In Wien werden zwei große Stränge der KI-Forschung vereint
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Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Forschungsbereich, der viele verschiedene Disziplinen innerhalb der Informatik und Mathematik betrifft. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich 2 Schienen herausgebildet, zwischen denen es in der Vergangenheit wenige Überschneidungen gab: Die so genannte symbolische oder klassische KI und das maschinelle Lernen bzw. subsymbolische KI.
An der Technischen Universität Wien wird nun ein Forschungszentrum gegründet, das diese beiden Zweige zusammenführen soll. Durch die Kombination sollen Dinge möglich werden, die KI bisher nicht vollbringen konnte.
"Es gibt in der künstlichen Intelligenz ganz unterschiedliche Ansätze, die auch von unterschiedlichen Leuten in unterschiedlichen Fachjournalen und auf unterschiedlichen Fachtagungen diskutiert werden. Wir möchten diese unterschiedlichen Richtungen nun zusammenführen", meint Stefan Woltran vom Institut für Logic and Computation der TU Wien, der das Center for Artificial Intelligence and Machine Learning (CAIML) mit aufgebaut hat.
Berechnung und Analyse
Die klassische KI löst Aufgaben durch die Anwendung von klar definierten, logischen Regeln. Reicht die Rechenkapazität aus, kann man bestimmte Aufgaben, etwa das Finden der optimalen Route in einem Navigationssystem, einfach durchrechnen und die beste Option wählen. Beim maschinellen Lernen lässt man ein Computerprogramm eine große Menge an Datenmaterial analysieren, um daraus Erkenntnisse zu gewinnen und diese auf neue Objekte anzuwenden. Zum Einsatz kommt das etwa bei der Bildanalyse, wo ein Programm herausfinden soll, was auf einem Bild zu sehen ist.
Jede der Methoden habe bekannte Schwächen, meint Woltran. Eine ist etwa das Black-Box-Phänomen. Für Anwender ist oft nicht nachvollziehbar, wie eine künstliche Intelligenz zu einer bestimmten Entscheidung gelangt. Bei Menschen laufe es oft ähnlich: "Wenn ich Ihnen ein Foto von einem Löwen im Gras zeige, werden Sie das Tier sofort identifizieren. Frage ich dann nach, woher Sie das wissen, finden Sie erst im Nachhinein Erklärungen dafür."
Erklärbarkeit
Von einer KI getroffene, erklärbare Entscheidungen sind ein Ziel, das nur durch ein Zusammenspiel der beiden großen Methoden möglich sei, meint Clemens Heitzinger vom Institut für Analysis und Scientific Computing. Das neue Forschungszentrum soll Expertise aus verschiedenen Instituten der TU Wien vereinen, etwa in gemeinsamen Projekten für die konkrete Problemfälle aus der Praxis herangezogen werden, etwa aus den Ingenieurswissenschaften oder der Medizin. Durch weiterentwickelte KI könnten z.B. Assistenzsysteme für Ärzt*innen kreiert werden, schildert Heitzinger: "Diese Systeme könnten etwa Behandlungsempfehlungen vorschlagen oder Ärzt*innen während eines Nachtdienstes um 3 in der Früh vor einem potenziellen Fehler warnen."
Wirkung auf Menschen
Durch die rasante Weiterentwicklung von Computerhardware und Rechenkapazitäten, durch das Internet und seinen enormen Datenschatz, seien in naher Zukunft Anwendungen vorstellbar, die bisher unmöglich waren. "Spannende Jahre kommen auf uns zu", ist Heitzinger überzeugt. Angesichts dieses technischen Fortschritts sei es immer wichtiger, Auswirkungen auf die Menschheit zu beachten. Der "digitale Humanismus" sei ein wichtiger Aspekt, dem sich das neue Forschungszentrum ebenfalls widmen soll.
"Informatiker wurden lange Zeit mit dem etwas infantilen Bild eines Nerds verbunden. Die Auswirkungen ihres Schaffens sind jetzt aber global und beeinflussen alle Lebensbereiche. Dadurch muss man in der Ausbildung von Informatiker*innen jetzt anders vorgehen", sagt Woltran. Es sei wichtig, zu verstehen, wo KI Menschen entlasten kann und wo Gefahren liegen, etwa im Zusammenhang mit den Veränderungen in der Arbeitswelt.
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