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Für klimaneutrale Energieversorgung braucht es in Österreich Windkraft und Photovoltaik
Wie ein klimaneutrales Österreich 2040 aussehen müsste
Wie sieht ein klimaneutrales Österreich in Bezug auf die Stromerzeugung 2040 aus? Das hat sich die Energieagentur (AEA) mit ihrem Projekt „Unsere Energiewelt 2040“ gefragt.
In einer idealen Welt wäre die Antwort darauf, ein weitestgehend autonomes, emissionsfreies Energienetz zu haben, das resilient genug ist, dem wachsenden Strombedarf gerecht zu werden. „Das große Ziel ist der Umbau des Energiesektors und dafür wird eine volkswirtschaftlich optimale Lösung gesucht“, sagt Christoph Dolna-Gruber, Leiter Strategie und Business Development von der Österreichischen Energieagentur in einem Pressegespräch.
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Verteilung der Energieträger für den Bruttoinlandverbrauch 2023 vs. 2040
© Österreichischen Energieagentur
2040 in Zahlen
2040 verteilt sich der Stromverbrauch laut dem Modell zu 46 Prozent auf die Industrie, zu 38 Prozent auf Haushalte und Dienstleistungen, zu 13 Prozent auf den Transportsektor und zu 3 Prozent auf die Landwirtschaft.
148,6 TWh Strom müssten dafür in Österreich produziert werden. Das soll sich auf 52,5 TWh aus Windkraft, 48,6 TWh aus Wasserkraft, 33,5 TWh aus Photovoltaik und 14,2 TWh aus thermischen Kraftwerken verteilen.
Geheizt wird mit einem Mix aus Fernwärme (38 Prozent), Wärmepumpen (33 Prozent), Biomasse (20 Prozent) und Elektro (6 Prozent).
97 Prozent erneuerbare Energien
Derzeit nutzt Österreich nur 36 Prozent erneuerbare Energien, die restlichen 64 Prozent stammen aus fossilen Brennstoffen, vor allem Öl und Erdgas. 2040 sollen erneuerbare Energien 97 Prozent ausmachen. Die übrigen 3 Prozent entstehen durch internationalen Flugverkehr oder stammen aus Restbeständen.
Folglich würden so auch die Treibhausgasemissionen im Energiesektor reduziert, nämlich um 96 Prozent. Übrig bleiben dann hauptsächlich Abgase aus der Müllverbrennung.
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Die Energieproduktion im Vergleich
© Österreichischen Energieagentur
Windkraft-Ausbau unbedingt nötig
Damit das gelingt, ist vor allem eine Elektrifizierung nötig. Bis 2040 wird sich daher der Stromverbrauch auf 149 Terawattstunden (TWh) verdoppeln. Darum sieht das Modell vor allem einen Ausbau der Windkraft vor. Österreich soll 2040 52,5 TWh Strom aus Windkraft erzeugen, eine enorme Steigerung zu den 9 TWh aus 2024. Der Grund, warum das Modell so stark auf Wind setzt, ist die Sicherheit, das ganze Jahr über die Stromversorgung zu sichern.
Photovoltaik soll zwar auch von 8 TWh auf 33,5 TWh ausgebaut werden. Durch sie wird aber im Frühling und Sommer ein Energieüberschuss produziert, der im Winter fehlt. Eine Möglichkeit wäre es, den Strom in Langzeitspeichern im Winter nutzbar zu machen, das geht aber immer mit einem Energieverlust einher. Dadurch müsste man also noch mehr Strom produzieren, um den hohen Bedarf im Winter zu decken.
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Energieproduktion über das Jahr verteilt
© Österreichischen Energieagentur
Zahl der Windräder bis 2040 verdoppeln
Stattdessen würde eine massive Investition in Windenergie ermöglichen, den Strom direkt zu nutzen und Engpässe mit Kurzzeitspeichern zu überbrücken. Wie die IG Windkraft der futurezone mitteilt, wären dafür 2.900 Anlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von 7 Megawatt pro Windrad nötig. Demnach müssten zusätzliche 1.500 Anlagen gebaut werden. Also eine Verdopplung der Windräder, die derzeit in Österreich stehen.
