Installateur wartet Elektro-Boiler

Für die eigene Heizung und Warmwasseraufbereitung gibt es einige klimafreundliche Alternativen zu Erdgas

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Womit man Gasheizungen am besten ersetzt

Der Krieg in der Ukraine hat viele Menschen zum Nachdenken über etwas bewogen, das aus Sicht des Klimaschutzes schon lange notwendig gewesen wäre: Den Wechsel des eigenen Heizsystems. Der nächste Winter kommt bestimmt, woher das Gas für die eigene Gastherme kommt, ist derzeit aber unklar. Glücklicherweise gibt es klimafreundliche Alternativen, ein Umstieg bei Heizung und Warmwasseraufbereitung ist aber oft nicht so einfach.

Wer entscheiden darf

Über das Heizsystem eines Hauses bestimmt die Hausbesitzerin bzw. der Hausbesitzer. Hat man ein Einfamilienhaus, kann man selbst darüber entscheiden, womit geheizt wird. Lebt man hingegen in einer Eigentums- oder Mietwohnung, sind die Handlungsmöglichkeiten sehr begrenzt.

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Für viele die einzige Möglichkeit, um Heizkosten zu sparen: Eine niedrigere Zimmertemperatur wählen

Eine Zentrale statt vieler Thermen

Entscheidungsbefugte finden heute jedenfalls drei große Alternativen zu Gas- oder Ölheizungen vor: Fernwärme, Pellets und Wärmepumpe. Bevor man überlegt, welches System für das eigene Haus wohl am besten wäre, muss man sich aber zunächst die Ausgangslage ansehen. Ist das Haus älter, sollte es thermisch saniert werden. Verfügt das Haus über Wohnungen mit Gasetagenheizung, hängt also in jeder Wohnung eine Gastherme, so muss man eine grundlegende Veränderung durchführen.

"Die Zentralisierung des Heizungssystems ist fast immer die Voraussetzung für dessen Dekarbonisierung", sagt Michael Cerveny von Urban Innovation Vienna. Gibt es also noch keine Heizzentrale im Haus, sollte eine geschaffen werden. Raum dafür zu finden, ist oft schwierig. Eine Lösung könnte in vielen Fällen der Dachboden sein. Von dort könnte man Heizungsrohre durch existierende Kamine legen und so Stemmarbeiten im Haus auf ein Minimum begrenzen. Der Wechsel einer Gastherme in einer Wohnung auf das zentrale Wärmeverteilsystem am Dachboden oder im Keller sollte am Ende nur wenige Stunden in Anspruch nehmen.

Lösung liegt vor der Tür

Wenn eine Heizzentrale im Haus einmal vorhanden ist und das Fernwärmenetz bis in die Nähe des Gebäudes reicht, ist diese Alternative die naheliegendste. Der Systemwechsel ist damit am einfachsten und günstigsten. Laut Cerveny gibt es hier auch viel ungenutztes Potenzial: "Es gibt alleine in Wien 30.000 Wohnungen, wo die Fernwärmeleitungen bis vor die Wohnung gelegt wurden, aber die Bewohner es bis dato verweigert haben, sich da anzuschließen. Die Lösung liegt vor der Tür, man muss sie nur hereinlassen." Das Gegenargument, dass Fernwärme auch mit Gas erzeugt werde, lässt sich entkräften. Der Umstieg auf erneuerbare Energie wird auch hier in den nächsten Jahren vollzogen, etwa in Form von großen Wärmepumpen oder Geothermie.

Pellet- oder andere Holzheizungen sind eine weitere Alternative, die auch für große Wohnhäuser vorstellbar ist. Rohstoff und Kessel kommen großteils aus Österreich und sind nach der Fernwärme die zweitgünstigste Option. Laut Cerveny machen solche Heizungen aber eher im ländlichen Raum als im innerstädtischen Gebiet Sinn. Genauso wie auch bei grünem Gas gibt es beschränkte Rohstoffmengen und viel Nachfrage aus Industrie und Gewerbe, wodurch die langfristige Preisentwicklung schwieriger abschätzbar wird.

Kostenvergleich laut ÖGUT-Studie

Teuer, aber vielseitig

"Wärmepumpen sollten für den städtischen Bereich besser sein, auch weil sich ihre Betriebskosten im zukünftig rein erneuerbaren Stromsystem eigentlich besser entwickeln dürften", sagt der Experte. Dafür sind Wärmepumpen mit höheren Errichtungskosten und Bauarbeiten verbunden. Je nachdem, ob man sich für eine Erdreich-, Grundwasser- oder Außenluftwärmepumpe entscheidet, gibt es unterschiedliche Anforderungen, etwa geeignete Aufstellflächen im Freien, Lärmschutz oder Tiefenbohrungen. Wird eine Gasheizung ersetzt, könnten neue Heizkörper sinnvoll sein, im besten Fall sogar eine Fußboden- oder Deckenheizung. Ein großer Vorteil von Wärmepumpen in Städten ist, dass man damit auch kühlen kann.

Bei der Warmwasseraufbereitung gibt es verschiedene Möglichkeiten, erklärt Ewald Gärber von der Umweltberatung. Fernwärme und (Kombi-)Wärmepumpe liefern auch Warmwasser. Pelletkessel könnten das prinzipiell auch, allerdings sei es hier sinnvoller, im Sommer zusätzlich Solarthermie oder Photovoltaik (in Kombination mit Elektroboilern) zu verwenden.

Warm anziehen

Hat man keine Entscheidungsbefugnis über das Heizsystem in dem Haus, in dem man wohnt, kann man sich nur durch das Abdichten von Fenstern oder dem Absenken der Raumtemperatur helfen. "Bei zwei Grad weniger in der Wohnung hat man einen 10 bis 12 Prozent geringeren Gasverbrauch", sagt Cerveny. Auch durch das Absenken der Temperatur in der Nacht lassen sich Einsparungen erzielen. Alleingänge wie das Anschaffen von Pelletöfen oder Infrarotheizkörpern seien langfristig wenig sinnvoll, weil mit viel Schlepperei und höheren Kosten verbunden.

Infrarotheizung

Leicht installierbar
Infrarotheizkörper erwärmen nicht die Luft, sondern Objekte im Raum. Die Installation ist einfach: man braucht sie nur an den Strom anzuschließen

Einsatzorte: Nicht überall
In Räumen, die nicht ständig beheizt werden sollen, sowie in besonders gut isolierten Gebäuden können Infrarotheizungen sinnvoll sein. Auch als Alternative zu anderen Zusatzheizungen wie Kamin- oder Pelletöfen. Als hauptsächliche Heizung raten Experten davon ab, vor allem wegen hoher Betriebskosten

Fachkräfte haben keine Zeit

"All jene, die bereits über eine zentrale Öl- und Gas-Hausheizung verfügen und die Verfügungsgewalt darüber haben, die können sofort - im Idealfall noch heuer - auf eine nicht-fossile Zentralheizung umstellen", sagt Cerveny. Laut Gärber gebe es bei der Umweltberatung auch sehr viele Anfragen zu dem Thema. Große Hürden sind aber einerseits mangelnde Kapazitäten von Installateuren, Elektrikern und Baufirmen, andererseits unklare gesetzliche Bestimmungen. Auf das kommende Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das u.a. die Zentralisierung der Wärmeversorgung einfacher macht, werden diesbezüglich große Hoffnungen gesetzt.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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