Grüner Kraftstoff: Durchbruch bei Ethanolherstellung gelungen

Grüner Kraftstoff: Durchbruch bei Ethanolherstellung gelungen

© REUTERS / PHIL NOBLE

Science

Grüner Kraftstoff: Durchbruch bei Ethanolherstellung gelungen

Wer regelmäßig zum Tanken fährt, dem wird vielleicht die Bezeichnung „E10“ auf den Benzinzapfsäulen aufgefallen sein. Das „E“ steht dabei für Bio-Ethanol, die Nummer gibt an, wie viel Ethanol dem Benzinkraftstoff beigemischt ist, also 10 Prozent. Seit März 2023 wird E10 schrittweise an den Tankstellen in Österreich eingeführt. Es ersetzt das E5-Benzin. 

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Bio-Ethanol ist ein Kraftstoff, der aus Pflanzenmasse wie Zuckerrohr, Mais und Weizen hergestellt wird. Die Biomasse wird vergärt, wobei Ethanol entsteht, also gewöhnlicher Alkohol. Da bei der Verbrennung des Ethanols so viel CO2 entsteht, wie die Pflanzen beim Wachstum aufgenommen haben, lassen sich durch das Beimischen von Bio-Ethanol in fossile Treibstoffe -Emissionen reduzieren. 

Regenwälder abgeholzt

Bio-Ethanol steht aber auch in der Kritik: Für den dafür benötigten Pflanzenanbau würden etwa Regenwälder abgeholzt und giftige Pestizide sowie Düngemittel ausgebracht werden. Ethanol lässt sich allerdings auch anders herstellen – nämlich direkt aus dem Treibhausgas CO2. 

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Forscher und Forscherinnen des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin arbeiten an einer neuen Methode, um aus dem Treibhausgas grünen Treibstoff herzustellen. Vorstellen kann man sich den Vorgang wie eine Elektrolyse, bei der Wasser durch Elektrizität in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespaltet wird. Bei der CO2-Elektrolyse wird zusätzlich Kohlendioxid hinzugefügt. „Das Grundproblem in der CO2-Elektrolyse ist, dass wir dabei viele verschiedene Produkte herstellen“, sagt Forscher Arno Bergmann gegenüber der futurezone. Es entsteht nicht nur Ethanol, sondern auch unerwünschte Nebenprodukte wie Wasserstoff und das Gas Ethen.

Bio-Ethanol in Österreich

Herstellung
Die einzige Bio-Ethanolanlage Österreichs steht in Pischelsdorf in der Gemeinde Zwentendorf (NÖ). Sie wird vom Nahrungsmittelunternehmen Agrana betrieben.

600 Tausend Tonnen
Getreide, hauptsächlich Weizen und Mais, werden in der Anlage jährlich verarbeitet. Dabei entstehen 250 Millionen Liter Bio-Ethanol. Dabei wird außerdem Eiweißfutter für die Viehzucht hergestellt.

Verwendung
Ethanol kommt auch als Lösungsmittel, Enteisungsmittel, Gummikomponente, in Kosmetika und in Desinfektions- und Arzneimitteln zum Einsatz.

Bergmann und seine Kollegen und Kolleginnen konnten die Ethanol-Ausbeute allerdings deutlich steigern, indem sie die Anlage nicht mit einer konstanten Spannung betrieben, sondern sie immer wieder hoch- und herunterfuhren. Nicht nur durch diesen gepulsten Betrieb läuft die Reaktion besser ab, die Forscher verbesserten zudem den Katalysator – also jenen Stoff, durch den die Reaktion in der Form erst möglich ist. 

Bislang wurde dafür reines Kupfer verwendet, das im Laufe der Zeit allerdings an Leistung einbüßte. In Verbindung mit Zinkoxid konnte der Katalysator so weit stabilisiert werden, dass er langlebiger wurde und zudem gezielter Ethanol herstellen konnte.  „Der Anteil des elektrischen Stroms, der in das Ethanol geht, stieg – im Vergleich zur konventionellen Methode – von 10 Prozent auf 19 Prozent“, sagt Bergmann. In Zukunft wolle man den Spannungsbereich, bei dem die Anlage arbeitet, weiter anpassen, um die Lebensdauer des Katalysators zu erhöhen. 

Vermarktung

„Ob sich das Ganze auch kommerziell lohnt, ist noch nicht abzusehen“, sagt Bergmann. Sie würden an den Grundlagen forschen, um die Prozesse auf atomarer Ebene zu verstehen. Ihre Forschungsergebnisse würden allerdings auch Teams im Ausland inspirieren, etwa den USA und China. Nicht nur die Ethanolherstellung, auch die Produktion von Wasserstoff könnte davon in Zukunft profitieren. Durch CO2-Elektrolyse lassen sich außerdem weitere Rohstoffe für die chemische Industrie herstellen. Stammt der Strom dazu aus erneuerbaren Quellen, ist das Verfahren CO2-neutral. 

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„Wir wollen herausfinden, wo die Grenzen in diesem Ansatz liegen“, sagt Bergmann. Der Markt, CO2 in Rohstoffe und Treibstoffe umzuwandeln, ist vorhanden. Das US-Unternehmen Air Company wandelt etwa ebenso Kohlendioxid in Ethanol um. Anstatt in den Treibstofftank wird der Alkohol allerdings in Parfüm- und Wodkaflaschen gefüllt. In jeder Flasche Wodka soll laut dem Unternehmen ein halbes Kilogramm CO2 stecken. 

Auch das Unternehmen Rohrdorfer will Kohlendioxid, das unweigerlich bei der Zementherstellung entsteht, wieder in einen Rohstoff verwandeln – und zwar in das Gas Ethen, den Ausgangsstoff zahlreicher Kunststoffe. Ihre Versuchsanlage kann bislang allerdings nur 6 Kilogramm CO2 pro Tag umwandeln. Bis das Treibhausgas im großen Stil verwertet werden kann, dürfte es noch mehrere Jahre dauern.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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