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Taucherbrille wird durch 3D-Druck zum Beatmungsgerät

Fehlende oder kaputte Beatmungsgeräte zählen zu den größten Herausforderungen bei der Behandlung von Corona-Patienten. Für Aufsehen sorgte vergangene Woche die italienische 3D-Firma Isinnova, indem sie derzeit nicht lieferbare Ersatzventile einfach nachdruckte (die futurezone berichtete). Andere Start-ups folgten dem Beispiel und trugen dazu bei, dass der Ausfall ohnehin rar vorhandener Geräte verhindert werden konnte.

Schnorchelmaske als Beatmungsgerät

In einem neuen "Hack" setzten die Entwickler in Zusammenarbeit mit einem anderen lombardischen Spital jetzt eine noch kreativere Lösung um. Sie adaptierten Taucherbrillen mit entsprechenden Anschlüssen zu funktionierenden Beatmungsmasken um. Dabei griffen sie auf die mittlerweile verbreiteten geschlossenen Schnorchelmasken zurück, die durch ihre Funktionsweise mit wenigen Handgriffen zu einem Notfall-Beatmungsgerät umgestaltet werden können.

Um die notwendigen Versatzstücke millimetergenau herstellen zu können, half der französische Taucherbrillenhersteller Decathlon aus, der die notwendigen Designpläne und Maße lieferte. Damit die Notfallmaske funktioniert und per Schlauch an die Sauerstoff-Zufuhr angeschlossen werden kann, ist im Grunde nur ein Bauteil mit zwei Eingängen notwendig, das anstelle des Schnorchel-Bauteils am oberen Ende der Maske angebracht wird.

Zwei bis drei Öffnungen

Die zweite Öffnung ist notwendig, um ein sogenanntes PEEP-Ventil (Positive End-Expiratory Pressure) anbringen zu können, das die Druckverhältnisse in der Lunge bei der künstlichen Beatmung regelt. Ein weiteres Versatzstück kann angebracht werden, wenn die Maske zusätzlich mit einem Beatmungs- bzw. Reservoirbeutel verknüpft werden muss.

An der Maske selber müssen schließlich nur die Ausatmungsmembran von außen nach innen versetzt und die Membranen im Nasenbereich entfernt werden.

Das Notfall-Beatmungsgerät wurde bereits erfolgreich im Krankenhaus von Chiari getestet und auch an einem Patienten angewendet. In der Zwischenzeit wurden - auch mit der Hilfe von anderen 3D-Druck-Firmen wie FabFactory und der Community-Plattform FabLab Milano - 500 Masken produziert, die in Norditalien als Beatmungsgeräte eingesetzt werden können.

Patentiert und kostenlos

Die italienischen Erfinder von Isinnova haben die Komponenten schnell zum Patent angemeldet. Damit wolle man sicherstellen, dass der 3D-Druck der Versatzstücke kostenlos auch von anderen Firmen durchgeführt werden könne, um Krankenhäuser zu helfen. Die Lösung ist auch von den Kosten her besonders attraktiv. Die Schnorchelmaske selber wird derzeit um 20 Euro vom Hersteller angeboten.

Isinnova weist darauf hin, dass die umfunktionierte Maske nicht von entsprechenden Behörden zertifiziert wurde und für die jetzige Notfallsituation gedacht sei. Patienten, die die Maske verwenden wollen, müssen dies schriftlich bestätigen. Das patentierte Design könne jedenfalls ohne Einschränkung von anderen Herstellern verwendet werden, die ihren lokalen Krankenhäusern helfen wollen.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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