Macht die Menschheit so weiter wie bisher, könnte der Eisschild bald Geschichte sein. 

Macht die Menschheit so weiter wie bisher, könnte der Eisschild bald Geschichte sein. 

© REUTERS/HANNIBAL HANSCHKE

Science

Grönland: Eisschmelze kurz vor unumkehrbarem Punkt

Der grönländische Eisschild bedeckt 1,7 Millionen Quadratkilometer der Arktis. Schmilzt er vollständig, steigt der globale Meeresspiegel um etwa 7 Meter an. Mit verheerenden Folgen für Mensch und Umwelt. 

Wie schnell ein solches Szenario allerdings eintreten könnte, ist nicht genau klar. Wissenschaftler*innen versuchen die Schmelze mit sogenannten Kipppunkten - also kritischen Schwellenwerten, an denen sich das Verhalten eines Systems unwiederbringlich ändert - vorherzusagen.

In einer neuen Studie wurden mithilfe von Simulationen nun 2 solcher Kipppunkte für das Grönland-Eisschild ermittelt: Werden 1.000 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre freigesetzt, schmilzt der südliche Teil des Eisschilds. Etwa 2.500 Gigatonnen Kohlenstoff bedeuten den dauerhaften Verlust der gesamten Eismasse. 

Menschheit steuert auf ersten Kipppunkt zu

"Der erste Kipppunkt ist nicht weit von den heutigen Klimabedingungen entfernt. Es besteht die Gefahr, dass wir ihn überschreiten", sagt Dennis Höning, Klimawissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Leiter der Studie. Mit einem Ausstoß von etwa 500 Gigatonnen CO2 befände sich die Menschheit derzeit auf halbem Weg zum ersten Kipppunkt. "Wenn wir erst einmal ins Rutschen kommen, werden wir von dieser Klippe fallen und können nicht wieder hochklettern", so Höning. 

Zwischen 2003 und 2016 verlor der Grönland-Schild jedes Jahr rund 255 Milliarden Tonnen Eis. Ein Großteil der bisherigen Schmelze fand im südlichen Teil statt. Luft- und Wassertemperatur, Meeresströmungen sowie Niederschläge bestimmen, wo und vor allem wie schnell der Eisschild schmilzt. Das Zusammenwirken dieser Faktoren über lange Zeiträume hinweg erschwert den Wissenschaftler*innen genaue Vorhersagen. 

Simulationen mit komplexen Modellen

Hönig und seinem Team ist es dennoch gelungen, eine besonders genaue Prognose zu erstellen. Sie kombinierten ein komplexes Modell aller wichtigen Klima-Rückkopplungsprozesse, mit einem Modell, das das Verhalten des Eisschildes nachbildet. Zunächst wurden Simulationen mit konstanten Temperaturen durchgeführt, um Gleichgewichtszustände des Eisschildes zu finden - also Punkte, an denen der Eisverlust gleich dem Eiszuwachs ist. Dann wurden unterschiedliche Szenarien mit unterschiedlichen Temperatursteigerungen modelliert und schließlich die besagten Kipppunkte abgeleitet.

"Wir können die Kohlendioxidemissionen nicht viel länger in gleichem Maße fortsetzen, ohne zu riskieren, dass die Kipppunkte überschritten werden", warnt Höning. "Der größte Teil der Eisschmelze wird nicht in den nächsten 10 Jahren stattfinden. Aber es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis wir nichts mehr dagegen unternehmen können", so der Klimaforscher.

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