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Auf diese Bereiche wird sich der Bruttoinlandverbrauch 2040 verteilen
© Österreichischen Energieagentur
„Wir haben das Potenzial, erneuerbare Energien im Gegensatz zu fossilen in Österreich herstellen zu können“, sagt Dolna-Gruber. 2023 hat Österreich insgesamt 12 Milliarden Euro für Öl- und Gasimporte ausgegeben. „Da sind erhebliche Geldmengen im Spiel, für die es unserer Meinung nach bessere Einsatzmöglichkeiten im Inland gäbe“, sagt er.
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Hoher Autonomiegrad
Tatsächlich könnte sich Österreich mit einer solchen Energiewende fast selbst versorgen. Das Modell errechnete einen Autonomiegrad von 90 Prozent gegenüber den heutigen 40 Prozent. Das bedeutet nicht, dass gänzlich auf den Austausch mit dem Ausland verzichtet wird. Wasserstoff, der vor allem für Strom und Wärme, in der Industrie, aber auch für die Produktion von E-Fuels benötigt wird, kann nur zu 30 Prozent klimaneutral in Österreich hergestellt werden. Den Rest müsste man importieren.
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Ein Großteil der Energieträger könnte vollständig aus Österreich stammen
© Österreichischen Energieagentur
Biofuels und E-Fuels
Biofuels und E-fuels sind synthetisch hergestellte Kraftstoffe für den Personen- und Güterverkehr, die Treibstoffe aus fossilien Quellen ersetzen sollen.
- Biofuels wie Pflanzenöl, Bioethanol oder -methan können flüssig und gasförmig sein und werden aus erneuerbaren Rohstoffen wie Getreide und Holz hergestellt
- klimaneutrale E-Fuels bestehen aus Kohlenwasserstoff und können aus Strom, Wasserstoff und Ammoniak hergestellt erden
Sanierungen und Elektrifizierung
Auch wenn sich der reine Stromverbrauch verdoppelt, wird sich der gesamte Bruttoinlandsverbrauch, zu dem etwa auch Fernwärme zählt, um 21 Prozent reduzieren. Derzeit liegt er bei 369 TWh, 2040 sollen es 296 TWh sein. Zum einen braucht es dafür Gebäudesanierungen, um den Wärmebedarf zu reduzieren. Zum anderen müssen Öl- und Gaskessel durch Fernwärme und Geothermie ersetzt werden.
Auch in der Industrie sei ein Wandel nötig hin zur Elektrifizierung. Insbesondere in der Eisen- und Stahlindustrie soll das zu 90 Prozent umgesetzt werden können, im Maschinenbau zu 70 Prozent und in der Chemie zu 60 Prozent.
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© Österreichischen Energieagentur
Nötig sei zudem ein Umstieg von Verbrenner- auf Elektroautos. In der Schifffahrt, Luftfahrt und dem Transport werden Biofuels und E-Fuels statt fossiler Brennstoffe eingesetzt. Die Technologien würden es ermöglichen, die gleiche Energiemenge mit weniger Energieeinsatz zu liefern.
Gesetzliche Regulierungen nötig
Das hier gezeichnete Zukunftsbild geht außerdem mit dem politischen Willen einher, die nötigen Maßnahmen anzustoßen. Laut Dolna-Gruber sind gesetzliche Regulierungen nötig. „Der Wasserkraftausbau entstammt einer strategischen Entscheidung aus den 1940er-Jahren. Unsere Stromversorgung zehrt von solchen Langfristentscheidungen.“
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Das sei jetzt auch nötig, um Technologien kontinuierlich weiterzuentwickeln. So sei es z.B. im Rahmen eines möglichen Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus neuer Energien notwendig, Zonen in den Bundesländern auszuweisen, die sich für die Errichtung einer entsprechenden Infrastruktur eignen. Potenzial für Windkraft gebe es in allen Bundesländern und auch wenn es einige wenige Gegenstimmen gebe, mache die Modellierung deutlich: „Ohne die Windkraft schaut es im Winter für eine selbstbestimmte Energieversorgung schlecht aus.“
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