Wie man das Bauen von Häusern aus Holz ankurbeln kann
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Wer sich mit klimafreundlichem Bauen beschäftigt, wird relativ rasch auf den Baustoff Holz stoßen. Holz bindet Kohlenstoff, es wächst nach und es lässt sich vollständig recyceln.
Aus Holz lassen sich nicht nur Einfamilienhäuser konstruieren, sondern ganze Hochhäuser. Die auf dem Markt gefragten Großprojekte haben üblicherweise zwischen 4 und 6 Stockwerke. Sie lassen sich mit mäßiger Komplexität in Holzbauweise errichten.
Diese Projekte haben derzeit nur einen sehr kleinen Marktanteil. Das liegt unter anderem daran, dass es viele kleine, wenig vernetzte Unternehmen im Holzbau gibt und großen Playern oft das Wissen um spezielle, planerische Erfordernisse beim Bauen mit Holz fehlt. Die FH Campus Wien forscht daran, wie sich diese Umstände verbessern lassen.
Vorgefertigte Teile zusammenfügen
Der konventionelle Bauprozess unterscheidet sich grundsätzlich von jenem beim Holzbau, erklären Martin Aichholzer und Aída Santana Sosa. Der Masterstudiengangsleiter Architektur – Green Building an der FH Campus Wien und die wissenschaftliche Mitarbeiterin haben sich im von der FFG geförderten Forschungsprojekt "Holzbau 4.0" der Entwicklung von kollaborativen Bau- und Planungssystemen im mehrgeschossigen Holzbau gewidmet. Der herkömmliche Planungsprozess sei iterativ, viele Details eines Gebäudes kristallisieren sich also während des Baus erst nach und nach heraus. Bei einem Holzgebäude könne man das so nicht machen.
"Im Holzbau werden wesentlich größere Anteile eines Gebäudes vorgefertigt und kommen dann fertig auf die Baustelle. Man braucht also eine genaue, vollständige Planung, nach der die Teile produziert und montiert werden", sagt Aichholzer. Idealerweise könnte es auch im konventionellen Bauprozess so laufen, wodurch Fehler vermieden werden könnten. Beim Bauen mit Holz sei die integrale Planung, also die Planung in einem gut eingespielten Team in einer relativ frühen Phase, entscheidend. Späte Änderungswünsche könne man beim Bauen mit Holz kaum berücksichtigen.
Verfügbare Komponenten finden
Auch das Beschaffen der notwendigen Bauelemente aus Holz ist eine Herausforderung. Aichholzer: "Beton und Stahl sind Universalbaustoffe, für die es weltweit Normen gibt. Baut man mit Holz gibt es viele unterschiedliche Produkte mit entsprechenden Eigenschaften. Man muss sich damit beschäftigen, was der Markt hergibt und ob man Projekte überhaupt so umsetzen kann, wie man sich das vorstellt. Man kann ja kein Fantasiegebäude entwerfen mit Teilen, die keine Firma hat und anfertigt."
Santana Sosa: "Hilfreich könnten hier künftig digitale Plattformen wie dataholz.eu sein, die einen Katalog an bauphysikalisch geprüften Holzbauteilen bereithalten.“
Kleine Firmen vernetzen
Eine weitere Schwierigkeit ist, dass es im Holzbau eine große Anzahl kleiner Unternehmen gibt. "70 Prozent der in Österreich im Holzbau tätigen Firmen haben nur zwischen einem und 9 Mitarbeiter*innen", erklärt Santana Sosa. Die Unternehmen sind meist hochspezialisiert, müssen aber für ein Bauprojekt eng zusammenarbeiten. Es sei eine große Chance, dass es viele kleine Unternehmen gebe, die sich mit Holzverarbeitung beschäftigen. Bauprojekte können dadurch regionale Ressourcen nutzen.
