Hyperloop-Bau startet: "Haben es auch zum Mond geschafft"
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Mit bis zu 1200 km/h in einer halben Stunde von San Francisco nach Los Angeles oder von Wien nach Bregenz. Die Vision von Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk, Menschen in Hochgeschwindigkeitskapseln durch Röhren zu schicken, sorgte bei der Ankündigung im Sommer 2013 für Staunen, aber auch viel Kopfschütteln. Bereits 2016 wird es nun aber ernst. In der kalifornischen Stadt Quay Valley wird eine sieben Kilometer lange Hyperloop-Strecke gebaut, die Passagiere von A nach B bringen soll.
Kapsel durch Röhre schießen
"Die Amerikaner haben es in zehn Jahren auf den Mond geschafft, aktuell sind wir zum Mars unterwegs, aber es gibt immer noch Leute, die bezweifeln, dass wir eine Kapsel durch eine Röhre schießen können?", sagt Dirk Ahlborn, CEO von Hyperloop Transportation Technologies (HTT), im Interview mit der futurezone. Sein Unternehmen, ein loser Zusammenschluss von mittlerweile 200 Wissenschaftlern, Studierenden und Geschäftsleuten, hat in den vergangenen 18 Monaten emsig daran gearbeitet, die technische und wirtschaftliche Machbarkeit des neuen Transportmittels auszuloten.
Bei der jetzt angekündigten Hyperloop-Strecke handelt es sich allerdings nicht um die von Elon Musk versprochenen Teststrecke, die vermutlich noch in diesem Jahr in Texas entstehen wird. Denn während diese eher technische Funktionen simuliert, handelt es sich bei der am Donnerstag vorgestellten Anlage um ein vollwertiges System mit Stützen, Röhren und Kapseln, das voraussichtlich ab 2018 Passagiere transportieren wird. Lediglich bei der Geschwindigkeit werden die Entwickler aus Sicherheitsgründen, aber auch aufgrund der geringen Kilometeranzahl der Route, im herkömmlichen Bereich von Schwebebahnen unterwegs sein.
Unterdruck mit 100 Pascal
An der Vision, ein fünftes Transportmittel nach Schiff, Auto, Bahn und Flugzeug zu erschaffen, das künftig Hunderte Kilometer entfernte Städte in wenigen Minuten verbinden kann, hat sich auch nach den Vorstudien nichts geändert. „In der Röhre wird ein Unterdruck von 100 Pascal erzeugt. Dadurch sinkt ähnlich wie bei einem Flugzeug in großer Lufthöhe der Luftwiderstand und damit gleichzeitig der Energieaufwand, der für das Erreichen derartiger Geschwindigkeiten notwendig ist“, erklärt Ahlborn. Die Kapsel selber wird ähnlich wie bei bestehenden Magnetschwebebahnen auf einem Luftpolster berührungsfrei in der Röhre transportiert.
Finanzierung
Um die sieben Kilometer lange Hyperloop-Strecke zu realisieren, ist laut Ahlborn zumindest ein Grundkapital von 100 Millionen Dollar notwendig. Aus diesem Grund will Hyperloop Transportation Technologies Ende des Jahres an die Börse gehen. „Es wäre sicher nicht schwer, Risikokapital von Investoren aufzutreiben. Wir wollen aber bewusst von Anfang an auf die Partizipation aller an dem Projekt Interessierten setzen. Wie viel die Crowd beim Thema Innovationen bewegen kann, zeigen Plattformen wie Kickstarter und Indiegogo und Projekte wie Oculus Rift“, so Ahlborn.
Die kurze Hyperloop-Strecke, die voraussichtlich zwei Stationen haben wird, soll aber nicht zu reinen Test-Zwecken dienen. Vielmehr ist sie in der für 25.000 Einwohner geplanten Stadt direkt am Interstate 5 Highway (I-5) auch als Besucherattraktion geplant. Die privaten Gründer von Quay Valley wollen mit Entertainment- und Shopping-Angeboten bis zu zehn Millionen Besucher jährlich in die zu 100 Prozent mit Solarenergie betriebene „Vorzeigestadt des 21. Jahrhunderts“ locken. Geht der Plan auf, könnte die erste Hyperloop-Strecke der Welt die Investitionen bald wieder hereinspielen.
In einem nächsten Schritt will HTT dann eine 200 bis 300 Kilometer lange Strecke bauen, auf der auch die versprochenen hohen Geschwindigkeiten erreicht werden können. „Zunächst muss das System mit leeren Kapseln getestet werden, danach werden wir Fracht transportieren – und wenn alles sicher und geklärt ist, werden wir Personen befördern“, sagt Ahlborn. Das Interesse an dem visionären Transportmittel sei riesig – viele Anfragen kämen derzeit aus China, das stark in Hochgeschwindigkeitszüge und andere Infrastruktur investiere.
Wien - Bregenz in 30 Minuten
Aber auch in Europa und den USA findet das Projekt laut Ahlborn viele Anhänger. „Wir können die Welt verändern, indem wir Städte näher zusammenbringen. Man denke nur an eine Stadt wie Detroit, die derzeit am Boden liegt und gegen Abwanderung von Menschen und Betrieben kämpft. Der einzige Vorteil dort ist, dass die Preise enorm niedrig sind. Große Konzerne könnten sich also wieder dort ansiedeln, wenn Leute in einer halben Stunde von entfernten Städten in die Arbeit fahren können. Aber auch von Wien nach Bregenz in 30 Minuten fahren zu können, wäre ja nicht das schlechteste“, meint Ahlborn.
Kritiker, die das visionäre Projekt von vornherein zum Scheitern verurteilen, können den gebürtigen Deutschen, der in Berlin aufwuchs und über Umwege in Kalifornien landete, nicht verunsichern. „Als Fahrzeuge erstmals über 20 km/h fuhren und später Züge die 100-km-h-Marke durchbrachen, gab es auch viele, die sich das nicht vorstellen konnten und vor den Gefahren für den menschlichen Körper warnten. Dass das auch beim Hyperloop diskutiert wird, war vorhersehbar“, so Ahlborn.
Wettbewerb um Hyperloop
Wie es mit der Hyperloop-Umsetzung weitergehen und inwieweit sich Elon Musk entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung einbringen wird, bleibt abzuwarten. Mit der von ihm selbst finanzierten Teststrecke, die verschiedenen Entwicklern offen zur Verfügung stehen soll, hat er einen wichtigen neuen Impuls gesetzt. Neben dem großen Team um Ahlborn, das seit eineinhalb Jahren teilweise unentgeltlich und auch in der Freizeit an der Umsetzung tüftelt, preschte im Februar ein weiteres Start-up namens Hyperloop Technologies vor, das sich - ausgestattet mit 8,5 Millionen Dollar Finanzierungskapital – rein auf den Transport von Fracht spezialisieren will.
Dass das neue Start-up praktisch mit dem gleichen Namen wie Ahlborns Unternehmen reüssieren will, sorgt beim HTT-CEO zwar für einige Irritationen. Wettbewerb bzw. weitere Initiativen, die sich dem Thema annehmen, bewertet Ahlborn aber positiv. „Ganz allein so etwas aufzuziehen, macht keinen Spaß. Das ist und war auch in der Luftfahrt- und Zugindustrie nie möglich. Wir freuen uns daher auf alle, die zur Weiterentwicklung und Umsetzung dieser Vision beitragen, und sind für Kooperationen jeglicher Art offen“, sagt Ahlborn.
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