.
Fazit
Auch wenn der Vergleich der Spezifikationen einen Rückschritt gegenüber dem Vorjahresmodell zeigt, bedeutet das nicht, dass das Vivo X90 Pro ein schlechtes Handy ist. Vor allem bei der Kamera spielt das Vivo-Spitzengerät seine Stärke aus und kann mit einer hervorragenden Fotoqualität überzeugen.
Dennoch ist es extrem schade, dass Vivo nicht an den Highlights des Vorjahresgeräts ansetzt und diese weiter ausbaut. Mit einem Gimbal und einem riesigen Fingerprintsensor hatte es Alleinstellungsmerkmale, die man beim Vivo X90 Pro schmerzlich vermisst.
Mit einer vergleichsweise hohen UVP von 1.199 Euro (gesehen ab 1.069 Euro) tut sich Vivo keinen Gefallen. Zwar ist das X90 Pro damit passenderweise noch knapp unterhalb des Samsung Galaxy S23 Ultra, dem Xiaomi 13 Pro und dem iPhone 14 Pro angesiedelt. Der Preisunterschied zu diesen Geräten ist allerdings nur gering.
Warum also nicht zum Vorjahresmodell greifen? Das Vivo X80 Pro ist immer noch ein besonders hochwertiges Gerät, das dem aktuellen Flaggschiff in manchen Belangen deutlich voraus ist. Mit einem Marktpreis von 949 Euro ist auch es allerdings kein Schnäppchen.
Kommentare