Andererseits sei es auch notwendig, dass Generalunternehmer, die Holzbauprojekte verwirklichen wollen, eine gewisse Größe haben, um den organisatorischen und finanziellen Aufwand zu stemmen. Hier sei es laut den Forscher*innen notwendig, ein gut abgestimmtes Netz aus Zulieferern aufzubauen, wie es etwa in der Automobilproduktion existiert. In Deutschland gebe es bereits einen derartigen Zusammenschluss aus Unternehmen, die gemeinsam Projekte umsetzen: die Holzunion. Das Modell könne als Vorbild dienen.
Planung digitalisieren
Für die Zusammenarbeit vieler Unternehmen bieten sich die digitalen Medien an. Ein digitaler Zwilling des geplanten Gebäudes in der Cloud kann als Grundlage dienen. Man spricht hier von BIM - Building Information Modelling. "Der digitale Zwilling eines Gebäudes ist die Basis für eine gemeinsame und ganzheitliche Planung, die direkt auf die Produktion und den Bau übertragen wird", sagt Aichholzer.
Durch die digitale Planung sei es auch möglich, Herstellungsprozesse zu optimieren und stärker zu automatisieren. "Es gibt immer weniger Leute, die handwerkliche Berufe wählen. Wir müssen Ersatz dafür finden, etwa in Form von Robotern. Ebenso müssen wir neue Arbeitsplätze schaffen, die für die neuen Generationen attraktiver sind, z. B. im Bereich der Softwareentwicklung und der digitalen Fertigung", sagt Aichholzer. Das eröffne die Chance, Unternehmen resilient zu machen und Standorte zu sichern.
Momentan funktioniert die digitale Zusammenarbeit aber nur mangelhaft, weil wichtige Schnittstellen fehlen. "Es können nicht alle auf der gleichen Software arbeiten. Ausführende, wie etwa Zimmereien, sowie Entwerfende und Planende, also Architekturbüros, arbeiten mit unterschiedlichen Programmen. Daten daraus lassen sich nur in Fragmenten zusammenzuführen. Durchgängige digitale Lösungen gibt es noch nicht," sagt Santana Sosa. Viele Kleinunternehmen können sich außerdem benötigte Software-Lizenzen nicht leisten.
Kosten umschichten
Viele Holzbauprojekte scheitern an der Auffassung, sie seien teurer. Dabei sei es wichtig, sich die Kostenstruktur von Bauprojekten genauer anzusehen, meint Aichholzer. "Normalerweise betragen die Materialkosten an den Baukosten nur rund 25 Prozent. Die Personal- und Verwaltungskosten sind höher. Es gibt z.B. lange Steh- und Wartezeiten vor Ort, die zu Verlusten führen. Diese könnten durch Vorfertigung vermieden werden." Beim Holzbau seien die Materialkosten höher, allerdings gebe es durch verbesserte Planung auch Einsparungen bei den Personal- und Verwaltungskosten.
Einfache Antworten auf komplexe Fragen
Im Forschungsprojekt Holzbau 4.0 wurden Strategien zur Bewältigung all dieser Herausforderungen intensiv erforscht und zwischen Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie KMUs diskutiert. Am verstärkten Bauen mit Holz führe laut Aichholzer und Santana Sosa, angesichts des voranschreitenden Klimawandels, kein Weg vorbei. "Wir versuchen einfache Antworten auf komplexe Fragen zu finden und dadurch die Atmosphäre des 'Das ist zu kompliziert' rauszunehmen", sagt Aichholzer. Um das Thema der Nachhaltigkeit auf allen drei Ebenen, nämlich der ökologischen, der ökonomischen und der sozialen, weiter voranzutreiben, sei es notwendig, kleinere Unternehmen zu aktivieren, um in einem schlanken Prozess zusammenzuarbeiten und Holzbauprojekte zu realisieren.
Initiiert wurde das Projekt durch den ecoplus - Bau.Energie.Umwelt Cluster Niederösterreich, der einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts „Vienna Region“ leistet. Das Team der FH Campus Wien entwickelt gemeinsam mit teilnehmenden Unternehmen die erforschten Strategien weiter und setzt damit die Initiative zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der KMUs und des Holzsektors weiterhin fort.
Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Campus Wien entstanden.
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