Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden an psychischen Problemen

Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden an psychischen Problemen

© Getty Images / Zarina Lukash/istockphoto.com

Science

Wo man Hilfe findet, wenn das Kind ein psychisches Problem hat

Wenn die eigenen Kindern Probleme haben, ist es für die meisten Eltern unerträglich, sie nicht lösen zu können. Umso schwieriger wird es, wenn es sich um psychische Probleme handelt und die Betroffenen mit ihren Eltern nicht darüber sprechen. In den vergangenen Jahren haben die psychischen Beschwerden von Kindern und Jugendlichen stark zugenommen. Mehr als doppelt so viele Schüler*innen wie noch vor 10 Jahren leiden heute an Schlafschwierigkeiten, Gereiztheit, Nervosität oder Niedergeschlagenheit.

Anstieg gab es schon vor Corona

Viele Eltern spüren, dass mit dem Nachwuchs irgendetwas nicht in Ordnung ist, können das Problem aber nicht genau identifizieren und wissen nicht, was sie dagegen tun können und wo sie Unterstützung dafür finden. Die FH Campus Wien erarbeitete im Forschungsprojekt DiGes das Konzept für eine digitale Informationsplattform, die besorgten Eltern weiterhelfen soll. An dem interdisziplinären Forschungsprojekt wirkten wissenschaftliche Mitarbeiter*innen des Kompetenzzentrums Digital Health and Care und des Kompetenzzentrums für Angewandte Pflegeforschung mit. Das Projekt DiGes wurde vom LBG Open Innovation in Science Center gefördert.

Dass immer mehr Schüler*innen an psychischen Beschwerden leiden, sei nicht erst durch die Corona-Pandemie ausgelöst worden, sagt DiGes-Projektleiterin Carina Hauser: "Der Trend war schon vor Corona da. Die Pandemie hat die Problematik nur verschärft." Um genau einzugrenzen, welche Art von Unterstützung sich Eltern wünschen und wie diese angeboten und aufbereitet werden sollen, wurden im Zuge des Forschungsprojekts mehrere Workshops veranstaltet.

Im Projekt DiGes wurden Workshops mit Eltern und Fachkräften aus dem psychosozialen Bereich durchgeführt

Im Projekt DiGes wurden Workshops mit Eltern und Fachkräften aus dem psychosozialen Bereich durchgeführt

Niederschwellige Orientierung

"Wir hatten Eltern dabei, aber auch Fachkräfte aus dem psychosozialen Bereich, wie Psycholog*innen, psychiatrische Pflegekräfte und Schulcoaches", sagt Hauser. "Wir wollten die Sichtweise von beiden Seiten einholen." Einige der beteiligten Eltern hätten bei ihren Kindern besorgniserregende Verhaltensweisen erkannt, andere hatten bereits Erfahrung mit Therapeut*innen, bei denen ihre Kinder in Behandlung waren. "Sie konnten retrospektiv beschreiben, was sie in der Anfangszeit gebraucht hätten", sagt Hauser.

Eine digitale Informationsplattform hielten die Workshop-Teilnehmer*innen für eine gute Idee, weil sie eine niederschwellige Orientierung ermöglicht. Manche Eltern verspüren große Unsicherheiten beim Umgang mit psychischen Problemen ihrer Kinder und haben das Gefühl einer geringen Selbstwirksamkeit. Manche hätten auch Angst davor, Hilfe in Anspruch zu nehmen, erklärt Hauser. In diesem Fall sei es hilfreich, eine bedarfsgerechte Smartphone-App vorzufinden.

Schilderungen von Alltagssituationen

In dieser App sollten Fallbeispiele zu psychischen Problemen geschildert werden, lautet ein Ergebnis des Projekts. Anhand von Beschreibungen und Videos sollte beispielhaft besorgniserregendes Verhalten wie sozialer Rückzug oder Aggression gezeigt und mögliche Lösungen dargestellt werden. "Eltern sollen Alltagssituationen sehen und daran erkennen, um welche Art von Problem es sich handelt", sagt Hauser. "Ein Beispiel ist etwa ein Kind, das nach der Schule nach Hause kommt, kein Wort sagt, die Schultasche ins Eck schmeißt, sich in sein Zimmer verkriecht und soziale Kontakte abbricht."

Neben Fallbeispielen sollen Eltern auch ein Forum vorfinden, in denen sie sich mit anderen Eltern austauschen können. Möglich wäre auch eine Chatfunktion, mit der man sich mit Expert*innen austauschen kann. Ein Glossar soll dabei helfen, Begriffe zu erklären, um z.B. zu vermitteln, welche Spezialist*innen für welche Art von Behandlung gefragt sind. In der App soll man auch sofort Kontakte zu Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen, Psychiater*innen etc. vorfinden.

Unterstützung bis zum Termin bei Therapeut*in

Nicht nur für Eltern, auch für Fachkräfte könnte eine Informations-App sehr hilfreich sein. Einen Termin bei Psychotherapeut*innen zu erhalten, könne laut Hauser häufig schwierig sein. Behandelnde könnten auf die App verweisen, damit Eltern erste Schritte selbst setzen können, bevor es zu einem persönlichen Treffen mit Therapeut*innen kommt.

Derzeit handelt es sich bei der App noch um ein Konzept. Konkret entwickelt werden soll die digitale Informationsplattform in einem Folgeprojekt. Im Zuge dessen sollen auch Videoinhalte für Fallbeispiele kreiert werden. Bei der App-Entwicklung will die FH Campus Wien mit Privatunternehmen zusammenarbeiten. 

 

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen FH Campus Wien und der futurezone entstanden.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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