Fracking erklärt: Warum es dafür in Österreich zu spät ist
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Seit Ende der 1940er-Jahre wird Fracking vor allem in der Erdöl- und Erdgasförderung eingesetzt. Die Methode wird durch das angestrebte Frackingverbot von Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler wieder ins mediale Rampenlicht gerückt.
Das Thema wird auch durch die Energiekrise befeuert. Befürwörter*innen argumentieren, dass man sich von teuren und ungewissen Gasimporten unabhängig machen und das Gas direkt in Österreich fördern sollte.
Bodenressourcen seien vorhanden, besonders unter Niederösterreich lagern große Mengen an Schiefergas. Das Problem besteht nur darin, dieses Gas aus dem Boden zu holen.
Frackingflüssigkeit ist ausschlaggebend
Da kommt Fracking oder auch “Hydraulic Fracturing” ins Spiel. Bei der Fördermethode wird eine Flüssigkeit mit hohem Druck in gasreiches dichtes Gestein gepumpt. Durch den Druck wird das Gestein aufgesprengt. Es wird poröser und erhält Risse. Dadurch kann das Erdgas (oder auch Erdöl) im Untergrund besser fließen und kann so leichter gefördert werden.
Frackingflüssigkeit besteht zum größten Teil - über 95 Prozent - aus Wasser. Dazu kommen Stützmittel wie Quarzsand, Keramik- oder Glaskügelchen, die die Ritzen und Risse offen halten. Außerdem werden mehrere Chemikalien beigemischt, die die Flüssigkeit verdicken, Fließeigenschaften ändern, den pH-Wert regulieren - die genauen Zusammensetzungen sind unbekannt. Dieser Chemiemix kann hochgiftig oder krebserregend sein, der Abfall müsste auf Sonderdeponien gelagert werden.
Probebohrungen in Österreich abgesagt
Wenn über Fracking gesprochen wird, kommen gleich auch Bilder aus den USA in den Sinn, bei denen das aus dem Wasserhahn kommende Wasser-Erdgas-Gemisch Feuer fängt. Oder Bilder von vermeintlichem Leitungswasser, das eher Klärschlamm als Trinkwasser gleicht.
Dementsprechend groß war der Widerstand aus der Bevölkerung, als die OMV 2012 Probebohrungen für Schiefergasfracking im Weinviertel durchführen wollte. Das Projekt wurde nie durchgeführt, obwohl solche Bilder wie aus den USA in Österreich eher unwahrscheinlich sind. Zum einen liegen die Gasvorkommen in Nordamerika näher an der Oberfläche, zum anderen gelten in Europa strengere Richtlinien im Umgang mit Umweltgiften.
"Grünes Fracking" aus der Montanuniversität Leoben
Ein Ansatz aus der Montanuniversität Leoben will diesen Umweltbedenken aus dem Weg räumen, indem nur biologisch abbaubare Substanzen und ohne schädliche Chemikalien verwendet werden.
Entwickelt wurde „Bio Enhanced Energy Recovery“ (BEER) vor mehr als 10 Jahren von Herbert Hofstätter, Professor in der Montanuniversität Leoben. 2014 wurde es patentiert. Schnell wurde es als sauberes Fracking, Bio-Fracking, Öko-Fracking oder grünes Fracking bekannt.
Dabei wird die Fracking-Flüssigkeit hauptsächlich mit Kaliumcarbonat angereichert - einem Salz, das auch bei der Herstellung von Seife, Düngemittel oder als Zusatzstoff in Lebensmitteln zum Einsatz kommt. Außerdem kann die Flüssigkeit nach dem “Frac” zur Wiederverwendung aufbereitet werden.
Bei einer parlamentarischen Anfrage aus 2014 wurde das BEER-Verfahren als “hochtoxisch” beschrieben, das einen Stimmungsumschwung “über die Hintertür” auslösen sollte. Ausgerechnet die Partei des damaligen Anfragenstellers Norbert Hofer (FPÖ) liebäugelt seit einigen Monaten mit dem “Bio-Fracking”.
Zahlen sich neue Erdgasprojekte aus?
Auch wenn das BEER-Verfahren umwelt- und gesundheitstechnisch einwandfrei sein sollte, wie Hofstätter versichert, kann dennoch nicht von heute auf morgen Erdgas gefördert werden. Zunächst dauere es mehrere Jahre, bis überhaupt Gas aus den Bohrlöchern gewonnen werden kann. Laut OMV-Konzernchef Alfred Stern würde es bis 2030 dauern, bis das Methan gefördert werden könnte. Das sei in etwa so, als würde man mit 95 noch ein Haus bauen.
Für den kurzfristigen Energiebedarf stellt Fracking-Erdgas aus Österreich somit keine Alternative dar. Außerdem will Österreich bis 2040 vollständig klimaneutral sein, also auf fossile Energie möglichst weitestgehend verzichten. In diesem Prozess sollen fossile Brennstoffe schrittweise zurückgeschraubt werden. Es stellt sich die Frage, ob sie neue Infrastruktur für die Erdgasförderung jetzt überhaupt noch lohnt.
Methangehalt der Atmosphäre steigt
Ein weiteres Problem stellt auch das Methan, also Erdgas, dar, das beim Fracking in die Atmosphäre austritt. Methan ist nämlich ein deutlich stärkeres Treibhausgas als CO2 und ist seit 2008 in immer höherer Konzentration in der Luft zu finden.
Hauptursache des Methananstiegs soll laut einer Studie aus dem Jahr 2019 das vor allem in den USA durchgeführte Fracking sein. Wie chemische Analysen zeigen, könnte das Methan aus Frackinggebieten für rund ein Drittel des weltweiten Anstiegs verantwortlich.
Mit einem Verbot würde sich Österreich anderen Staaten in Mitteleuropa, wie Deutschland, Italien oder Frankreich, anschließen. Doch es gibt auch wieder Gegenströmungen. In Großbritannien wurde im Herbst 2022 das erst 2019 durchgesetzte Frackingverbot wieder aufgehoben, um dadurch die Energiesicherheit des Landes in Zukunft zu sichern.
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