TU Wien erfindet neuartigen chemischen Wärmespeicher
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Einen neuartigen chemischen Wärmespeicher haben Wissenschafter*innen der Technischen Universität (TU) Wien entwickelt. Die Methode eignet sich laut TU-Aussendung ideal zur Nutzung der Abwärme von Industrieanlagen, die umweltfreundlich praktisch unbegrenzt lange gespeichert werden kann.
Das bereits patentierte Verfahren nutzt eine kostengünstige und einfach verfügbare chemische Verbindung, die relativ ungefährlich sei und oft genutzt werden könne.
Chemische Reaktion setzt Energie frei
Bei thermochemischen Wärmespeichern nutzt man Wärme, um eine chemische Reaktion auszulösen. Dabei entstehen energiereiche chemische Verbindungen, die sich ohne Energieverlust lange lagern lassen. Bei Bedarf wird die chemische Reaktion umgekehrt und dabei die Energie wieder freigesetzt. So kann man etwa Abwärme von Industrieanlagen oder Sonnenwärme im Sommer speichern und im Winter damit etwa Gebäude heizen.
Weltweit wird an Lösungen für solche Wärmespeichern gearbeitet, und auch nach geeigneten Materialien und entsprechenden chemischen Reaktionen gesucht. "Es gibt unterschiedliche chemische Reaktionen, die man für diesen Zweck nutzen kann. Wir verwenden Borsäure, ein festes Material, das wir mit Öl vermischen", erklärte Franz Winter vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien.
Der Kreislauf
Dieses Gemisch aus Öl und Borsäure-Partikel kommt in einen Reaktor, der auf Temperaturen zwischen 70 und 200 Grad Celsius aufgeheizt wird. Dadurch wird die Borsäure in Boroxid umgewandelt und dabei Wasser freigesetzt.
Sobald das Wasser entfernt ist, kann das ölige Boroxid-Gemisch in Tanks gelagert werden. Führt man dieser Mischung wieder Wasser zu, läuft die chemische Reaktion umgekehrt ab und die gespeicherte Wärme wird freigesetzt.
"Damit ist der Kreislauf geschlossen und das Öl-Borsäure-Gemisch kann ein weiteres Mal verwendet werden", erklärte Winter. Im Labor haben die Forscher gezeigt, dass problemlos viele Auf- und Entladungsvorgänge möglich sind. Weil viele Prozesse in der Industrie in diesem Temperaturbereich ablaufen, sei die Methode optimal geeignet, um Abwärme von Industrieanlagen zu nutzen. Man könne solche Temperaturen aber auch durch Bündelung von Sonnenlicht erreichen.
Weitere Forschung notwendig
Neben Borsäure könnten auch andere Chemikalien eingesetzt werden, etwa Salzhydrate, betonen die Forscher. "Der Vorteil von Borsäure ist ihre höhere Energiespeicherdichte im Vergleich zu gängigen Salzhydraten oder Zeolithen", erklärte Winter gegenüber der APA. Zudem sei die verwendete Borverbindung kostengünstig und einfach verfügbar, durch die Verwendung in einem geschlossenen Kreislauf relativ ungefährlich und über viele Zyklen hinweg stabil.
Einen genauen Wirkungsgrad des Prozesses können die Wissenschafter*innen derzeit noch nicht angeben, weil dieser stark davon abhängen wird, wie der Speicher mit anderen Technologien gekoppelt wird. Die Forscher wollen nun jedenfalls genauer untersuchen, wie sich die Technologie am besten und effizientesten anwenden lässt.
Zudem suchen sie Kooperationspartner*innen zur Umsetzung der Wärmespeichermethode. In einer bereits 2019 veröffentlichten Arbeit im Fachjournal "Energies" schreiben Winter und seine Kollegen dem Borsäure-Boroxid-System "starkes Potenzial" zu, "einen sinnvollen Beitrag zu einer globalen nachhaltigen Energieversorgung zu leisten".
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