Atomic ist der industrielle Partner des Forschungsprojekts.

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Science

Sensoren in der Skiausrüstung können Unfälle verhindern

Einen kurzen Moment nicht aufgepasst, schon ist es passiert. Der Außenski rutscht weg, das Gleichgewicht verabschiedet sich und das Gesicht macht eine unliebsame Bekanntschaft mit der spärlich beschneiten Piste. Gerade in der jetzigen Wintersaison reist die Serie schwerer Skiunfälle nicht ab, einige davon gehen sogar tödlich aus. 

Intelligente Skiausrüstung könnte Unfälle vermeiden. Forscher*innen des Salzburger COMET-Kompetenzzentrums „Digital Motion“ sowie dem Fachbereich für Sport- und Bewegungswissenschaft der Uni Salzburg arbeiten bereits daran, Ermüdung auf der Piste zu messen und zu Pausen aufzurufen.

Ermüdung als Hauptursache für Unfälle

Laut Datenwissenschafter Stefan Kranzinger gehören körperliche und mentale Ermüdung zu den Hauptursachen für Unfälle und Verletzungen. „Die meisten Menschen fahren nur wenige Tage im Jahr Ski, meistens im Urlaub. Da wird dann den ganzen Tag gefahren, was sehr ermüdend ist“, sagt Kranzinger. 

Wie kann man sich „intelligente“ Skiausrüstung vorstellen? Bewegungssensoren in den Skischuhen zeichnen etwa die Qualität der Schwünge auf, Sensoren im Leiberl messen die Atmungsrate und -tiefe. Mithilfe von Datenanalyse und künstlicher Intelligenz können so die körperlichen Belastungen registriert und Ermüdungserscheinungen erkannt werden.

Feldtest auf der Planai

Ermüdung ist im Skisport sehr individuell, wie sich bei einem Versuch auf der Planai in Schladming zeigte. 22 erfahrene männliche Skifahrer absolvierten dort jeweils 10 Abfahrten und sollten dabei 80 Schwünge pro Minute einhalten. Während des Versuchs wurden die Bewegungs- und Körperdaten erfasst, unmittelbar danach wurden die Teilnehmer zum Grad ihrer Erschöpfung befragt. Nach der Abfahrt stieg die Erschöpfung zwar an, die Angaben der Testteilnehmer dazu schwankten jedoch. 

Unfallfakten

Zeitpunkt
Die meisten Skiunfälle finden laut dem Unfallexperten Marc Kipfer kurz vor der Mittagspause statt. Da sind nämlich viele Skifahrer*innen unterwegs und es treten bereits Ermüdungserscheinungen auf

Verletzungen
Laut der Stiftung „Sicherheit im Skisport“ ist bei Skiunfällen am häufigsten das Knie betroffen, gefolgt von Schulter und Hüfte

505 Verletzte
wurden zwischen 1. November und 3. Jänner in der alpinen Unfalldatenbank registriert. Das sind weniger als in den vergangenen Jahren. Mit 13 Todesfällen gibt es aber überdurchschnittlich viele tödliche Unfälle   

Die Sensoren können hier die eigene Körperwahrnehmung unterstützen. „Auch wenn man sich vielleicht nicht müde fühlt, eine Veränderung der Atemrate kann ein Anzeichen dafür sein, dass man es ist“, sagt Kranzinger. Das ist nicht nur für fortgeschrittene Skifahrer*innen interessant, sondern vor allem auch für Einsteiger*innen. Beim Testversuch habe man sich aber aus ethischen Gründen für erfahrene Probanden entschieden. „Bei solchen Studienanforderungen wäre das Verletzungsrisiko für Skianfänger einfach zu groß“, sagt der Wissenschafter.

Auch der berühmt-berüchtigte Einkehrschwung, sprich Skifahren unter Alkoholeinfluss, lässt sich wissenschaftlich kaum auswerten. „Keine Ethikkommission der Welt würde erlauben, Tests mit alkoholisierten Personen durchzuführen“, meint Kranzinger. Bei entsprechender Verbreitung könne man durch die Sensordaten aber möglicherweise auch darauf schließen, ob jemand alkoholisiert Ski fährt oder nicht.

Kooperation mit Atomic

„Die Feldtests auf der Piste bringen uns schon sehr nah ans angestrebte Endprodukt“, sagt Kranzinger. Dabei arbeite man auch mit dem Skihersteller Atomic zusammen. Einige Punkte müssen allerdings noch gelöst werden, wie etwa die Kommunikation mit dem Nutzer. Feedback aus einer Smartphone-App wäre zwar naheliegend, ist aber umständlich. „Nicht jeder will oder kann auf der Piste ständig sein Handy aus der Tasche nehmen“, sagt Kranzinger. Effizienter wäre eine hörbare Warnung, die etwa über Ohrstöpsel ausgespielt wird. 

Digitaler Trainer im Skischuh

Etwas weiter in der Entwicklung ist bereits Atomics „Connected Boot“. Dieser bewertet nicht das Ermüdungslevel, sondern die Technik des Skifahrenden. Beschleunigungskräfte, Aufkantwinkel, Schwung- und Carvingdauer – der clevere Skischuh soll als digitaler Trainer Feedback geben und Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen. Diese gibt es über eine App, in der man sich nicht nur mit seinen Freunden, sondern auch mit Weltklasse-Skistars vergleichen kann.

Intelligente Sensoren sollen zukünftig nicht nur von Skifahrer*innen verwendet werden, sondern sind auch für andere Sportarten interessant. „Die Sensorik ist jetzt auf den Skisport ausgelegt, kann aber zum Beispiel auch auf den Laufsport angewandt werden“, sagt Kranzinger.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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