Suche nach schädlichen Einflüssen beim Kunststoff-Recycling
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Plastikverpackungen sind im Lebensmittelbereich weit verbreitet. Um Kunststoffe verstärkt in Kreisläufen einzusetzen, bemüht sich die Verpackungsindustrie darum, sie nach Gebrauch so gut wie möglich zu recyceln. In manchen Fällen, besonders bei sogenannten Polyolefinen, hat sich jedoch gezeigt, dass nach dem (mechanischen) Recycling das Vorhandensein von DNA-reaktiven Substanzen nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Diese können für Menschen theoretisch gesundheitsschädlich sein. Forscher*innen versuchen nun herauszufinden, woher diese Substanzen stammen und wie man ihre Entstehung vermeiden kann.
Fahndung nach dem "Übeltäter"
"Bei neu hergestellten Kunststoffverpackungen ist alles sicher. Nach dem Recycling sind aber überraschenderweise in einigen Materialproben DNA-reaktive Moleküle enthalten", erklärt Verpackungsexperte Bernhard Rainer von der FH Campus Wien. Dieser Ausgangslage widmen sich die Forschenden des Kompetenzzentrums für Sustainable and Future Oriented Packaging Solutions an der FH Campus Wien im Projekt SafeCycle. Dieses wird gemeinsam mit mehreren Forschungspartnern aus Deutschland und Österreich durchgeführt. Besonders Unternehmen aus den Branchen Recycling, Verpackungshersteller, Lebensmittelunternehmen und Kunststoffproduzenten sind dabei beteiligt. Im Vorgängerprojekt PolyCycle wurde die Problematik der kontaminierten Recycling-Kunststoffe genau eingegrenzt. Bei SafeCycle wird jetzt nach dem "Übeltäter" in den recycelten Kunststoffen gefahndet.
Stoffaustausch zwischen Verpackung und Lebensmitteln
Polyolefine begegnen Konsument*innen im Supermarkt in unterschiedlicher Form. Zu der Kunststoffklasse zählen etwa Folien über Lebensmitteln (Low Density Polyethylen, LDPE), Kanister (High Density Polyethylen, HDPE) oder Joghurtbecher (Polypropylen). Nach Gebrauch werden sie (hoffentlich richtig) entsorgt und landen im Recyclingprozess. Hier werden sie sortiert, zerkleinert, eingeschmolzen und zu neuen Produkten gegossen. Waren sie einmal im Lebensmittelbereich, kehren sie derzeit nicht dorthin zurück. Um das möglich zu machen, muss erst sichergestellt werden, dass die Materialien absolut sicher für Menschen sind.
"Wo Verpackungen mit Lebensmitteln in Kontakt treten, kommt es in einem gewissen Rahmen zu einem Stoffaustausch in beide Richtungen", erklärt Rainer, der interimistisch das Kompetenzzentrum für Sustainable and Future Oriented Packaging Solutions leitet. Man spreche hierbei von Migrationsprozessen. Werden bestimmte Schwellenwerte überschritten, erhöht dies das Risiko für Krebserkrankungen. "Die Sicherheitsvorkehrungen sind aber sehr streng, die Toleranzen gering. Also vor Verpackungen muss niemand Angst haben."
Tinte wird möglicherweise zu heiß
Wie sich beim Projekt SafeCycle bereits gezeigt hat, entstehen die DNA-reaktiven Substanzen beim Recyclingprozess. Es gibt auch schon eine erste Vermutung, wie sie entstehen könnten. Nach dem Sortieren und Zerstückeln werden Kunststoffteile in einem sogenannten Extruder bei rund 200 Grad Celsius aufgeschmolzen. Dabei werden nicht nur Teile von Kunststoffverpackungen, sondern auch Klebstoffe und Druckfarbe geschmolzen, die sich auf den Verpackungen befinden. Die Druckfarben sind aber möglicherweise nicht dafür ausgelegt, bei solch einer hohen Temperatur verarbeitet zu werden.
"Es könnte also nicht am Kunststoff selbst, sondern an den Druckfarben liegen", sagt Rainer. Diese werden nun analysiert, was aber ziemlich aufwendig sei. "Man sucht nach einer Unbekannten in einer sehr niedrigen Konzentration in einem Sammelsurium von Substanzen." Das Forscher*innenteam versucht herauszufinden, welche Inhaltsstoffe potenziell gefährlich sein könnten und welche nicht.
Kunststoffe sollen nicht ersetzt werden
Sollte die Kontaminationsquelle gefunden werden, gebe es mehrere Möglichkeiten, sie zu beseitigen. "Man könnte etwa die Bedruckung anders gestalten, ein neues Reinigungsverfahren entwickeln, mit dem man die Farbe vor dem Einschmelzen entfernen kann. Oder man setzt bei den Verpackungen mehr auf Papier-Sleeves, die man im Recyclingprozess vom Kunststoff trennen und damit mögliche Kontaminationen durch Druckfarben vorbeugen kann", sagt Rainer.
Natürlich gebe es auch die Möglichkeit, Kunststoffe durch andere Materialien zu ersetzen, das sei aber nicht das Ziel, sagt der Experte. "Kunststoffe haben einen schlechten Ruf in der Gesellschaft, aber zu Unrecht. Sie sind leicht, flexibel und brauchen wenig Energie in der Herstellung, auch wenn sie aus Erdöl gemacht werden. Insgesamt haben Kunststoffe so, im Vergleich zu anderen Materialien, oft eine positive Umweltbilanz und tragen zur Ressourcenschonung bei. Wir wollen davon nicht wegkommen, sondern das Recycling besser machen."
Beteiligte Projektpartner
Ein Maßnahmenkatalog mit klaren Empfehlungen zur Vermeidung und Untersuchung dieser Kontaminationen in recycelten Kunststoffen soll Ende 2024 vorliegen. An SafeCycle sind folgende Forschungseinrichtungen beteiligt: das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV (DE), das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik - OFI, die Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung e.V. (DE) sowie der Kunststoffcluster der ecoplus (AT).
Das Projekt wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und in Deutschland durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) gefördert.
Veranstaltungshinweis
Am 25. Jänner 2024 lädt die FH Campus Wien beim Symposium "Sicherheitsbewertung von Verpackungsmaterialien" zum interdisziplinären Austausch. Hier gibt es mehr Infos zu Programm und Anmeldedetails.
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