Die Studie ergab, dass Fluorid im Trinkwasser für Kinder schlecht sein könnte.

Die Studie ergab, dass Fluorid im Trinkwasser für Kinder schlecht sein könnte.  

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Science

Fluorid im Wasser macht angeblich Kinder dumm: Heftige Kritik an Studie

Amerikanische Forscher veröffentlichten am Montag eine umfassende Analyse. Laut dieser besteht ein Zusammenhang von Fluorid im Trinkwasser und ein leicht niedrigerer IQ bei Kindern in China und Indien.

In den USA sorgen diese Salze der Flusssäure für politische Debatten. Viele Eltern misstrauen der teilweise üblichen Zugabe von Fluorid zum Trinkwasser und befürchten, der Stoff könnte ihre Kinder schädigen. Sogar Politiker, wie der umstrittene designierte US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., kritisierten dies in der Vergangenheit und sahen darin eine Gefahr.

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Stoff beugt Zahnschäden vor

Fluorid wird in einigen Ländern dem Trinkwasser zur Vorbeugung von Zahnschäden beigemischt. Der in der Natur vorkommende Stoff macht einerseits unsere Zähne fester und schützt den Zahnschmelz. Andererseits kann er in zu hohen Dosen giftig sein, vor allem für Kinder.

Die Veröffentlichung der Analyse im Fachmedium JAMA Pediatrics löste in den USA nun erneut eine kontroverse Debatte unter Forschern aus, wie Ars Technica berichtet. Bevor sie ihre Studie endlich veröffentlichen konnten, war es ein langer Weg für die Forscher: Sie haben seit 2015 bereits 2-mal versucht, ihre Studie zu veröffentlichen, wegen Qualitätsmängeln wurde sie jedoch abgelehnt. Grund dafür waren Methodenfehler und Probleme mit der statistischen Auswertung. Besonders kritisiert wurde von den Überprüfern, dass die zugrundeliegenden Studien womöglich verzerrt sein könnten.

Zusammenfassung vieler Einzelstudien

Denn bei der Veröffentlichung handelt es sich um eine sogenannte Meta-Analyse. Dabei schauen sich Forscher eine Vielzahl von Studien an und leiten davon eine Gesamtaussage ab. In diesem Fall, wie sich Fluorid auf den IQ von Kindern auswirken kann. 

Nachdem die bereits im Vorfeld unter Beschuss geratene Studie nun doch veröffentlicht werden konnte, folgt in den USA nun – wahrscheinlich auch wegen der politischen Streitereien rund um das Thema – erneut eine heftige Debatte.

Kritiker sagen, dass die darin verwendeten Studien nicht aussagekräftig seien. In China, wo viele der Studien gemacht wurden, weise das Trinkwasser etwa eine natürliche, teilweise viel höhere Konzentrationen als in den USA auf, wo der Stoff absichtlich beigemischt wird.

Zweifel an verwendeten Studien

47 der zugrundeliegenden 59 Studien sind laut Ars Technica zuvor als verzerrt eingestuft worden. Das heißt, dass die Forscher bei der Durchführung nicht sauber gearbeitet haben.

Laut den 47 Studien, die als verzerrt eingestuft wurden, hätten chinesische und indische Kinder, die Fluorid im Trinkwasser ausgesetzt sind, einen um 0,52 Punkte niedrigeren IQ. Von den 12 Studien, die mit einem geringen Risiko verzerrt zu sein eingestuft wurden, sahen 8 keine Verbindung zwischen Fluorid und einem niedrigeren IQ. Laut den übrigen 4 Studien sei der IQ der Kinder um 0,19 Punkte niedriger.

Außerdem wird kritisiert, dass auch Fluorid-Messergebnisse aus Urinproben eingeflossen sind, die oft schwanken und wenig Aussagekraft darüber haben, wie viel Fluorid jemand tatsächlich ausgesetzt war. Der von Ars Technica zitierte Experte für öffentliche Zahngesundheit Steven Levy schrieb etwa in einem Fachbeitrag: „Es gibt einen wissenschaftlichen Konsens darüber, dass die in fast allen eingeschlossenen Studien verwendeten Methoden zur Urinprobenentnahme keine gültigen Messungen für die langfristige Fluoridbelastung von Individuen sind, da Fluorid eine kurze Halbwertszeit hat und es erhebliche Schwankungen innerhalb eines Tages und von Tag zu Tag gibt.“

Wissenschaftlicher Streit entbrannt

Andere Experten sehen die Ergebnisse der Studie nicht so kritisch wie die von Ars Technica zitierten Experten. „Insgesamt sind die Schlussfolgerungen der Forschung moderat und abwägend. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass ihre Ergebnisse bei der Bewertung der Risiken und Vorteile von Fluorid helfen könnten, zum Beispiel bei der Fluoridierung von Wasserversorgungen mit dem Ziel, Karies zu reduzieren“, meint etwa der britische Statistiker Kevin MacConway von der Open University in Großbritannien in einem Statement

Er merkt an, dass die Forscher keine Empfehlungen machen würden, wie man nun in den USA konkret vorgehen solle: „Sie fordern mehr und bessere Forschung zum Zusammenhang zwischen relativ niedrigen Fluoridwerten und dem durchschnittlichen IQ von Kindern, wie sie durch die Fluoridierung von Wasser in Ländern wie dem Vereinigten Königreich oder den USA entstehen würden. Sie berichten, dass es zu dieser spezifischen Frage nur wenige vorhandene Daten gibt und dass eine erhebliche Unsicherheit besteht (aus statistischen und anderen Gründen)."

Die nun durch die umstrittene Studie erneut entbrannte Diskussion um das Trinkwasser ist noch nicht abgeschlossen. Ob die USA weiterhin ihr Trinkwasser mit dem Stoff anreichern werden, wird sich zeigen. Dass das zukünftig nicht mehr passiert, ist unter der kommenden Trump-Regierung jedenfalls möglich.

In Österreich wird das Trinkwasser nicht künstlich mit Fluorid supplementiert, aber der Stoff steckt oft in der Zahnpasta. Deshalb ist Kinderzahnpasta fluoridfrei, Erwachsene sollten aber ihren Zähnen zuliebe nicht darauf verzichten.

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