
Der britische Fusionsreaktor JET (Symbolbild)
Atomenergiebehörde untersucht, wie gefährlich Wolfram für Fusionsreaktoren ist
Wolfram ist das chemische Element, mit dem höchsten Schmelz- und Siedepunkt. Wegen seiner hohen Beständigkeit soll es als Wandmaterial bei Fusionsreaktoren zum Einsatz kommen – darunter beim europäischen ITER, der gerade gebaut wird.
Allerdings könnte das zu Problemen führen. Deshalb hat die Internationale Atomenergiebehörde IAEA ein Projekt gestartet, um das Zusammenspiel zwischen Wolfram und Plasmapartikeln zu erforschen.
Wolfram-Teilchen können Instabilität verursachen
Durch die Interaktion von Plasmapartikeln mit den Reaktorwänden bzw. Beschichtungen aus Wolfram, können diese erodieren. Dadurch werden kleine Teile des Wolframs gelöst und zu Unreinheiten im Plasma. Das kann große Konsequenzen haben.
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Der Plasmafluss könnte instabil werden und durch die Magnetfelder nicht mehr im Zaum gehalten werden. Wird rechtzeitig der Reaktor heruntergefahren, hat man Zeit und Energie verloren, weil das Plasma wieder gezündet und aufgeheizt werden muss, um auf seine Betriebstemperatur von mindestens 100 Millionen Grad Celsius zu kommen.
Im schlimmsten Fall bricht der Plasmafluss aus dem Magnetfeld aus, bevor der Reaktor ausgeschaltet wird. Das extrem heiße Plasma trifft die Reaktorwand und brennt sich durch diese.
Dann muss die Reaktorwand getauscht werden und mit etwas Pech auch Komponenten der Elektromagneten, die auf der anderen Seite der Reaktorwand sind, die für die Erzeugung des Magnetfelds zuständig sind. Abgesehen von den hohen Kosten für die Ersatzteile, gibt es einen weiteren finanziellen Schaden, weil der Fusionsreaktor mitunter wochenlang stillsteht, bis er repariert ist und wieder Energie erzeugen kann.
So funktioniert die Kernfusion
Im Gegensatz zur Kernspaltung werden bei der Kernfusion Atome miteinander verschmolzen. Dabei wird Energie freigesetzt. Diese kann in der Form von Hitze genutzt werden, um Wasserdampf zu erzeugen, der wiederum eine Turbine antreibt.
Damit die Kernfusion in Gang gesetzt wird, braucht es noch viel größere Hitze. Über 100 Millionen Grad Celsius sind nötig. Im Kern der Sonne, die ein natürlicher Fusionsreaktor ist, ist es „nur“ 15 Millionen Grad Celsius heiß. Die Kernfusion gelingt dort trotzdem, weil der Druck 250 Milliarden mal größer als in der Erdatmosphäre ist: Ein Zustand, den man auf der Erde bisher nicht reproduzieren kann.
Weil kein Material der Erde 100 Millionen Grad Celsius heißes Plasma aushält, kommen bei Fusionsreaktoren extrem starke Elektromagnete zum Einsatz. Sie halten das Plasma in einem Magnetfeld, damit es nicht mit den Reaktorwänden in Berührung kommt.
Erst wenn das Magnetfeld lange genug stabil gehalten werden kann, wird ein effizienter Betrieb eines Fusionsreaktors möglich. Ansonsten benötigen das Erhitzen bzw. Zünden des Plasmas und dessen Erhaltung mehr Energie als schlussendlich erzeugt wird.
Gelingt der effiziente Betrieb, könnte ein Fusionsreaktor nahezu unendlich saubere Energie erzeugen, weil das dafür benötigte Isotop Deuterium in Wasserstoff enthalten ist.
Theorie passt nicht zu Experimenten
Laut IAEA ist es deshalb essenziell zu verstehen, wie sich Wolfram-Ionen im Plasma verhalten, um dieses Risiko zu minimieren. Aktuell gibt es dabei Unklarheiten, weil bisherige theoretische Forschung und praktische Experimente nicht zusammenpassen.
Bei dem Projekt sollen Daten anhand von Experimenten und Simulationen entstehen. Diese werden dann den Mitgliedern der IAEA zur Verfügung gestellt. Dadurch soll das Projekt direkt beim Bau und Betrieb künftiger Fusionsreaktoren helfen.
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