Eine Frau hält eine Systemkamera in der einen und ein Smartphone in der anderen Hand

Für Schnappschüsse bei gutem Licht im Freien reichen Smartphone-Kameras aus.

© AntonioGuillem/Getty

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Smartphone oder echte Cam: Für wen lohnt sich eine Systemkamera?

Egal ob Städtetrip oder Familienfeier: Wo früher große, schwere Kameras allgegenwärtig waren, haben sich längst Smartphones breit gemacht. Das Handy hat man ohnehin immer dabei. Es ist leicht, einfach zu bedienen und entstandene Bilder können sofort im Web geteilt werden.

Doch spiegellose Systemkameras ­­– die Spiegelreflexkameras mittlerweile vom Markt verdrängt haben – sind Smartphones in einigen Aspekten klar überlegen: Lichtstärke, Kontrastumfang, Farbechtheit, Zoom und kreative Kontrolle.

Größerer Sensor

Der Sensor ist das Herzstück einer Digitalkamera. Erinnert man sich an analoge Kameras, übernimmt er sozusagen die Rolle des Films. Wenn sich der Verschluss der Linse für ein Foto öffnet, nehmen die Pixel auf dem Sensor das einfallende Licht sowie Farbinformationen auf.

Das Licht wird vom Sensor in elektrische Ladung umgewandelt. Je heller, also energiereicher es ist, desto stärker ist die Ladung. Diese wird anschließend noch verstärkt und an den Bildprozessor weitergeleitet.

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Die Sensoren in den meisten Systemkameras sind viel größer als jene, die in Smartphones verbaut sind. Das macht sie weit lichtstärker, das heißt besser geeignet für Situationen mit schummrigem Licht oder Nachtaufnahmen.

Sensorgrößen stark unterschiedlich

Während die Sensoren des Samsung Galaxy S23 Ultra und des iPhone 15 Pro Max  etwa 72 Quadratmillimeter groß sind, messen die Sensoren von Einsteiger-Systemkameras, wie der Nikon Z50II oder der Canon EOS R50, über 300 Quadratmillimeter. Sie können auf der größeren Fläche mehr Licht aufnehmen und dementsprechend auch einen größeren Kontrastumfang abbilden.

Bildsensor-Bauteil einer Kamera auf einer Handfläche

In Systemkameras ist viel mehr Platz für den Sensor als in Smartphones.

Sogenannte Vollformatsensoren, die in teureren Systemkameras verbaut sind, entsprechen mit 36 mal 24 Millimetern dem analogen Kleinbildformat und sind noch lichtstärker. Im High-End-Bereich kommen die noch größeren Mittelformatsensoren zum Einsatz.

Hier ist anzumerken, dass mehr Sensorfläche nicht automatisch mehr Pixel bedeutet. Es ist vom Hersteller abhängig, in welchem Verhältnis Sensorgröße und Pixelanzahl zusammenspielen. Denn: Je kleiner ein Pixel ist, desto schlechter ist das Verhältnis von Licht-Signal zu Bildrauschen. Eine hohe Pixelanzahl, besonders auf kleiner Fläche, kann also körnige Fotos bedeuten.

Lichtempfindlichkeit und Bildrauschen

In der Analogfotografie sind je nach Anwendungsfall Filme mit unterschiedlicher Lichtempfindlichkeit nötig. Diese wird mit einer ISO-Zahl angegeben. Digitale Kameras haben diese Maßeinheit übernommen und können die Lichtempfindlichkeit automatisch regeln. 

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Eine niedrige ISO-Zahl, z.B. ISO 100, eignet sich für Fotos bei Sonnenschein. Je dunkler es wird, desto höher muss die ISO-Zahl sein, um bei gleichbleibender Belichtungszeit ein gut belichtetes Bild zu bekommen. Zur Erklärung: Wenn man zum Beispiel ein Kind fotografieren will, das in der Dämmerung durch den Garten rennt, darf die Belichtungszeit nicht zu lange sein, weil sonst die Bewegungen verwackeln. Bei kürzerer Belichtungszeit fällt weniger Licht auf den Sensor, und das Bild gerät zu dunkel.

Aktuelle Systemkameras schaffen eine ISO von über 100.000, Smartphone-Kameras bewegen sich maximal im ISO-Bereich von einigen tausend. Das Problem: Mit steigender ISO, also steigender Lichtempfindlichkeit, ist auch das Bildrauschen immer stärker zu sehen. Smartphones, mit ihren 50 bis 200 Millionen Pixeln auf fingernagelgroßen Sensoren, haben besonders mit starkem Bildrauschen zu kämpfen.

