Windkraft soll Rennautos CO2-neutral machen
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Im Süden Chiles, an der Magellanstraße, die das südamerikanische Festland von Feuerland trennt, herrscht das ganze Jahr über konstanter Wind. Mehrere Unternehmen haben den Plan, diesen Umstand zu nutzen und aus Windkraft so genannte eFuels herzustellen. Bei der Produktion dieser synthetischen Kraftstoffe wird CO2 eingefangen, das später von Verbrennungsmotoren wieder ausgestoßen wird. Man kann Fahrzeuge, die ansonsten fossile Treibstoffe verwenden, damit im Betrieb CO2-neutral machen.
Mehrere Schritte zum eBenzin
Bei dem Projekt "Haru Oni" soll die erste vollintegrierte Anlage entstehen, um Windkraft in mehreren Schritten in eFuels umzuwandeln. Windräder erzeugen dabei zunächst Ökostrom, mit dem Elektrolyseure betrieben werden. Die spalten Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff auf. Der Wasserstoff wird mit Kohlendioxid zu Methanol verbunden. Das CO2 kommt zunächst von Prozessen, bei denen es als Nebenprodukt abfällt, etwa in Brauereien. In einer künftigen Ausbaustufe soll es durch "Direct Air Capture" direkt der Atmosphäre entzogen werden. Durch einen weiteren Syntheseprozess wird das Methanol schließlich zu eBenzin umgewandelt, das in Fahrzeuge getankt werden kann.
2022 soll die Anlage in Betrieb gehen und zunächst rund 130.000 Liter eFuels pro Jahr erzeugen. Die Kapazität soll aber schnell gesteigert werden. 2024 sollen es bereits 55 Millionen Liter pro Jahr sein, 2026 dann 550 Millionen Liter.
Internationale Kooperation
Hinter dem Projekt steht ein internationales Konsortium rund um den chilenischen Hauptentwickler AME. Siemens Energy (seit April 2020 von Siemens abgespalten) liefert Windkraftanlagen seiner Tochter Gamesa, Elektrolyseure und übernimmt die Systemintegration. Mit an Bord sind auch die Erdölkonzerne ENAP (Chile) und Enel (Italien). Gefördert wird das Projekt vom deutschen Wirtschaftsministerium.
Porsche hat sich für fünf Jahre zur Abnahme der eFuels verpflichtet. Der Sportwagenhersteller will den Treibstoff auf Rennstrecken und in der Fahrzeugerprobung zum Einsatz bringen. Langfristig sollen aber auch die Fahrer von Serienfahrzeugen die Möglichkeit haben, eFuels zu tanken und damit klimaneutral unterwegs zu sein.
Standort entscheidend
Die Idee für "Haru Oni" sei vor rund zwei Jahren entstanden, verrät Armin Schnettler, der Leiter des Geschäftsbereichs New Energy Business bei Siemens Energy der futurezone. "Wir haben damals analysiert, welche Rahmenbedingungen für die eFuel-Herstellung erfüllt sein müssen. Wie sich gezeigt hat, sind die Verfügbarkeit von billigem grünen Strom und die hohe zeitliche Nutzung der Elektrolyseanlage die Hauptfaktoren. Deshalb sind Standorte wie im Süden Chiles so günstig, auch wenn wir in Mitteleuropa niedrigere Installations- und Transportkosten hätten."
Verbrenner sauberer machen
Eine Anlage, die sämtliche Prozessschritte vom Wind bis zum eFuel beinhaltet, gebe es bisher noch nicht, sagt Schnettler. "Bisherige Projekte spezialisieren sich auf Teilbereiche, etwa die Wasserstoff-Komponente. Wir haben alles in einem Projekt integriert. Das wird eine hochinnovative Anlage." eFuels sieht der Experte als wertvolle Ergänzung zur Elektromobilität, denn: "Es gibt 1,2 Milliarden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auf der Welt und die werden noch ein paar Jahre da sein." Der relativ geringe Wirkungsgrad sei angesichts dessen irrelevant. Wichtig sei nur, den Umwandlungsprozess so weiterzuentwickeln, dass der Preis für eFuels stetig sinke.
Transportproblem
Ein Fleck auf der grünen Weste sei derzeit noch der Transport der eFuels von Chile nach Europa. Den übernehmen zunächst nämlich konventionelle Frachtschiffe, die alles andere als CO2-neutral fahren. Mit steigenden Produktionsmengen hoffe man aber, Schiffe einsetzen zu können, die ebenfalls eFuels tanken, etwa eMethanol.
Frage des Wirkungsgrades
Auf dem Weg vom Windrad bis hin zu den rotierenden Reifen eines Porsche-Rennwagens bleibt viel Energie auf der Strecke. "Der Gesamtwirkungsgrad liegt bei unter 20 Prozent", meint Armin Schnettler, "aber es macht keinen Sinn darüber zu reden." Wenn die Möglichkeit bestehe, sei es freilich am vernünftigsten, durch erneuerbare Energien erzeugten Strom direkt zu nutzen. Strom lasse sich nur schlecht in großen Mengen über große Distanzen transportieren. Die Umwandlung in ein chemisches Speichermedium sei da sehr sinnvoll.
Bei der Umwandlung der Windenergie erreiche man in bestimmten Prozessschritten bereits sehr hohe Wirkungsgrade. "Die modernsten Anlagen kommen bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff auf 70 bis 80 Prozent", sagt Schnettler. Insgesamt sei der "Well to Wheel"-Wirkungsgrad (vom Rohöl zum Reifen) aber ähnlich wie jener von Verbrennungsmotoren. Der liegt üblicherweise zwischen 15 und 30 Prozent. Am Ende sei die Verwendung von eFuels aber keine Effizienz-, sondern eine Kostenfrage. Finden sich genug Abnehmer für eine klimaneutrale Alternative zu fossilen Treibstoffen, könne man die Klimasituation verbessern.
Kommentare