Künstlerische Darstellung der Raumsonde OSIRIS-REx über der Oberfläche des Asteroiden Bennu

Künstlerische Darstellung der Raumsonde OSIRIS-REx über der Oberfläche des Asteroiden Bennu

© NASA

Science

Was Asteroidenbrösel verraten

In der Nacht auf Mittwoch hat die NASA-Raumsonde OSIRIS-REx in 321 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde kurz den Asteroiden Bennu berührt. Innerhalb weniger Sekunden wurde eine Art ringförmiges Sieb auf die staubige Oberfläche aufgesetzt, mit einer Ladung Gas wurde Sediment aufgewirbelt und die Sonde entfernte sich auch schon wieder. Nun hoffen Weltraumforscher aus aller Welt darauf, dass dabei möglichst viel Material aufgesammelt wurde. Mit 60 Gramm wären sie schon zufrieden. Mehr wäre freilich besser.

Sollte es zuwenig sein, kann die Sonde im Jänner 2021 ein weiteres "Touch and Go"-Manöver versuchen. Das gesammelte Material wird anschließend in eine robuste Kapsel geladen. OSIRIS-REx macht sich dann auf den Rückweg zur Erde. 2023 sollte die Sonde ankommen, die Kapsel mit den Gesteinsproben landet laut Plan im US-Bundesstaat Utah.

Mehrere Motive

Warum macht die NASA das? Für die "Sample Return"-Mission gibt es mehrere Gründe. Eines der Hauptziele ist, dadurch mehr über die Entstehung der Sonne, der Erde und aller anderen Objekte im Sonnensystem herauszufinden. Das Gestein von Bennu ist wie eine 4,6 Milliarden Jahre alte Zeitkapsel. Auf der Erde gelandete Meteoriten können ebenso alt sein, sind allerdings mit irdischem Material kontaminiert.

Der Asteroid Bennu wurde als Ziel auserkoren, weil er reich an Kohlenstoff ist. Das Element ist der Schlüssel zur Bildung organischer Moleküle und hat eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Leben auf der Erde gespielt. Die Zusammensetzung des Gesteins von Bennu könnte wichtige Aufschlüsse für den zukünftigen Bergbau auf Asteroiden liefern. Und schlussendlich ist Bennu nicht ganz ungefährlich. Im Jahr 2135 könnte er der Erde näher kommen als der Mond. Je mehr man über den Asteroiden und seine Bewegung weiß, desto besser.

Elektronenmikroskope

Wie werden die Gesteinsproben untersucht? Ist die Kapsel einmal geborgen, wird sie in das Johnson Space Center der NASA in Houston gebracht und in einem nagelneuen Reinraum geöffnet. Ein Wissenschaftler-Team wird die Proben kategorisieren und einen Teil davon zur weiteren Analyse freigeben. 75 Prozent des Materials werden sicher gelagert, damit künftige Generationen es mit heute noch nicht vorhandenen Methoden untersuchen können.

"An der Universität von Arizona wurde ein eigenes Labor speziell für die Mitbringsel von OSIRIS-REx hergerichtet", erklärt Stefan Wallner, Astrophysiker an der Universität Wien, der futurezone. "Zunächst werden darin hochauflösende Bilder gemacht, um die Struktur des Staubes erkennen zu können." Dabei kommen drei Elektronenmikroskope zum Einsatz, die mit steigender Vergrößerung bis auf die Atomebene blicken können. In einem der Mikroskope werden die Proben mit Ionen beschossen, um ein Loch zu bohren. In einer zweiten Phase wird die chemische Zusammensetzung des Materials gemessen.

"Dieser Asteroidenstaub, Regolith genannt, ist völlig unberührt von einer Atmosphäre oder anderen erdähnlichen Stoffen", sagt Wallner. Das Material habe für Forscher deshalb unschätzbaren Wert. Einer der interessantesten Aspekte bei der Analyse sei, ob Asteroiden erste Bausteine für die Bildung von Lebensformen tragen könnten. Sei dies der Fall, würde dies die Hypothese stützen, wonach Asteroiden das Leben auf die Erde gebracht haben.

US-AUCTION-MOON

In diesem Sack haben die Apollo-11-Astronauten die ersten Gesteinsproben vom Mond verstaut

Die Schwierigkeit des "Sample Return"

Das Aufsammeln von Gesteinsproben ist eines der größten Anliegen von  Weltraumforschern.  „'Sample Return' liefert eine Schatzkiste an Informationen“, meint Tom Zega von der Universität von Arizona. Er wird einer der ersten sein, die die Proben vom Asteroiden Bennu zu Gesicht bekommen. Selbst wenn man nur mikroskopisch große Bruchstücke erhalte, sei dies aufschlussreich. Zega: „Jedes Atom hat uns etwas zu sagen.“ Mit derzeitiger menschlicher Technologie sei eine Sample-Return-Mission aber noch eine riesige Herausforderung.

Mond und mehr

Den immer noch größten Erfolg beim Heimbringen von Material aus dem All brachten die Apollo-Missionen in den 60er- und 70er-Jahren. Bei den sechs Mondlandungen wurden über 382 Kilogramm Gestein eingesammelt. Danach geschah bis auf das Aufsammeln winziger Partikel im Erdorbit lange Zeit nichts. 2010 brachte die japanische Raumsonde Hayabusa einige Mikrogramm Material vom Asteroiden Itokawa zur Erde. Eigentlich hätte es mehr sein sollen, bei der Probenentnahme gab es aber technische Schwierigkeiten.

Die russische Sonde Fobos-Grunt, die Proben vom Mars-Mond Phobos nehmen sollte, versagte 2011 völlig. 2018 setzte Japans Hayabusa 2 erfolgreich auf dem Asteroiden Ryugu auf. Im Dezember 2020 wird sie gesammelte Gesteinsproben auf der Erde abliefern.  Ende November startet China  die Sample-Return-Mission Chang’e 5 zum Mond.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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