HDR: Smartphones rechnen Nachtaufnahmen „schöner“

Das, was Smartphone-Sensoren bei schwierigen Lichtverhältnissen nicht einfangen können, machen sie üblicherweise durch Software und High Dynamic Range (HDR) Features wett. Bei HDR nimmt die Smartphone-Kamera in sehr kurzen Abständen mehrere Bilder mit unterschiedlicher Helligkeit auf und errechnet daraus ein einziges Bild mit gleichmäßiger Helligkeit sowie stärkeren Kontrasten und Farben

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Smartphone-Nachtaufnahmen schauen dadurch oft besonders lebhaft aus – aber sind gleichzeitig auch recht weit davon entfernt, wie ein Mensch die Szene wahrnehmen würde. Wer Wert darauf legt, dass Nachtaufnahmen eher so wirken wie mit dem menschlichen Auge, sollte lieber mit einer Systemkamera fotografieren.

Bild-Verarbeitung für jeweiliges Smartphone angepasst

Ein weiterer Nachteil von Smartphone-Kameras: Ihre Aufnahmen werden automatisch so nachbearbeitet, dass sie am jeweiligen Handy-Display am besten aussehen. Wer seine Fotos ausdrucken will, könnte mit einer Systemkamera und gegebenenfalls passender Desktop-Software mehr Freude haben. Das gilt auch für Bilder, die geräteübergreifend farbecht wirken sollen.

Die Farbdarstellung lässt sich übrigens bei den meisten Smartphones anpassen: Bei Samsung-Handys gibt es zum Beispiel bei der Displayfarbe die Auswahlmöglichkeiten „natürlich“ oder „lebendig“, für höhere Sättigung und Schärfe der Darstellung. Ob ein Foto blauer, also kühler, oder roter, also wärmer, wirkt, lässt sich ebenfalls einstellen. iPhones bieten unter „Einstellungen – Bedienungshilfen – Anzeige & Textgröße“ verschiedene Farbfilter. Mit der Night-Shift-Option lässt sich die Wärme der Farbdarstellung ändern.

Echter Zoom und Wechselobjektive

Systemkameras bieten mit ihren wechselbaren Objektiven eine größere Flexibilität. Die Brennweiten der meisten Smartphone-Kameras sind fix. Optischen Zoom erlauben sie daher nur begrenzt, bzw. „hybride“, also in Kombination mit digitalem Zoom. Dieser ist jedoch verlustbehaftet.

Smartphone-Hersteller versuchen das zu kompensieren, indem mehrere Objektive und Sensoren verbaut werden. Dazu gehört zum Beispiel das Xiaomi 15 Ultra mit einem Standard- (23mm), einem Weitwinkel- (14mm) und 2 Teleobjektiven (70mm und 100mm) von Leica.

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Will man hier etwa, weil es für die Bildkomposition vorteilhaft ist, mit einer 2,3-fache Vergrößerung fotografieren, ist dies nur mittels eines Digitalzooms, ausgehend von der Standard-23mm-Kamera, möglich. Zoom-Objektive für Systemkameras erlauben hingegen stufenlosen, optischen Zoom, der gegebenenfalls für große Entfernungen geeignet ist. Darüber hinaus gibt es Objektive für Spezial-Anwendungen, zum Beispiel Makro oder Fisheye.

Fazit

Zusammengefasst kann man sagen, dass das Smartphone für die Foto-Ansprüche der meisten Menschen ausreicht. Wer hochwertige, wirklichkeitsnahe Nachtaufnahmen will, Farbechtheit und natürliche Kontraste schätzt, sowie gerne besonders weit Entferntes fotografiert, ist mit einer Systemkamera gut beraten.

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Dazu kommt: Systemkameras bieten viel mehr manuelle Einstellungsmöglichkeiten als Smartphones. Das bedeutet ungleich mehr kreative Kontrolle beim Fotografieren. 

Dafür muss man aber bereit sein mehr Geld auszugeben. Während man brauchbare Systemkameras ab 500 Euro bekommt, können bessere Geräte mehrere Tausend Euro kosten. Dasselbe gilt für Objektive. Günstige Zoom-Objektive beginnen bei wenigen Hundert Euro, Premium-Modelle gehen in die Richtung 650 bis 2.000 Euro. Spezial- und Supertele-Objektive können sogar die 10.000-Euro-Marke knacken.

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Jana Wiese

interessiert sich besonders für die gesellschaftlichen Auswirkungen von Technologie und Wissenschaft. Mag das offene Web, Podcasts und Kuchen, (food-)bloggt seit 2009.

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