Viele Smart Watches können beim „Sleep Tracking“ Schlafphasen und ihre Dauer erkennen.

Viele Smart Watches können beim „Sleep Tracking“ Schlafphasen und ihre Dauer erkennen. 

© Getty Images/sisterspro/istockphoto

Science

Smarte Arzthelfer: Was bringt Tracking mit Wearables unserer Gesundheit?

An vielen Handgelenken sieht man heute keine Uhren mehr, sondern Smartwatches. Es sind so genannte Wearables, die eng am Körper getragen und zum Aufzeichnen verschiedener Vitalzeichen angeschafft werden. Ihr Funktionsumfang wächst stetig. Die Apple Watch erweckt etwa den Eindruck, dass sie fast alles messen kann, was im Körper passiert: Sie zeichnet den Puls auf und warnt bei Rhythmusstörungen

Auch die Atemfrequenz, Körpertemperatur und Schlafdauer zeichnet sie mit Sensoren auf. Der trendigste Neuzugang in der Wearables-Familie sind Smart Rings. Sie beherbergen zwar weniger Sensoren als Smartwatches, sind dafür aber kleiner, leichter und dezenter.

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Gesund durch Geräte

Nutzerinnen und Nutzer sehen die Geräte als Chance zur Verbesserung ihrer Gesundheit. In den USA sind einige Smartwatches bereits zum EKG-Messen und Warnen vor Vorhofflimmern zugelassen. Neuere Modelle können sogar die Blutsauerstoffsättigung messen.

Symbolbild: Sensoren von Wearables sammeln Daten, die KI analysiert sie

Sensoren von Wearables sammeln Daten. Die Algorithmen analysieren sie und sagen dann etwas aus - nicht immer stimmt das Ergebnis.

Eine Frage der Algorithmen

„Tatsächlich haben auch wir Patienten, die mit ihrer Smartwatch eine Rhythmusstörung diagnostizieren konnten“, sagt Axel Bauer, Direktor der Universitätsklinik Innere Medizin III in Innsbruck. Das könnte die Behandlung mancher Patienten unterstützen, weil sie damit sehen können, wann ihr Puls schneller war als sonst. Allerdings gebe es bei den Modellen Unterschiede und die Messungen seien nicht immer zuverlässig. „Die Hersteller können etwa jederzeit ändern, welche Algorithmen in den einzelnen Smartwatches laufen“, gibt Bauer zu bedenken. 

Die Firmen würden zwar teils auch klinische Studien durchführen, wie etwa die „Apple Heart Study“. Allerdings seien die Versuchspersonen vorwiegend gesunde jüngere Personen und damit die Datengrundlage für die Fragestellung nicht ideal. Das so genannte „Grundrisiko“ sei zu niedrig. Dadurch gebe es mehr „falsch positive Befunde“ – heißt: Die Geräte schlagen zu oft Alarm.

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Das könnte bei einigen sogar Ängste verstärken, erklärt Bauer: „Ich würde davon abraten, dass man jedem mit Rhythmusstörungen eine Smartwatch in die Hand drückt und sagt: ,Wenn es Alarm gibt, dann gehen Sie sofort zum Arzt.’ Diese Leute macht man verrückt.“ Alarmierte Gesunde in Notaufnahmen könnten das Gesundheitssystem unnötig belasten. Stattdessen sollten Kranke mit ihrem Arzt besprechen, was ein Wearable in ihrem Fall bringen würde.

Zur Person

Axel Bauer ist der Direktor der Universitätsklinik Innere Medizin III, Innsbruck. Er ist Experte für computerbasierte Medizin. 

Er entwickelt derzeit eine Methode zum Pulsmessen via Smartphone, gemeinsam mit dem AIT Austrian Institute of Technology.

Wearables werden immer dezenter. Der Oura-Ring sieht sogar aus wie ein Schmuckstück.

Wearables werden immer dezenter. Der Oura Ring sieht aus wie ein Schmuckstück.

Motivation und Vorbeugung

Empfehlen würde Bauer sie aber Menschen mit einem Risiko für Herzkreislaufkrankheiten  – allerdings mit anderen Erwartungen. Allein das Aufzeichnen könnte sie zu mehr Bewegung motivieren. Auch er selbst nutzt sie gelegentlich, etwa zum Dokumentieren von Tempo, Zeiten und maximaler Sauerstoffaufnahme beim Laufen: „Das motiviert mich zum Sport und macht mir Spaß.“

Ähnliches wie für die Herzgesundheit gilt für die Psyche: Das Überwachen von Stresslevels per Wearable kann bei zweckmäßiger Verwendung beim Entspannen helfen. Es kann aber auch das Gegenteil bewirken und noch mehr Unruhe auslösen.   

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Viele Wearables können den Stresswert des Nutzers berechnen. Das passiert mit einer Kombination aus Daten zur Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität.

Falsche Versprechen

„Auch die Schlafüberwachung kann in Zukunft eine Rolle spielen. Man darf sich von den Geräten aber generell keine Wunder erwarten und ganz spezifische Handlungsempfehlungen davon ableiten“, sagt Bauer. Die falschen Erwartungen könnten auch an aggressiven Werbekampagnen liegen. 

Nicht immer werden die Geräte den Versprechen gerecht. In Großbritannien diskutiert man etwa darüber, ob ein falsches Vertrauen in Verhütungs-Apps am Anstieg ungewollter Schwangerschaften schuld ist. Auch einige Wearables können die weibliche Fruchtbarkeit berechnen – derzeit funktioniert das aber nur begrenzt.

Frau hält Handy und nutzt Zyklus-App.

Mit Wearables kann man anhand der Temperaturdaten den Zyklus berechnen. Zuverlässig ist die Technologie noch nicht. 

KI soll in die Zukunft schauen

Bei Wearables gibt es also noch Entwicklungsspielraum. Dank Künstlicher Intelligenz (KI) sollen die Geräte künftig nicht nur Vitaldaten aufzeichnen, sondern sogar gesundheitliche Risiken vorhersagen. 

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„Dass ein Wearable sagt: ,Gehe morgen nicht zum Bäcker, weil dich ein Herzinfarkt erwartet’ hört sich aber für mich noch etwas abenteuerlich an“, meint Bauer: „Die Smartwatches zeigen aber bereits den Belastungszustand. Also wenn man einen Tag trainiert hat, dass man sich am nächsten Tag besser erholen sollte.“ Hier seien die Geräte jetzt schon gut.

Von konkreten Handlungsanleitungen sei man derzeit noch weit weg. „Ich glaube aber schon, dass KI in Zukunft verborgene Muster und Risiken erkennen könnte, die Menschen übersehen.“  

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Jana Unterrainer

Überall werden heute Daten verarbeitet, Sensoren gibt es sogar in Arktis und Tiefsee. Die Welt hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Das interessiert mich besonders, mit KI und Robotik steigt die Bedeutung weiter enorm.

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Jana Unterrainer

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